16.04.2024

Sondereigentum an Stellplatz in Parkpalettensystem

Weder der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage ("Duplexparker") noch der einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem ("Palettenparker") ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a.F. sondereigentumsfähig. Nach der Neuregelung für Stellplätze in § 3 Abs. 1 Satz 2 WEG kann auch an den einzelnen Stellplätzen in Doppelstockgaragen Sondereigentum begründet werden. Stellplätze auf Parkpaletten sind jedenfalls dann sondereigentumsfähig, wenn ein bestimmter Palettenstellplatz zum alleinigen Gebrauch fest zugewiesen wird.

BGH v. 7.3.2024 - V ZB 46/23
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten sind die Mitglieder einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) und in den Grundbuchblättern als Sondereigentümer eingetragen. Zu der Wohnanlage gehört eine Tiefgarage. Wegen des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums wird im Grundbuch auf die Eintragungsbewilligung vom 6.6.1996 Bezug genommen, die Bestandteil der Teilungserklärung mit gleichem Datum ist. Auf den Blättern 12833N bis 12850N ist Sondereigentum an 18 Tiefgaragenstellplätzen mit den Nummern 89 bis 106 gebucht. Wörtlich heißt es etwa zu der Einheit mit der Nummer 89: "... verbunden mit dem Sondereigentum an dem Kfz-Einstellplatz Nr. 89, gelegen in der Tiefgarage". Entsprechende Eintragungen finden sich auch für die Stellplätze mit den Nummern 90 bis 106. Die Stellplätze sind ausweislich des in der Teilungserklärung in Bezug genommenen Aufteilungsplans auf einem auf Laufschienen gelagerten, horizontal verschiebbaren Palettensystem eingerichtet, um die Zufahrt zu den dahinter liegenden Stellplätzen zu ermöglichen. In dem Aufteilungsplan ist ein Rechteck mit den jeweiligen Nummern 89 bis 106 eingezeichnet und in der Mitte des Plans zusätzlich vermerkt: "52 Stellplätze, davon 18 Palettenparker (Fa. z.B. W. Parkplatte P 501)" und an anderer Stelle: "Parkpalette 2,14 x 5,00".

Die Beteiligten sind der Auffassung, dass die - sanierungsbedürftigen - Palettenstellplätze abweichend von der Regelung in der Teilungserklärung niemals sondereigentumsfähig gewesen seien und dass deshalb die Miteigentumsanteile, die nach der Teilungserklärung mit dem Sondereigentum an den Palettenstellplätzen verbunden sein sollen, tatsächlich nur "isolierte Miteigentumsanteile" seien. Vor diesem Hintergrund vereinbarten sie durch notarielle Urkunde vom 19.12.2019 "klarstellend" einen entsprechenden Nachtrag zur Teilungserklärung und erklärten die Vereinigung der "isolierten Miteigentumsanteile" mit dem jeweiligen Wohnungseigentum des für den jeweiligen Stellplatz eingetragenen Teileigentümers. Zusätzlich sollen an den tatsächlich im Gemeinschaftseigentum stehenden Flächen wegen einer Neuordnung der Stellplätze neun Sondernutzungsrechte begründet werden. Unter dem 12.1.2021 beantragten sie, die Erklärungen bzw. Vereinbarungen aus der Urkunde vom 19.12.2019 in das Grundbuch einzutragen.

Das Grundbuchamt wies den Eintragungsantrag zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hatte vor dem KG keinen Erfolg. Auf die Rechtsmittel der Beteiligten hob der BGH die Beschlüsse von KG und AG auf und wies das AG an, die beantragte Eintragung nicht aus den Gründen der oben genannten Beschlüsse zu verweigern.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des KG ist an den Stellplätzen kein Sondereigentum begründet worden. Dies gilt unabhängig davon, ob nach dem Inhalt des Grundbuchs Sondereigentum an Stellplatzflächen auf dem Boden der Tiefgarage oder an Stellplatzflächen auf der Palette begründet werden sollte.

Anwendbar ist noch das bisherige Recht, weil es sich bei der Frage, ob im Zusammenhang mit der Teilung des Grundstücks im Jahr 1996 an den Stellplätzen mit den Nummern 89 bis 106 Sondereigentum begründet worden ist, um die Beurteilung eines abgeschlossenen Sachverhalts handelt. Das am 1.12.2020 in Kraft getretene Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz sieht nicht vor, dass die neuen Regelungen zur Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 WEG) auch rückwirkend bei der Beurteilung von in der Vergangenheit liegenden Vorgängen heranzuziehen sind. Dass der Eintragungsantrag der Beteiligten nach dem 1.12.2020 gestellt worden ist, ändert an der Maßgeblichkeit des bisherigen Rechts nichts, weil er an die Teilung des Grundstücks im Jahr 1996 anknüpft.

Die Sondereigentumsfähigkeit der einzelnen Stellplätze bei sog. Mehrfachparkern, wozu "Palettenparker" ebenso gehören wie "Duplexparker", bei denen mithilfe einer Hebebühne zwei Fahrzeuge übereinander abgestellt werden können, wird nicht einheitlich beurteilt. Der Senat hat bislang lediglich entschieden, dass eine Doppelstockgarage einen Raum im Sinne von § 3 Abs. 1 bzw. Abs. 2 WEG a.F. bildet und als Ganze im Teileigentum stehen kann. Offen gelassen hat der Senat, ob auch der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage sondereigentumsfähig ist. Der Senat hat die Frage nunmehr dahingehend entschieden, dass weder der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage ("Duplexparker") noch der einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem ("Palettenparker") - wie hier - nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a.F. sondereigentumsfähig ist.

Die bisherige Rechtslage ist allerdings durch das - hier aber noch nicht anwendbare - Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz grundlegend umgestaltet worden. Gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 WEG gelten Stellplätze nunmehr als Räume. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers kann auch an den einzelnen Stellplätzen in Doppelstockgaragen Sondereigentum begründet werden. Stellplätze auf Parkpaletten sind jedenfalls dann sondereigentumsfähig, wenn - wie hier - ein bestimmter Palettenstellplatz zum alleinigen Gebrauch fest zugewiesen wird.

Die Gegenauffassung, die die Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen auf horizontal verschiebbaren Parkpaletten mit der Begründung verneint, hierdurch würde unzulässiges "mobiles Immobiliareigentum" entstehen, überzeugt nicht. § 3 Abs. 1 sowie § 5 Abs. 1 und 2 WEG erlauben abweichend von den §§ 93, 94 BGB die Begründung von Sondereigentum an wesentlichen Gebäudebestandteilen; dass eine bewegliche Anlage wie ein Doppel- oder Palettenparkerstellplatz sogar eine eigene Sondereigentumseinheit bilden kann, beruht allein darauf, dass der Gesetzgeber insoweit die Raumeigenschaft nunmehr fingiert. Wie es sich bei einer automatisierten Parkvorrichtung verhält, die mehreren Nutzern zugänglich ist und Stellplätze nach Verfügbarkeit vergibt, bedarf keiner Entscheidung.

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