Reiserücktrittsversicherung: Gilt Corona als Naturkatastrophe?
AG München v. 20.5.2021 - 275 C 23753/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte am 27.1.2020 bei der Beklagten eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen, die auch eine Reiseabbruchsversicherung beinhaltete. Nach den Versicherungsbedingungen gewährt die Beklagte Versicherungsschutz für die Mehrkosten einer nicht planmäßigen Rückreise, wenn am Urlaubsort eine Naturkatastrophe herrscht.
Der Kläger buchte am 4.3.2020 für sich und einen Begleiter eine Reise nach Sri Lanka vom 7.3. bis 29.3.2020. Die Fluggesellschaft strich am 24.3.2020 aufgrund der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 hervorgerufenen Reisebeschränkungen den Rückflug. Daraufhin buchte der Kläger für sich und seinen Begleiter Rückflüge für den 27.3.2020 von Colombo nach Zürich. Die insoweit entstandenen Kosten i.H.v. 3.610 € stellte der Kläger der Beklagten in Rechnung.
Der Kläger war der Ansicht, bei der Corona-Pandemie handele es sich um eine Naturkatastrophe, sodass der Versicherer die Mehrkosten zu tragen habe. Die hohen Kosten für die Ersatzflüge seien darauf zurückzuführen, dass es sich bei diesen - vor der Schließung des örtlichen Flughafens - um die einzig verbliebene Rückreisemöglichkeit gehandelt habe. Die Beklagte war hingegen der Auffassung, die versicherten Risiken seien in den Versicherungsbedingungen abschließend aufgezählt worden. Eine Pandemie als versichertes Ereignis sei gerade nicht genannt worden.
Das AG hat die Klage auf Zahlung von 3.610 € abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Mangels Vorliegen eines versicherten Ereignisses kann der Kläger keinen Ersatzanspruch gegen die Beklagte geltend machen.
Bei der Corona-Pandemie handelt es sich mangels unmittelbarer physischer Auswirkungen, lokalem Auftreten und zeitlicher Eingrenzung um keine typische Naturkatastrophe. Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere das öffentliche Leben, treten vermittelt durch staatliche Schutzmaßnahmen ein, bei denen es sich um politische Ermessensakte handelt. Bei Auswirkungen durch staatliche Maßnahmen liegt begrifflich schon keine Naturkatastrophe vor, da diese höchst unterschiedlich ausfallen können.
Die Auswahl der Schutzmaßnahmen folgt weltweit verschiedenen Ansätzen. Schutzkonzepte wurden im Laufe der Zeit geändert und angepasst. In Ländern mit strengen Schutzkonzepten sind die Auswirkungen auf das öffentliche Leben stärker spürbar als in Ländern, die weniger strenge Ansätze verfolgen. Kennzeichnend für eine Naturkatastrophe ist aber, dass sie an jedem Ort die gleichen Auswirkungen hätte.
Auch in zeitlicher Hinsicht unterscheidet sich die Corona-Pandemie von einer Naturkatastrophe. Denn bei dieser besteht die Gefahrenquelle typischerweise für einen nur begrenzten Zeitraum von maximal einigen Wochen. Die Gefahr durch das Coronavirus besteht aber bereits um ein vielfältiges länger und wird auch aufgrund seiner dezentralen Entwicklung noch länger eine Gefahr darstellen.
Dieses Ergebnis wird auch durch Erwägungen zur Rechtssicherheit gestützt. Naturgemäß schwankende Infektionszahlen und sich dem anpassende Schutzmaßnahmen werfen die Abgrenzungsfrage auf, ab welchem Grad die Schwelle zur Naturkatastrophe überschritten würde. Infektionszahlen und Schutzmaßnahmen entwickeln sich an verschiedenen Orten unterschiedlich, sodass dasselbe Ereignis teilweise als Naturkatastrophe einzustufen wäre und teilweise nicht.
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Der Kläger hatte am 27.1.2020 bei der Beklagten eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen, die auch eine Reiseabbruchsversicherung beinhaltete. Nach den Versicherungsbedingungen gewährt die Beklagte Versicherungsschutz für die Mehrkosten einer nicht planmäßigen Rückreise, wenn am Urlaubsort eine Naturkatastrophe herrscht.
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Der Kläger war der Ansicht, bei der Corona-Pandemie handele es sich um eine Naturkatastrophe, sodass der Versicherer die Mehrkosten zu tragen habe. Die hohen Kosten für die Ersatzflüge seien darauf zurückzuführen, dass es sich bei diesen - vor der Schließung des örtlichen Flughafens - um die einzig verbliebene Rückreisemöglichkeit gehandelt habe. Die Beklagte war hingegen der Auffassung, die versicherten Risiken seien in den Versicherungsbedingungen abschließend aufgezählt worden. Eine Pandemie als versichertes Ereignis sei gerade nicht genannt worden.
Das AG hat die Klage auf Zahlung von 3.610 € abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
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Bei der Corona-Pandemie handelt es sich mangels unmittelbarer physischer Auswirkungen, lokalem Auftreten und zeitlicher Eingrenzung um keine typische Naturkatastrophe. Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere das öffentliche Leben, treten vermittelt durch staatliche Schutzmaßnahmen ein, bei denen es sich um politische Ermessensakte handelt. Bei Auswirkungen durch staatliche Maßnahmen liegt begrifflich schon keine Naturkatastrophe vor, da diese höchst unterschiedlich ausfallen können.
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Auch in zeitlicher Hinsicht unterscheidet sich die Corona-Pandemie von einer Naturkatastrophe. Denn bei dieser besteht die Gefahrenquelle typischerweise für einen nur begrenzten Zeitraum von maximal einigen Wochen. Die Gefahr durch das Coronavirus besteht aber bereits um ein vielfältiges länger und wird auch aufgrund seiner dezentralen Entwicklung noch länger eine Gefahr darstellen.
Dieses Ergebnis wird auch durch Erwägungen zur Rechtssicherheit gestützt. Naturgemäß schwankende Infektionszahlen und sich dem anpassende Schutzmaßnahmen werfen die Abgrenzungsfrage auf, ab welchem Grad die Schwelle zur Naturkatastrophe überschritten würde. Infektionszahlen und Schutzmaßnahmen entwickeln sich an verschiedenen Orten unterschiedlich, sodass dasselbe Ereignis teilweise als Naturkatastrophe einzustufen wäre und teilweise nicht.
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