Sachversicherer trägt Kosten für Sachverständigengutachten zur Prüfung seiner Regulierungspflicht selbst
BGH 18.10.2018, III ZR 236/17Die Klägerin ist Sachversicherer. Der Versicherungsnehmer der Klägerin unterhält bei ihr eine Wohngebäudeversicherung. Im Januar 2014 bemerkte er einen Wasserschaden im Kellergeschoss seines Wohnhauses. Ursache dafür war ein Leck einer Frischwasserleitung, deren Eigentümerin die Beklagte ist. Nach Eingang der Schadensmeldung ihrer Versicherungsnehmers gab die Klägerin zur Untersuchung und Berechnung de entstandenen Beschädigungen ein Sachverständigengutachten in Auftrag. Für die Erstellung des Gutachten, das sowohl den Zeitwert- als auch den Neuwertschaden ausweist, berechnete das beauftragte Sachverständigenbüro der Klägerin insgesamt 2.619,25 €.
Die Klägerin nahm die beklagte Gemeinde im Regresswege aus übergegangener Forderung ihres Versicherungsnehmers auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Anspruch. Das LG hat den Anspruch der Klägerin bejaht. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG Erfolg. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BGH ohne Erfolg.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten. Es besteht kein Forderungsübergang gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG, denn dieser setzt einen Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten voraus. Daran fehlt es vorliegend jedoch. Dem Versicherungsnehmer steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten zu, denn ihm ist diesbezüglich kein Schaden entstanden.
Der Versicherungsnehmer hat die Kosten weder selbst beglichen noch war oder ist er dem Sachverständigen gegenüber dazu verpflichtet. Die Forderung richtet sich allein gegen die Klägerin, die das Gutachten in eigenem Namen in Auftrag gegeben hat.
Eine Erstattungspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Klägerin die Sachverständigenkosten im Interesse ihres Versicherungsnehmers aufgewandt habe. Die zur Feststellung der Regulierungspflicht aufgewandten Sachverständigenkosten stellen Aufwendungen des Sachversicherers dar, die er selbst zu tragen hat. Dies folgt insbesondere aus § 85 Abs. 2 VVG, denn danach kann der Versicherungsnehmer Kosten für die Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Schadensermittlung grundsätzlich nicht vom Versicherer erstattet verlangen, da die Einschaltung eines Sachverständigen durch den Versicherer erfolgen soll. Dies beruht darauf, dass der Versicherer nicht nur im eigenen wirtschaftlichen Interesse die Höhe der Schäden prüfen und bewerten muss, sondern auch im Interesse der pflichtgemäßen Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer untereinander. Diese Aufgabenzuweisung findet sich auch in § 14 Abs. 1 VVG wieder.
Dies führt auch nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Schädigers. Die Sachverständigenkosten gehören nicht zu dem vom Schädiger zu ersetzenden Schaden des Versicherungsnehmers. Der Versicherer selbst erleidet keinen unbilligen Nachteil, da er die Kosten der Schadensermittlung vorab in die Versicherungsprämien mit einbezieht und somit von den Versicherungsnehmern bereits bezahlt ist. Die Erstattung durch den Schädiger würde daher zu einer doppelten Aufwandsentschädigung führen und der Versicherer wäre ungerechtfertigt bereichert.
Der Umstand, dass das Gutachten nicht nur den Neuwertschaden, sondern auch den Zweitwertschaden enthält, ändert nichts an der Zuweisung zum Versicherer, denn die diese Feststellung dient auch der Schadensregulierung im Rahmen des Versicherungsverhältnisses, denn unter gewissen Umständen ist der Versicherer auch nur zur Erstattung des Zeitwertschadens verpflichtet.
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