16.12.2024

Reformentwürfe des BMJ zu Unterhalts-, Kindschafts- sowie zum Abstammungsrecht

Das Bundesministerium der Justiz hat verschiedene Reformentwürfe veröffentlicht. Diese betreffen u.a. eine Modernisierung des Unterhaltsrechts, eine Reform des Kindschaftsrechts sowie eine Reform des Abstammungsrechts. Angesichts der aktuell fehlenden Mehrheit der Regierungsparteien im Bundestag ist mit einer baldigen Umsetzung der Vorhaben jedoch nicht zu rechnen.

Im Einzelnen:

Modernisierung des Unterhaltsrechts

Die letzte umfassende Reform des Unterhaltsrechts erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007. Die Lebensrealitäten und -modelle sind seither vielfältiger geworden. Insbesondere deshalb ist das Unterhaltsrecht in mehrfacher Hinsicht reformbedürftig. Der Entwurf bearbeitet drei Bereiche des Unterhaltsrechts: den Kindesunterhalt, den Betreuungsunterhalt und den notwendigen Selbstbehalt.

Vermehrt nehmen die Eltern nach der Geburt ihres Kindes gemeinsam Erziehungsverantwortung wahr und wollen dies auch nach einer Trennung und Scheidung fortsetzen. Häufig sind dann auch beide Eltern erwerbstätig und sorgen für die wirtschaftliche Grundlage der Familie. Das Kindesunterhaltsrecht gibt auf diese Entwicklung bislang keine ausreichende Antwort.

Seit dem Jahr 1957 geht das Recht für den Kindesunterhalt vom Leitbild des Residenzmodells aus, also von der Vorstellung, dass das Kind im Wesentlichen bei einem Elternteil lebt. Für dieses Modell gilt im Kindesunterhalt der Grundsatz "Eine(r) betreut, eine(r) zahlt". Der Elternteil, bei dem das Kind im Wesentlichen lebt, erbringt seinen Unterhaltsbeitrag durch Pflege und Erziehung (Betreuung); der andere Elternteil erbringt seinen Unterhaltsbeitrag durch Geldzahlung (Barunterhalt). Das Residenzmodell entspricht jedoch nicht mehr der Lebensrealität vieler Familien.

Als erheblich reformbedürftig hat sich auch der Betreuungsunterhalt für nicht miteinander verheiratete Eltern erwiesen. So ist der generelle Verweis des § 1615l BGB, der insgesamt vier Unterhaltstatbestände enthält, auf die Regelungen des Verwandtenunterhalts jedenfalls für den Betreuungsunterhalt in vielen Fällen nicht passend. Daher soll der Betreuungsunterhalt einheitlich geregelt werden. Unterschiede soll es im Wesentlichen nur noch bei der Berechnung der Höhe des Unterhalts geben, wenn das Kind beziehungsweise die Kinder vor der Trennung nicht in ein und derselben Familie betreut worden sind.

Durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 wurde der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gesetzlich definiert. Hierdurch wird sichergestellt, dass der Bedarf des Kindes das Existenzminimum des Kindes nicht unterschreitet. Auch das Existenzminimum des Unterhaltsverpflichteten ist jedoch zu wahren. Wie beim Existenzminimum des Kindes ist die Sicherung des notwendigen Lebensbedarfs des Unterhaltsverpflichteten Aufgabe des Gesetzgebers und damit gesetzlich zu regeln.


Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts

Die letzte umfassende Reform des Kindschaftsrechts erfolgte durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz. Die Vielfältigkeit von Lebensmodellen neben der klassischen Kleinfamilie, wie etwa nichteheliche Lebensgemeinschaften, Stief- und PatchworkFamilien sowie gleichgeschlechtliche Beziehungen ist gesamtgesellschaftliche Lebenswirklichkeit. Der Entwurf enthält daher eine Neufassung des Titels der Elterlichen Sorge im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie Änderungen im Adoptionsrecht.

Eltern brechen vermehrt alte Rollenmuster auf und fühlen sich unabhängig vom Bestehen einer partnerschaftlichen Beziehung beide für die Entwicklung ihrer Kinder verantwortlich. Dem trägt das geltende Recht nicht ausreichend Rechnung. Auch wenn im Kindschaftsrecht kein festes Betreuungsmodell vorgegeben wird, zeigen sich doch Regelungslücken, wenn die Kinder nach einer Trennung der Eltern gemeinsam betreut werden.

Ebenfalls zugenommen hat die Zahl der Kinder, deren Eltern bei ihrer Geburt nicht miteinander verheiratet sind. Dass die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge in diesem Fall eine ausdrückliche Erklärung voraussetzt, die eine Mehrheit der nicht miteinander verheirateten Eltern auch abgibt, ist unnötig bürokratisch. Defizite weist das geltende Kindschaftsrecht ferner auf, soweit es um die Berücksichtigung von häuslicher Gewalt in Sorge- und Umgangsverfahren geht. Zwar muss das Familiengericht bereits nach derzeitiger Rechtslage häusliche Gewalt bei der Prüfung einer Einschränkung oder eines Ausschlusses des Umgangsrechts berücksichtigen. Insgesamt mangelt es dem Gesetz nach Einschätzung von Expertinnen und Experten insoweit aber an Klarheit.


Gesetz zur Reform des Abstammungsrechts

Das Abstammungsrecht bestimmt, wer als Mutter und Vater die rechtlichen Eltern eines Kindes sind. Seit der letzten grundlegenden Reform des Kindschaftsrechts im Jahr 1998 hat sich die Gesellschaft weiteren Familienformen geöffnet: Die Akzeptanz von nichtehelichen und gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und von Stief- und Patchwork-Familien ist weiter gestiegen. Diese gesellschaftliche Entwicklung zog gesetzliche Änderungen nach sich. Im Jahr 2005 wurde die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Lebenspartner zugelassen, im Jahr 2017 die "Ehe für alle" eingeführt und im Jahr 2020 die Stiefkindadoption auch in verfestigten Lebensgemeinschaften geöffnet. Das Abstammungsrecht blieb dagegen unverändert.

Umfangreiche Vorarbeiten zur Ermittlung des Reformbedarfs ergaben grundlegenden Modernisierungsbedarf in allen Rechtsbereichen des Familienrechts, denen jeweils durch weitreichende Gesamtreformen zu begegnen ist. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 9. April 2024 die bisherige Ausgestaltung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft eines anderen Mannes durch den mutmaßlich genetischen Vater des Kindes für verfassungswidrig erklärt. Nicht zuletzt ergibt sich Reformbedarf auch durch das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) für Menschen mit geändertem, keinem oder dem Geschlechtseintrag "divers", die die Eltern eines Kindes sind oder werden wollen. Daher bedarf es einer grundlegenden Reform des Abstammungsrechts, die die traditionelle Elternschaft von Mutter und Vater bestehen lässt und gleichermaßen sachgerechte Eltern-Kind-Zuordnungen für weitere Familienformen ermöglicht.

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