Sondernutzungsrechte in der WEG: Fortwirkung der Bewilligungsberechtigung des teilenden Eigentümers bei der (gestreckten) Begründung
OLG Karlsruhe v. 28.3.2024 - 14 W 104/23 (Wx)
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte 1 wendet sich gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Eintragung mehrerer Sondernutzungsrechte (bzgl. Kfz-Stellplätzen und Kellerräumen) im Teileigentumsgrundbuch nach der Veräußerung von Wohnungseinheiten. Besonderheit des Falls ist das zwischenzeitliche Ausscheiden der Beteiligten 1 aus der Eigentümergemeinschaft. Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung und verlangte die Bewilligung sämtlicher Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft sowie die Zustimmung sämtlicher dinglich Berechtigter.
Vorliegend hatte die Beteiligte 1 zwar von der Zuweisungsbefugnis Gebrauch gemacht zu einem Zeitpunkt, als sie noch Eigentümerin einer Einheit der Eigentümergemeinschaft war. Die Bewilligung ging allerdings erst am 4.2.2022 beim Grundbuchamt ein, nun zu einem Zeitpunkt, als die Beteiligte 1 nicht mehr Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war. Ob die Beteiligte 1 also am 4.2.2022 noch bewilligungsberechtigt war, ist Gegenstand des Rechtsstreits. Das Grundbuchamt war der Ansicht, dass die Eintragungsbewilligung als verfahrensrechtliche Eintragungsgrundlage nicht schon mit der Ausstellung wirksam werde, sondern erst mit Zugang beim Grundbuchamt. Die Bewilligungsbefugnis müsse grundsätzlich bis zum Ende des Rechtserwerbs, mindestens aber bis zum Eingang beim Grundbuchamt vorliegen. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weshalb die Beteiligte 1 zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags und der Bewilligung nicht mehr befugt gewesen sei, die Sondernutzungsrechte zuzuweisen und die Bewilligung abzugeben.
Die Beschwerde hatte in der Sache vorläufig Erfolg. Das OLG hat das Grundbuchamt angewiesen, über die beantragte Eintragung der Sondernutzungsrechte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Gründe:
Die Eintragung der Sondernutzungsrechte kann vorliegend nicht von der Vorlage der Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer und der an ihrem Wohn- und Teileigentum dinglich Berechtigten abhängig gemacht werden.
Die Bewilligungsberechtigung der Beteiligten 1 besteht trotz ihres zwischenzeitlichen Ausscheidens aus der Eigentümergemeinschaft bis zum Vollzug der beantragten Eintragung der Sondernutzungsrechte im Grundbuch fort.
Da die Zuweisungsmöglichkeit einschließlich der Bewilligungsberechtigung des teilenden Eigentümers in der von der Beteiligten 1 gewählten Gestaltungsvariante gerade auf dessen persönlicher Sondernutzungsberechtigung beruht, postulieren Rechtsprechung und Literatur, dass die Zuweisungsbefugnis grundsätzlich nur bis zum Ausscheiden des teilenden Eigentümers aus der Gemeinschaft mit der letzten Veräußerung von Wohnungseigentum an einen Erwerber bestehe. Werde sie nicht ausgeübt, erlösche das persönliche Sondernutzungsrecht des teilenden Eigentümers an den Gemeinschaftsflächen. Zur Bewilligung berechtigt seien dann (nur noch) die Wohnungseigentümer.
Vorliegend hat die Beteiligte 1 von der Zuweisungsbefugnis in der Teilungserklärung am 13.9.2021 Gebrauch gemacht, mithin zu einem Zeitpunkt, als sie noch Eigentümerin einer Einheit der Eigentümergemeinschaft war. Die Bewilligung ging allerdings erst am 4.2.2022 beim Grundbuchamt ein, nun zu einem Zeitpunkt, als die Beteiligte 1 nicht mehr Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war. Ob die Beteiligte 1 am 4.2.2022 noch bewilligungsberechtigt war, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern ist von der konkreten Ausgestaltung der Zuweisungsbefugnis in der Teilungserklärung abhängig.
Für den Fortbestand der Bewilligungsberechtigung bei Ausübung des Zuweisungsrechts als Mitglied der Eigentümergemeinschaft streitet die systematische Auslegung: "Überträgt" die Beteiligte 1 das Sondernutzungsrecht durch Kaufvertrag, ist sie nach den weiteren Regelungen in Abschnitt VII verpflichtet, die dingliche Verbindung des Sondernutzungsrechts mit der dazugehörigen Sondereigentumseinheit durch Eintragung im Grundbuch zu bewirken, um die Wirkungen des § 10 Abs. 3 WEG herbeizuführen. Die Verpflichtung zur Verdinglichung der zugewiesenen Sondernutzungsrechte könnte die Beteiligte 1 aber nur dann ohne erschwerte Bedingungen erfüllen, wenn der Fortbestand der Bewilligungsberechtigung bis zur Eintragung der Übertragung der Sondernutzungsrechte im Grundbuch vorausgesetzt wird. Andernfalls wäre sie gehalten, die Bewilligung der Wohnungseigentümer der übrigen Einheiten - vorliegend 17 Einheiten - und ggf. deren Grundpfandrechtsgläubiger beizubringen und womöglich notfalls im Klagewege durchzusetzen.
Die Auslegung, wonach die Eigentümerstellung der Beteiligten 1 (nur) im Zeitpunkt der Ausübung der Zuweisungsbefugnis maßgeblich ist und die in diesem Moment bestehende Bewilligungsberechtigung unabhängig vom Verbleib der Beteiligten 1 in der Eigentümergemeinschaft bis zur Eintragung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch fortwirkt, trägt allein dem jedem unbefangenen Betrachter erkennbaren Sinn und Zweck der in der Teilungserklärung gewählten Gestaltung der gestreckten Begründung des Sondernutzungsrechts Rechnung.
Nur bei einer diesem Zweck der Konstruktion Rechnung tragenden Auslegung hängt die Bewilligungsberechtigung der Beteiligten 1 nicht von zeitlichen Zufälligkeiten des Grundbuchvollzuges ab, wie die vorliegende Beschwerdesache zeigt.
Nach alledem gilt die Beteiligte 1 (immer noch) als bewilligungsberechtigt. Die Bewilligungsberechtigung wirkt fort, bis die Sondernutzungsrechte zu Gunsten der Beteiligten 2 im Grundbuch eingetragen und verdinglicht sind. Deswegen ist es unerheblich, dass der Eintragungsantrag dem Grundbuchamt erst am 4.2.2022 zuging.
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Die Beteiligte 1 wendet sich gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Eintragung mehrerer Sondernutzungsrechte (bzgl. Kfz-Stellplätzen und Kellerräumen) im Teileigentumsgrundbuch nach der Veräußerung von Wohnungseinheiten. Besonderheit des Falls ist das zwischenzeitliche Ausscheiden der Beteiligten 1 aus der Eigentümergemeinschaft. Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung und verlangte die Bewilligung sämtlicher Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft sowie die Zustimmung sämtlicher dinglich Berechtigter.
Vorliegend hatte die Beteiligte 1 zwar von der Zuweisungsbefugnis Gebrauch gemacht zu einem Zeitpunkt, als sie noch Eigentümerin einer Einheit der Eigentümergemeinschaft war. Die Bewilligung ging allerdings erst am 4.2.2022 beim Grundbuchamt ein, nun zu einem Zeitpunkt, als die Beteiligte 1 nicht mehr Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war. Ob die Beteiligte 1 also am 4.2.2022 noch bewilligungsberechtigt war, ist Gegenstand des Rechtsstreits. Das Grundbuchamt war der Ansicht, dass die Eintragungsbewilligung als verfahrensrechtliche Eintragungsgrundlage nicht schon mit der Ausstellung wirksam werde, sondern erst mit Zugang beim Grundbuchamt. Die Bewilligungsbefugnis müsse grundsätzlich bis zum Ende des Rechtserwerbs, mindestens aber bis zum Eingang beim Grundbuchamt vorliegen. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weshalb die Beteiligte 1 zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags und der Bewilligung nicht mehr befugt gewesen sei, die Sondernutzungsrechte zuzuweisen und die Bewilligung abzugeben.
Die Beschwerde hatte in der Sache vorläufig Erfolg. Das OLG hat das Grundbuchamt angewiesen, über die beantragte Eintragung der Sondernutzungsrechte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Gründe:
Die Eintragung der Sondernutzungsrechte kann vorliegend nicht von der Vorlage der Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer und der an ihrem Wohn- und Teileigentum dinglich Berechtigten abhängig gemacht werden.
Die Bewilligungsberechtigung der Beteiligten 1 besteht trotz ihres zwischenzeitlichen Ausscheidens aus der Eigentümergemeinschaft bis zum Vollzug der beantragten Eintragung der Sondernutzungsrechte im Grundbuch fort.
Da die Zuweisungsmöglichkeit einschließlich der Bewilligungsberechtigung des teilenden Eigentümers in der von der Beteiligten 1 gewählten Gestaltungsvariante gerade auf dessen persönlicher Sondernutzungsberechtigung beruht, postulieren Rechtsprechung und Literatur, dass die Zuweisungsbefugnis grundsätzlich nur bis zum Ausscheiden des teilenden Eigentümers aus der Gemeinschaft mit der letzten Veräußerung von Wohnungseigentum an einen Erwerber bestehe. Werde sie nicht ausgeübt, erlösche das persönliche Sondernutzungsrecht des teilenden Eigentümers an den Gemeinschaftsflächen. Zur Bewilligung berechtigt seien dann (nur noch) die Wohnungseigentümer.
Vorliegend hat die Beteiligte 1 von der Zuweisungsbefugnis in der Teilungserklärung am 13.9.2021 Gebrauch gemacht, mithin zu einem Zeitpunkt, als sie noch Eigentümerin einer Einheit der Eigentümergemeinschaft war. Die Bewilligung ging allerdings erst am 4.2.2022 beim Grundbuchamt ein, nun zu einem Zeitpunkt, als die Beteiligte 1 nicht mehr Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war. Ob die Beteiligte 1 am 4.2.2022 noch bewilligungsberechtigt war, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern ist von der konkreten Ausgestaltung der Zuweisungsbefugnis in der Teilungserklärung abhängig.
Für den Fortbestand der Bewilligungsberechtigung bei Ausübung des Zuweisungsrechts als Mitglied der Eigentümergemeinschaft streitet die systematische Auslegung: "Überträgt" die Beteiligte 1 das Sondernutzungsrecht durch Kaufvertrag, ist sie nach den weiteren Regelungen in Abschnitt VII verpflichtet, die dingliche Verbindung des Sondernutzungsrechts mit der dazugehörigen Sondereigentumseinheit durch Eintragung im Grundbuch zu bewirken, um die Wirkungen des § 10 Abs. 3 WEG herbeizuführen. Die Verpflichtung zur Verdinglichung der zugewiesenen Sondernutzungsrechte könnte die Beteiligte 1 aber nur dann ohne erschwerte Bedingungen erfüllen, wenn der Fortbestand der Bewilligungsberechtigung bis zur Eintragung der Übertragung der Sondernutzungsrechte im Grundbuch vorausgesetzt wird. Andernfalls wäre sie gehalten, die Bewilligung der Wohnungseigentümer der übrigen Einheiten - vorliegend 17 Einheiten - und ggf. deren Grundpfandrechtsgläubiger beizubringen und womöglich notfalls im Klagewege durchzusetzen.
Die Auslegung, wonach die Eigentümerstellung der Beteiligten 1 (nur) im Zeitpunkt der Ausübung der Zuweisungsbefugnis maßgeblich ist und die in diesem Moment bestehende Bewilligungsberechtigung unabhängig vom Verbleib der Beteiligten 1 in der Eigentümergemeinschaft bis zur Eintragung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch fortwirkt, trägt allein dem jedem unbefangenen Betrachter erkennbaren Sinn und Zweck der in der Teilungserklärung gewählten Gestaltung der gestreckten Begründung des Sondernutzungsrechts Rechnung.
Nur bei einer diesem Zweck der Konstruktion Rechnung tragenden Auslegung hängt die Bewilligungsberechtigung der Beteiligten 1 nicht von zeitlichen Zufälligkeiten des Grundbuchvollzuges ab, wie die vorliegende Beschwerdesache zeigt.
Nach alledem gilt die Beteiligte 1 (immer noch) als bewilligungsberechtigt. Die Bewilligungsberechtigung wirkt fort, bis die Sondernutzungsrechte zu Gunsten der Beteiligten 2 im Grundbuch eingetragen und verdinglicht sind. Deswegen ist es unerheblich, dass der Eintragungsantrag dem Grundbuchamt erst am 4.2.2022 zuging.
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