13.03.2025

Rechte einer Ritterschaft: Frage der Unzulässigkeit einer Eintragung im Grundbuch beurteilt sich nach dem zum Zeitpunkt der Eintragung geltenden Recht

Die grundbuchrechtliche Unzulässigkeit einer Eintragung i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO vermag nicht deren Gegenstandslosigkeit i.S.d. § 84 Abs. 2 lit. a GBO zu begründen. Ob eine Eintragung (hier: Rechte einer Ritterschaft) inhaltlich unzulässig ist, beurteilt sich grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt der Eintragung geltenden Recht und dem Rechtsverständnis, wie es in der damaligen Verkehrsübung seinen Niederschlag gefunden hat. Eine Amtslöschung gem. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO kommt nur in Betracht, wenn feststeht, dass die Eintragung im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt inhaltlich unzulässig ist; bloße Zweifel an der inhaltlichen Zulässigkeit einer Eintragung reichen nicht aus.

BGH v. 13.2.2025 - V ZB 26/23
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) ist die Ritterschaft des vormaligen Fürstentums Lüneburg. Der Beteiligte zu 2) ist Eigentümer des im Eingang des Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes. In Abteilung II des Grundbuchs ist - wie bei einer Vielzahl anderer, hier nicht verfahrensgegenständlicher Grundstücke - unter der laufenden Nr. 1 Folgendes eingetragen:

"Dieser Grundbesitz bildet den Bestand des Lehn- und Ritterguts G. . Bestandteile desselben dürfen ohne Genehmigung des Ritterschaftlichen Kollegiums des Fürstentums Lüneburg nicht veräußert werden, widrigenfalls die sämtlichen ritterschaftlichen Rechte aufgrund der Bestimmung des Artikels 17 der ritterschaftlichen Statuten vom 14.6.1863 beruhen werden. Eingetragen bei Anlegung des Grundbuchs am 10.9.1888."

Das AG - Grundbuchamt - stellte durch Beschluss nach § 87 lit. c GBO von Amts wegen fest, dass die Eintragung gegenstandslos ist. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1) hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) hob der BGH die Beschlüsse von OLG und AG auf.

Die Gründe:
Richtig ist der rechtliche Ausgangspunkt des OLG. Das Grundbuchamt kann gem. § 87 lit. c GBO durch Beschluss die Gegenstandslosigkeit einer Grundbucheintragung feststellen. Dabei ist nach § 84 Abs. 2 GBO eine Eintragung gegenstandslos, soweit das Recht, auf das sie sich bezieht, nicht besteht und seine Entstehung ausgeschlossen ist (lit. a) oder aus tatsächlichen Gründen dauernd nicht ausgeübt werden kann (lit. b). Rechtsfehlerhaft bejaht das OLG aber die Gegenstandslosigkeit mit der Begründung, dass die Eintragung im Grundbuch nicht erfolgen dürfe, weil sie keine in Abteilung II eintragungsfähigen Rechte bezeichne. Das OLG geht damit davon aus, die Gegenstandslosigkeit der Eintragung ergebe sich aus ihrer grundbuchrechtlichen Unzulässigkeit. Dies trifft nicht zu. Die grundbuchrechtliche Unzulässigkeit einer Eintragung i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO vermag nicht deren Gegenstandslosigkeit i.S.d. § 84 Abs. 2 lit. a GBO zu begründen. Mit der Begründung, die Eintragung sei grundbuchrechtlich unzulässig, kann sie daher nicht als gegenstandslos angesehen werden.

Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 2 FamFG). Dabei kann offenbleiben, ob im Rahmen eines Verfahrens nach §§ 84 ff. GBO zu dem Verfahren einer Amtslöschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO übergegangen werden kann. Denn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO liegen nicht vor. a) Erweist sich eine Eintragung im Grundbuch nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amts wegen zu löschen (§ 53 Abs. 1 Satz 2 GBO). Ob eine Eintragung i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO (hier: Rechte einer Ritterschaft) inhaltlich unzulässig ist, beurteilt sich grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt der Eintragung geltenden Recht und dem Rechtsverständnis, wie es in der damaligen Verkehrsübung seinen Niederschlag gefunden hat.

Eine Amtslöschung gem. § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO kommt zudem nur in Betracht, wenn feststeht, dass die Eintragung im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt inhaltlich unzulässig ist; bloße Zweifel an der inhaltlichen Zulässigkeit einer Eintragung reichen nicht aus. § 53 Abs. 1 GBO stellt eine Ausnahme von dem grundsätzlich im Grundbuchverfahren geltenden Antragsgrundsatz dar, und zwar für den Fall, dass das Grundbuchamt bei der Eintragung gesetzliche Vorschriften verletzt hat. Aus der Funktion der Amtslöschung als verfahrensrechtliche ultima ratio ergibt sich zugleich der hohe Grad der für eine Amtslöschung notwendigen Überzeugung des Grundbuchamts. Bestehen lediglich Zweifel an der inhaltlichen Zulässigkeit, muss es den Beteiligten überlassen bleiben, die Richtigstellung der - vermeintlichen - Unrichtigkeit des Grundbuchs gem. § 13 Abs. 1, § 22 GBO herbeizuführen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Eintragung inhaltlich unzulässig ist. Die Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs erfolgte am 10.9.1888. Es steht nicht fest, dass die Eintragung zu diesem Zeitpunkt inhaltlich unzulässig war. Danach lässt sich nicht ausschließen, dass die Eintragung eine Verfügungsbeschränkung bezeichnet.

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