Räumungsklage: Wann liegt ein erheblicher Mietrückstand vor?
LG Berlin v. 8.1.2020 - 66 S 181/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war Vermieterin der Beklagten. Die monatliche Bruttomiete betrug 704 €. Die Beklagte hatte die gesamte Februarmiete nicht gezahlt. Aus dem vorhergehenden Monat Januar existierte noch ein Mietrückstand von 135 €.
Daraufhin kündigte die Klägerin der Beklagten wegen Mietrückstandes nach §§ 569 Abs. 3 Nr. 1, 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB. Die Beklagte hielt dagegen, dass der aus zwei aufeinander folgenden Monaten resultierende Gesamtrückstand keinen Kündigungsgrund nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB darstelle, weil für den ersten der beiden Monate, hier Januar, "kein nicht unerheblicher Teil der Miete" offen geblieben sei.
Das AG gab der Räumungsklage statt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Entscheidung aufgehoben und die Räumungsklage abgewiesen. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Der Klägerin steht nach den im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigenden Tatsachen der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch (§§ 546 Abs. 1, 985 BGB) gegen die Beklagte nicht zu. Die Kündigung war deshalb unwirksam, weil der darin geltend gemachte Kündigungsgrund nicht vorgelegen hatte.
Der Rückstand von insgesamt 839,41 € bedeutete zwar einen Zahlungsverzug der Beklagten mit einem ausreichend hohen Gesamtbetrag, da er die Miete für einen Monat überstieg (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB); der aus zwei aufeinander folgenden Monaten resultierende Gesamtrückstand stellte aber einen Kündigungsgrund nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB deshalb nicht dar, weil für den ersten der beiden Monate (Januar 2018) kein "nicht unerheblicher Teil der Miete" offengeblieben war.
Wird eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB darauf gestützt, dass der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug ist, so muss ein erheblicher Rückstand für jeden der beiden Termine feststellbar sein. Dieses Erfordernis besteht gegebenenfalls neben der für Wohnraummietverhältnisse geltenden Mindesthöhe des Gesamtrückstandes nach § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB.
Die Beklagte war für den Monat Januar 2018 mit einem Teilbetrag in Höhe von 135,41 € in Verzug. Dieser Rückstand repräsentiert ca. 19 % der Gesamtmiete; er ist deshalb nach Einschätzung der Kammer kein "nicht unerheblicher Teil der Miete" i.S.v. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) BGB. Angesichts der Regelung in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB steht fest, dass ein Mietzinsanteil etwa in Höhe einer hälftigen Monatsmiete als nicht unerheblicher Rückstand angesehen werden muss, denn zwei solche Rückstände (in zwei aufeinander folgenden Monaten) erreichen offenkundig das Volumen, bei dem die vorgezogene Kündigungsbefugnis nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB auch im Wohnraummietverhältnis anerkannt werden soll.
Von einem hälftigen Mietzinsanteil ist der Rückstand für den Monat Januar 2018 weit entfernt. Er erreicht nicht einmal die Summe der im Mietzins enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungen (die zusammen 175 € monatlich betrugen). Für den Monat Januar 2018 ließe sich also feststellen, dass die Beklagte einen Betrag gezahlt hatte, der die vollständige Nettokaltmiete und Teile der Nebenkostenvorauszahlungen ausgeglichen hat. Insbesondere gemessen an dem oben bereits erörterten Grundtatbestand der Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB genügt dieser Rückstand nicht, um die Kündigung vom 9.2.2018 zu rechtfertigen.
Die Kammer hat die Revision zugelassen, denn die nach der hier vertretenen Ansicht maßgeblichen Voraussetzungen eines nicht unerheblichen Zahlungsrückstandes i.S.v. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) BGB sind in der Rechtsprechung (und insbesondere für Wohnraummietverhältnisse) bisher nicht vertieft behandelt worden. Eine überzeugende Entscheidung des Revisionsgerichts könnte zur Entstehung einer einheitlichen Rechtsprechung führen und würde zudem eine besonders praxisrelevante Frage von grundsätzlicher Bedeutung betreffen.
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Die Klägerin war Vermieterin der Beklagten. Die monatliche Bruttomiete betrug 704 €. Die Beklagte hatte die gesamte Februarmiete nicht gezahlt. Aus dem vorhergehenden Monat Januar existierte noch ein Mietrückstand von 135 €.
Daraufhin kündigte die Klägerin der Beklagten wegen Mietrückstandes nach §§ 569 Abs. 3 Nr. 1, 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB. Die Beklagte hielt dagegen, dass der aus zwei aufeinander folgenden Monaten resultierende Gesamtrückstand keinen Kündigungsgrund nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB darstelle, weil für den ersten der beiden Monate, hier Januar, "kein nicht unerheblicher Teil der Miete" offen geblieben sei.
Das AG gab der Räumungsklage statt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Entscheidung aufgehoben und die Räumungsklage abgewiesen. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Der Klägerin steht nach den im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigenden Tatsachen der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch (§§ 546 Abs. 1, 985 BGB) gegen die Beklagte nicht zu. Die Kündigung war deshalb unwirksam, weil der darin geltend gemachte Kündigungsgrund nicht vorgelegen hatte.
Der Rückstand von insgesamt 839,41 € bedeutete zwar einen Zahlungsverzug der Beklagten mit einem ausreichend hohen Gesamtbetrag, da er die Miete für einen Monat überstieg (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB); der aus zwei aufeinander folgenden Monaten resultierende Gesamtrückstand stellte aber einen Kündigungsgrund nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB deshalb nicht dar, weil für den ersten der beiden Monate (Januar 2018) kein "nicht unerheblicher Teil der Miete" offengeblieben war.
Wird eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB darauf gestützt, dass der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug ist, so muss ein erheblicher Rückstand für jeden der beiden Termine feststellbar sein. Dieses Erfordernis besteht gegebenenfalls neben der für Wohnraummietverhältnisse geltenden Mindesthöhe des Gesamtrückstandes nach § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB.
Die Beklagte war für den Monat Januar 2018 mit einem Teilbetrag in Höhe von 135,41 € in Verzug. Dieser Rückstand repräsentiert ca. 19 % der Gesamtmiete; er ist deshalb nach Einschätzung der Kammer kein "nicht unerheblicher Teil der Miete" i.S.v. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) BGB. Angesichts der Regelung in § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB steht fest, dass ein Mietzinsanteil etwa in Höhe einer hälftigen Monatsmiete als nicht unerheblicher Rückstand angesehen werden muss, denn zwei solche Rückstände (in zwei aufeinander folgenden Monaten) erreichen offenkundig das Volumen, bei dem die vorgezogene Kündigungsbefugnis nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB auch im Wohnraummietverhältnis anerkannt werden soll.
Von einem hälftigen Mietzinsanteil ist der Rückstand für den Monat Januar 2018 weit entfernt. Er erreicht nicht einmal die Summe der im Mietzins enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungen (die zusammen 175 € monatlich betrugen). Für den Monat Januar 2018 ließe sich also feststellen, dass die Beklagte einen Betrag gezahlt hatte, der die vollständige Nettokaltmiete und Teile der Nebenkostenvorauszahlungen ausgeglichen hat. Insbesondere gemessen an dem oben bereits erörterten Grundtatbestand der Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB genügt dieser Rückstand nicht, um die Kündigung vom 9.2.2018 zu rechtfertigen.
Die Kammer hat die Revision zugelassen, denn die nach der hier vertretenen Ansicht maßgeblichen Voraussetzungen eines nicht unerheblichen Zahlungsrückstandes i.S.v. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) BGB sind in der Rechtsprechung (und insbesondere für Wohnraummietverhältnisse) bisher nicht vertieft behandelt worden. Eine überzeugende Entscheidung des Revisionsgerichts könnte zur Entstehung einer einheitlichen Rechtsprechung führen und würde zudem eine besonders praxisrelevante Frage von grundsätzlicher Bedeutung betreffen.