11.03.2025

Streit um Kellertreppenüberdachung: Wann ist ein Mangel erheblich?

Eine (weitere) Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ist nicht erforderlich, wenn ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist. Die Erheblichkeit eines Mangels ist in der Regel zu bejahen, wenn die Kosten der Beseitigung mind. 5 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachen. In der Regel begründen auch schon (rein) optische Beeinträchtigungen eine Erheblichkeit.

OLG Celle v. 28.2.2025 - 14 U 173/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte die Beklagte am 23.6.2019 mit der Lieferung und Montage einer Kellertreppenüberdachung ihres Hauses beauftragt. Der Werklohn sollte 12.000 € betragen, von dem die Klägerin bereits 3.600 € an die Beklagte entrichtet hat. Die Beklagte lieferte und montierte die Überdachung im Jahr 2020. Sie erteilte am 21.1.2020 eine Rechnung hinsichtlich der restlichen 8.400 €.

Wegen beanstandeter Mängel setzte die Klägerin der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 4.8.2020 eine Frist zur Nacherfüllung bis zum 15.9.2020. Die Monteure der Beklagten erschienen ohne Terminvereinbarung am 8.9.2020. Mit Schreiben vom 3.3.2021 bot die Beklagte erneut die Mängelbeseitigung am 17.3.2021 an, zu der es jedoch nicht kam. Mit Schreiben vom gleichen Tag bot sie nochmal ihre Bereitschaft zur Mängelbeseitigung an. Die Klägerin veranlasste hingegen ein selbstständiges Beweisverfahren beim LG. Am 14.7.2022 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag und begehrte gerichtlich die Rückabwicklung, insbesondere die Rückzahlung des bereits geleisteten Werklohns i.H.v. 3.600 €.

Die Beklagte hat Widerklage erhoben und die Begleichung des Restwerklohns begehrt. Sie behauptete, sie habe die beauftragten Leistungen weitgehend erbracht und sei dann von der Klägerin "vom Hof gejagt" worden. So seien ihre Monteure auch am 8.9.2020 wieder weggeschickt worden. Das LG hat die Klage abgewiesen und der Wiederklage stattgegeben. Die Klägerin war der Ansicht, die von ihr gerügten und vom Sachverständigen festgestellten Mängel seien erheblich i.S.v. § 323 BGB. Das LG habe sich in unzulässiger Weise über das Gutachten hinweggesetzt und dabei teilweise Ausführungen des Sachverständigen falsch zitiert.

Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG das Urteil der Vorinstanz abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.600 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückbau der von ihr montierten Kellerabgangsüberdachung.

Die Gründe:
Die Klägerin ist gem. §§ 634 Nr. 3 BGB, 636, 326 Abs. 5 BGB wirksam vom Vertrag zurücktreten.

Die von der Beklagten im Rahmen des Werkvertrages montierte Kellertreppenüberdachung war i.S.v. § 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, da sie sich zwar für die gewöhnliche Verwendung eignete, aber eine Beschaffenheit aufwies, die bei Werken der gleichen Art nicht üblich ist, welche der Besteller - hier die Klägerin - nach der Art des Werkes aber hätte erwarten können. Eine (weitere) Fristsetzung der Klägerin zur Mängelbeseitigung - nachdem die Klägerin der Beklagten bereits mit Schreiben vom 4.8.2020 eine Frist zur Nacherfüllung bis zum 15.9.2020 gesetzt hatte - war nicht erforderlich. Eine Mangelbeseitigung durch die Beklagte fand unstreitig bis zum 15.9.2020 nicht statt. Die durch die Klägerin gesetzte Frist war mithin fruchtlos verstrichen. Sofern die Beklagte insoweit behauptet hatte, ihre Monteure seien am 8.9.2020 wieder weggeschickt bzw. "vom Hof gejagt worden", kam es darauf nicht mehr an.

Eine (weitere) Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ist nämlich nicht erforderlich, wenn ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist. Der Besteller kann nach dem BGH auch ohne Abnahme des Werkes berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB geltend zu machen, wenn er nicht mehr die Nacherfüllung verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. So liegt es jedenfalls, wenn eine Partei das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat und die andere Partei den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat, sodass auf keiner Seite mehr ein Interesse an der (weiteren) Erfüllung des Vertrages besteht.

Die Beklagte konnte sich auch nicht erfolgreich auf § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB berufen, weil sie nicht nachgewiesen hatte, dass ihre Pflichtverletzungen unerheblich waren. Die Beweislast für die Umstände dafür trifft den Schuldner. Ob eine Pflichtverletzung erheblich ist, richtet sich nach einer umfassenden Interessenabwägung, wobei maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ist. Hierbei sind insbesondere der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand zu berücksichtigen und bei einem nicht behebbaren Mangel die von ihm ausgehende funktionelle und ästhetische Beeinträchtigung, aber auch die Schwere des Verschuldens des Schuldners.

Die Erheblichkeit eines Mangels ist in der Regel zu bejahen, wenn die Kosten der Beseitigung mind. 5 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachen. Wer eine Kellertreppenüberdachung zum Preis von 12.000 € liefern und montieren lässt, darf erwarten, dass diese nicht nur einwandfrei funktioniert und stabil ist, sondern dass diese auch optisch einwandfrei ist und der Gesamteindruck nicht durch Mängel wegen zu großer Spaltmaße, Farbabweichungen oder Einprägungen gestört wird. In der Regel begründen auch schon (rein) optische Beeinträchtigungen eine Erheblichkeit.

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