02.12.2022

Schadensersatzansprüche anlässlich von Fräsarbeiten zur Verlegung von Elektroleitungen

Die Koordinierungsarbeiten samt der damit einhergehenden Informationspflichten der Subunternehmer stellt für den Generalunternehmer nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht dar. Dies muss insbesondere für den Fall sicherheitsrelevanter Vorgaben - wie vorliegend - gelten. Dem Generalunternehmen sind gerade die genauen Örtlichkeiten bekannt und er hat Zugriff auf sämtliche planungsrelevanten Unterlagen wie beispielsweise die Statik. Die Subunternehmen sind aus diesem Grunde entweder auf Vorlage der entsprechenden Unterlagen oder auf genaue Vorgaben und Informationen angewiesen.

AG Dortmund v. 6.7.2022 - 413 C 2710/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Haftpflichtversicherer der Firma D GmbH in Dortmund, die als Hauptunternehmerin für die Bauleitung für ein im Jahr 1965 erbautes Mehrfamilienhaus zuständig war. Das Haus wurde vollmodernisiert. Die D GmbH beauftragte die Beklagte mit der Durchführung der Elektroarbeiten als Subunternehmerin. Dabei informierte sie die Beklagte nicht darüber, dass im Rahmen der späteren Schadensstelle im Deckenbereich eine Putz- bzw Betonüberdeckung der Bewehrung von lediglich 1,3 cm gegeben war. Im Zuge dieser Arbeiten führten Mitarbeiter der Beklagten in dem vorbenannten Objekt im Deckenbereich Fräsarbeiten durch, die die Stabilität der Decke beeinträchtigten. Zur Stabilisierung war die vorhandene Stahlbetondecke durch Unterzüge, die in die tragenden Wände eingelegt wurden, zu verstärken.

Sowohl die D GmbH als auch die Beklagte meldeten den Schaden ihren Versicherungen. Als Versicherer des Hauptunternehmers trat die Klägerin sodann für ihre Versicherungsnehmerin in die Regulierung ein. Sie zahlte Schadensbeseitigungskosten für die vorbenannten Arbeiten i.H.v. 19.707 € sowie Regulierungskosten i.H.v. 1.127 €. Nach erfolgter Zahlung forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung i.H.v. 19.707 € auf. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zahlte in der Folge 14.266 € an die Klägerin und brachte dabei zunächst eine Selbstbeteiligung der Beklagten i.H.v. 1.500 € sowie einen 20%igen Mithaftungsanteil der D GmbH in Abzug. Die Beklagte zahlte in der Folge den Eigenanteil i.H.v. 1.500 € an die Klägerin.

Die Klägerin war der Ansicht, dass eine Mithaftung ihrer Versicherungsnehmerin für die Entstehung des Schadens nicht anzunehmen sei. Sie sei nicht zur Überwachung der Arbeiten der Beklagten verpflichtet gewesen. Sie verlangte von der Beklagten 3.941 €. Das AG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen auf sie gem. § 86 I 1 VVG übergegangenen Anspruch auf Zahlung von 3.941 €.

Der Schadensersatzanspruch der D GmbH gem. §§ 280, 631 BGB gegenüber der Beklagten ist durch Erfüllung erloschen, § 362 BGB. Ein über die insgesamt durch die mit Wirkung für die Beklagte erfolgte Zahlung hinausgehender Anspruch auf Schadensersatz bestand für die D GmbH nicht und konnte daher auch nicht auf die Klägerin übergehen.

Die Beklagte hatte schuldhaft einen Schaden verursacht. Denn durch die Schlitzarbeiten im Deckenbereich des streitgegenständlichen Bauvorhabens ist Bewehrung in einem Ausmaß beschädigt worden, der Stabilisierungsarbeiten in einem Kostenvolumen von 19.707 € erforderlich machte. Indes hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden der D GmbH von mindestens 20 % mitgewirkt. Insoweit konnte es dahinstehen, ob seitens der D GmbH eine Bauüberwachungspflicht der Schlitzarbeiten bestand. Jedenfalls hatte die D GmbH gegen die ihr gegenüber der Beklagten obliegende Informationspflicht hinsichtlich der genauen Begebenheiten vor Ort sowie gegen die ihr als Generalunternehmerin obliegende Koordinationspflicht verstoßen.

Es hätte der D GmbH oblegen, sich mit den Örtlichkeiten dergestalt vertraut zu machen, dass die Putzüberdeckung des Betons bekannt gewesen und an die Beklagte weitergegeben worden wäre. Der D GmbH mussten Baujahr und Zustand des Objektes bekannt sein. Gemäß der Angaben der Sachverständigen bestand bereits aufgrund des Baustandards zum Zeitpunkt des Baujahres Anlass zur Ermittlung der tatsächlichen Putzüberdeckung der Betondecke, da Schlitzarbeiten in den Beton im Deckenbereich ohne Vorgabe des Statikers unzulässig sind. Insoweit stand zudem zu beachten, dass der D GmbH die Ermittlung der Putzüberdeckung durch Probebohrungen problemlos zumindest dergestalt möglich gewesen wäre, festzustellen, dass diese kritisch gering ist. Es ist jedoch klägerseits trotz des Alters der Immobilie keinerlei relevante Informationsweitergabe an die Beklagte ausgeführt worden.

Darüber hinaus hatte die D GmbH auch gegen die ihr als Generalunternehmerin obliegende Koordinierungspflicht verstoßen. Sie hatte gemäß der Ausführungen der Sachverständigen die Art der Ausführung der jeweiligen Gewerke gemäß den örtlichen Gegebenheiten im Zusammenspiel der Gewerke festzulegen. Dem ist sie aber nicht nachgekommen. Weder hatte sie gegenüber ihrem Auftraggeber Bedenken gegenüber der Ausführung der Verlegung der Leitungen unter Putz angemeldet, noch hatte sie die Durchführung im Deckenbereich auf Putz der Beklagten vorgegeben.

Der Mitverschuldensanteil war gem. § 254 Abs. 1 BGB auf mind. 20 % festzulegen. Die Koordinierungsarbeiten samt der damit einhergehenden Informationspflichten der Subunternehmer stellt für den Generalunternehmer nicht nur eine untergeordnete Nebenpflicht dar. Dies muss insbesondere für den Fall sicherheitsrelevanter Vorgaben - wie vorliegend - gelten. Dem Generalunternehmen sind gerade die genauen Örtlichkeiten bekannt und er hat Zugriff auf sämtliche planungsrelevanten Unterlagen wie beispielsweise die Statik. Die Subunternehmen sind aus diesem Grunde entweder auf Vorlage der entsprechenden Unterlagen oder auf genaue Vorgaben und Informationen angewiesen.

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