Rückzahlungsanspruch nach Rücktritt des Reiseveranstalters aufgrund Corona-Pandemie
LG Freiburg v. 25.3.2021 - 3 S 138/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte beim beklagten Reiseveranstalter für sich und ihre Familie eine Pauschalreise nach Namibia vom 30.4.2020 bis 22.5.2020 gebucht. Auf die Rechnung der Beklagten vom 27.2.2020 leistete die Klägerin eine Anzahlung von 4.920 €. Am 27.03.2020 sagte die Beklagte die Reise aufgrund der weltweiten Reisewarnung wegen der Covid-19 Pandemie und dem vorübergehenden Einreisestopp in Namibia ab. Die Beklagte teilte gleichzeitig mit, dass eine Rückzahlung der Anzahlung nicht erfolge, jedoch eine kostenlose Umbuchung oder ein Gutschein angeboten werde. Im weiteren Verlauf der Korrespondenz lehnte die Klägerin das Angebot der Beklagten ab und setzte der Beklagten eine Frist zur Rückzahlung der Anzahlung bis 24.4.2020.
Das AG hat der Klage auf Rückzahlung der Reisepreisanzahlung in vollem Umfang stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem LG erfolglos.
Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung samt Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe aus §§ 651h Abs. 5, 346, 286, 288 BGB zu.
Eine Verpflichtung der Klägerin, statt einer Erstattung der Anzahlung auf den Reisepreis den von der Beklagten angebotenen Gutschein anzunehmen, besteht nicht: Da der Reisevertrag vorliegend vor dem 8.3.2020 geschlossen wurde, kommt Art. 240 § 6 EGBGB zur Anwendung. Das Angebot der Beklagten auf Erteilung eines Reisegutscheins statt einer Erstattung der Anzahlung gem. Art. 240 § 6 EGBGB hat die Klägerin nicht angenommen. Dies führt nicht zum Wegfall des Erstattungsanspruchs aus § 651h Abs. 5 BGB, da der Reisende gem. Art. 240 § 6 Abs. 1 Satz 3 EGBGB die Wahl hat, ob er das Angebot des Reiseveranstalters annimmt oder sein Recht auf Rückerstattung des Reisepreises ausübt.
Eine Verpflichtung der Klägerin auf Annahme des von der Beklagten angebotenen Reisegutscheins ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB. Als Geschäftsgrundlage kommt nur in Betracht, was kein Vertragsbestandteil ist. Was Bestandteil des Vertrags ist, bestimmt sich nach Gesetz und Vereinbarung. Soweit Gesetz oder die Parteien durch Vereinbarung einen Gesichtspunkt abschließend geregelt haben, scheidet eine Anwendung der Grundsätze über die Geschäftsgrundlagenstörung aus.
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Kündigung durch den Reiseveranstalter durch die Vollharmonisierung der Pauschalreiserichtlinie in §§ 651h, 651l BGB lückenlos geregelt, so dass ein Rückgriff auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB nicht in Betracht kommt. Zwar ist es möglich, dass eine von den Parteien als abschließend gemeinte Regelung sich gerade aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Störung nachträglich doch als offen für eine Anwendung von § 313 BGB erweist. Diese Fallkonstellation ist vorliegend jedoch zu verneinen. Dass eine Epidemie das Vorliegen eines unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstands darstellt, ergibt sich bereits aus dem Erwägungsgrund 31 der Pauschalreise-Richtlinie, der den Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel gerade als Beispiel für das Vorliegen eines solchen Ereignisses nennt. Insofern kommt es nicht darauf an, ob für § 313 BGB nach Beendigung des Vertrags durch Kündigung auch im Rahmen des dann nur noch bestehenden Rückabwicklungsschuldverhältnisses Raum ist.
Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Die Klägerin hatte beim beklagten Reiseveranstalter für sich und ihre Familie eine Pauschalreise nach Namibia vom 30.4.2020 bis 22.5.2020 gebucht. Auf die Rechnung der Beklagten vom 27.2.2020 leistete die Klägerin eine Anzahlung von 4.920 €. Am 27.03.2020 sagte die Beklagte die Reise aufgrund der weltweiten Reisewarnung wegen der Covid-19 Pandemie und dem vorübergehenden Einreisestopp in Namibia ab. Die Beklagte teilte gleichzeitig mit, dass eine Rückzahlung der Anzahlung nicht erfolge, jedoch eine kostenlose Umbuchung oder ein Gutschein angeboten werde. Im weiteren Verlauf der Korrespondenz lehnte die Klägerin das Angebot der Beklagten ab und setzte der Beklagten eine Frist zur Rückzahlung der Anzahlung bis 24.4.2020.
Das AG hat der Klage auf Rückzahlung der Reisepreisanzahlung in vollem Umfang stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem LG erfolglos.
Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung samt Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe aus §§ 651h Abs. 5, 346, 286, 288 BGB zu.
Eine Verpflichtung der Klägerin, statt einer Erstattung der Anzahlung auf den Reisepreis den von der Beklagten angebotenen Gutschein anzunehmen, besteht nicht: Da der Reisevertrag vorliegend vor dem 8.3.2020 geschlossen wurde, kommt Art. 240 § 6 EGBGB zur Anwendung. Das Angebot der Beklagten auf Erteilung eines Reisegutscheins statt einer Erstattung der Anzahlung gem. Art. 240 § 6 EGBGB hat die Klägerin nicht angenommen. Dies führt nicht zum Wegfall des Erstattungsanspruchs aus § 651h Abs. 5 BGB, da der Reisende gem. Art. 240 § 6 Abs. 1 Satz 3 EGBGB die Wahl hat, ob er das Angebot des Reiseveranstalters annimmt oder sein Recht auf Rückerstattung des Reisepreises ausübt.
Eine Verpflichtung der Klägerin auf Annahme des von der Beklagten angebotenen Reisegutscheins ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB. Als Geschäftsgrundlage kommt nur in Betracht, was kein Vertragsbestandteil ist. Was Bestandteil des Vertrags ist, bestimmt sich nach Gesetz und Vereinbarung. Soweit Gesetz oder die Parteien durch Vereinbarung einen Gesichtspunkt abschließend geregelt haben, scheidet eine Anwendung der Grundsätze über die Geschäftsgrundlagenstörung aus.
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Kündigung durch den Reiseveranstalter durch die Vollharmonisierung der Pauschalreiserichtlinie in §§ 651h, 651l BGB lückenlos geregelt, so dass ein Rückgriff auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB nicht in Betracht kommt. Zwar ist es möglich, dass eine von den Parteien als abschließend gemeinte Regelung sich gerade aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Störung nachträglich doch als offen für eine Anwendung von § 313 BGB erweist. Diese Fallkonstellation ist vorliegend jedoch zu verneinen. Dass eine Epidemie das Vorliegen eines unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstands darstellt, ergibt sich bereits aus dem Erwägungsgrund 31 der Pauschalreise-Richtlinie, der den Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel gerade als Beispiel für das Vorliegen eines solchen Ereignisses nennt. Insofern kommt es nicht darauf an, ob für § 313 BGB nach Beendigung des Vertrags durch Kündigung auch im Rahmen des dann nur noch bestehenden Rückabwicklungsschuldverhältnisses Raum ist.