26.03.2025

Reiserecht: Buchung oder "nur" Reservierung?

Eine bestätigte Buchung - und nicht lediglich eine Reservierung - ist anzunehmen mit Übergabe einer Buchungsbestätigung bzw. bei Online-Buchung mit der zum Ausdrucken bereitgestellten Erklärung des ausführenden Luftfahrtunternehmens, die einen OK-Vermerk und die Buchungsnummer enthält. Voraussetzung einer Buchung ist nicht der Flugschein, sondern auch jeder andere Beleg, der nachweist, dass der durch Flugnummer, Tag und Uhrzeit sowie ggf. Flugstrecke individualisierte Flug akzeptiert ist.

AG Düsseldorf v. 31.1.2025 - 230 C 146/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte bei der Beklagten am 13.1.2022 einen Hin- und Rückflug von Düsseldorf über Madrid und Santa Cruz nach La Paz zu einem Gesamtpreis von 810 € gebucht. Der Rückflug sollte ursprünglich am 2.5.2022 erfolgen. Für den Rückflug hatte die Klägerin den sog. Comfort-Tarif der Beklagten gewählt.  Dieser enthielt u.a. folgende Regelung:

"Erste Umbuchung: Gestattet ohne Gebühren bis 15 Tage vor dem Abflug. Darauf folgende Umbuchungen: Jederzeit mit zusätzlichen Kosten von 150€/190$ zulässig, außer bei Nichterscheinen zum Flug (No-Show). In diesem Fall ist keine Umbuchung möglich."

Später wollte die Klägerin den Rückflug auf den 25.8.2022 verlegen. An dem Tag war sie frühzeitig am Flughafen, ihr wurde jedoch die Beförderung verweigert. Die Klägerin buchte daraufhin am Folgetag eine Ersatzverbindung für den 28.8.2022 von La Paz nach Lima und von dort am nächsten Tag weiter nach Amsterdam. Hierfür fielen Kosten i.H.v. 1.726 € an. Sie buchte zudem eine Hotelübernachtung in Lima. Am 30.8.2022 wurde für die Umbuchung ihr Konto mit 981 € von der Beklagten belastet. Diese begründete die Anrechnung mit Art. 12 Fluggastrechteverordnung.

Die Klägerin verlangte von der Beklagten Schadensersatz wegen der Nichtbeförderung. Nachdem ihr die Beförderung verweigert worden war, habe ihr ein Mitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, dass alle Flüge für die nächsten Tagen ausgebucht seien, sodass eine Umbuchung nicht erfolgen könne. Sie solle sich eigenständig darum bemühen. Die Beklagte behauptete, es sei keine Umbuchung des Rückflugs erfolgt, da kein Zahlungsnachweis vorgelegen habe. Es handele sich lediglich um eine Reservierung. Unabhängig hiervon habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für den von ihr selbst gebuchten anderweitigen Flug, da die Beklagte nicht unter Fristsetzung zur Gewährung einer Ersatzbeförderung aufgefordert worden sei. Die Klägerin habe keine angemessene Zeit abgewartet, bevor sie selbst einen Flug gebucht habe.

Das AG hat der Klage stattgegeben.

Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte einen Anspruch aus Art. 4 Absatz 3 i.V.m. Art. 7 Absatz 1 S. 1 lit. c) FluggastrechteVO auf Zahlung von 600 € wegen der Nichtbeförderung auf dem Flug N01 von La Paz nach Santa Cruz und Anschlussflügen über Madrid nach Düsseldorf zu.

Die Klägerin verfügte über eine bestätigte Buchung - und nicht nur über eine Reservierung - für den streitgegenständlichen Flug. Eine bestätigte Buchung ist anzunehmen mit Übergabe einer Buchungsbestätigung bzw. bei Online-Buchung mit der zum Ausdrucken bereitgestellten Erklärung des ausführenden Luftfahrtunternehmens, die einen OK-Vermerk und die Buchungsnummer enthält. Aus der Legaldefinition des Art. 2 lit. g geht hervor, dass es sich bei der Buchung nicht etwa um eine eigenständige Vertragserklärung, sondern lediglich um einen schriftlichen Beleg handelt, aus dem deutlich wird, dass die (bereits erfolgte Buchung) von dem Luftfahrtunternehmen oder dem Reiseunternehmen akzeptiert und registriert wurde. Voraussetzung einer Buchung ist nicht der Flugschein, sondern auch jeder andere Beleg, der nachweist, dass der durch Flugnummer, Tag und Uhrzeit sowie ggf. Flugstrecke individualisierte Flug akzeptiert ist. Vertretbare Gründe für die Nichtbeförderung lagen nicht vor.

Die Klägerin hat gem. § 812 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Rückzahlung des für die Umbuchung des Rückfluges abgebuchten Betrages von 831 €. Beim Comfort-Tarif war die erste Umbuchung bis 15 Tage vor dem ursprünglichen Abflug gebührenfrei möglich. Im Übrigen waren Umbuchungen jederzeit mit zusätzlichen Kosten von 150 € zulässig. Die Beklagte konnte der Klägerin daher für die Umbuchung 150 € in Rechnung stellen. Tatsächlich hatte sie jedoch 981 € abgebucht. Die Klägerin hat somit Anspruch auf den Differenzbetrag.

Die Klägerin hat gem. § 281 BGB auch einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von ihr selbst organisierte Ersatzbeförderung i.H.v. 1.726 €. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurfte es gerade nicht. Denn bei einem Luftbeförderungsvertrag über einen bestimmten Flug zu einer bestimmten Zeit kommt es dem Fluggast darauf an, dass er sein Endziel mit gewissen zeitlichen Toleranzen zu der vereinbarten Zeit erreicht. Es handelt sich um eine relative Fixschuld. Insofern war eine Fristsetzung entbehrlich.

Die Klägerin hat letztlich nach Art. 4 Absatz 3 i.V.m. Art. 9 Fluggastrechteverordnung i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1, Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten Kosten für Verpflegung, die Hotelunterbringung in Lima und die Fahrtkosten in Lima von und zum Flughafen i.H.v. insgesamt 181 €. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus Art. 9 Fluggastrechteverordnung verletzt, da sie der Klägerin keine entsprechenden Angebote gemacht hatte. Ein Verschulden der Beklagten an der Pflichtverletzung konnte vermutet werden, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.

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Aufsatz
Die Entwicklung des Reiserechts der Luftbeförderung einschließlich der EU-Fluggastrechte-VO in den Jahren 2023/24
Charlotte Achilles-Pujol, MDR 2024, 1209

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