18.07.2023

Streit um Mieterhöhung - Keine zeitanteilige Kürzung der Kappungsgrenze

Auch bei einer Mieterhöhung vor Ablauf von drei Jahren ab Mietvertragsbeginn können die gesetzlich festgelegten maximalen 20 % voll ausgeschöpft werden. Eine zeitanteilige Kürzung der Kappungsgrenze findet nicht statt.

LG Lübeck v. 29.6.2023 - 14 S 95/22
Der Sachverhalt:
Die Beklagten haben von der Klägerin eine Vier-Zimmer-Wohnung von 70 qm in einem Mehrfamilienhaus Baujahr 1918 angemietet. Die Klägerin hatte von den Beklagten Zustimmung zu einer Mieterhöhung begehrt. Die bisherige Miete betrug 400 € zzgl. 50 € für einen Stellplatz plus Betriebskostenvorauszahlung. Ab Januar 2022 sollte die Miete 480 € betragen. In dem Mieterhöhungsverlangen vom 26.10.2021 wurde auf den damals aktuellen Mietspiegel Lübeck Stand 2018 Bezug genommen. Mittlerweile liegt der Mietspiegel 2022 vor.

Das AG hat der Klage auf Zustimmung stattgegeben. Die Beklagten waren der Ansicht, dass das AG kein Sachverständigengutachten über die angemessene Vergleichsmiete eingeholt habe, obwohl ein entsprechendes Beweisangebot vorgelegen habe, die Wohnung der Beklagten im Schnitt, Größe und Ausführung in keiner Weise ähnlich sei mit der weiteren, bereits begutachteten Wohnung in dem Objekt und der bloße Bezug auf den Mietspiegel alleine nicht ausreiche, um die Mieterhöhung zu begründen. Zudem sei die Kappungsgrenze nicht eingehalten, da eine Mieterhöhung um volle 20 % erst nach drei Jahren erfolgen könne.

Das LG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Gründe:
Zu Recht hat das AG die Beklagten in der Hauptsache zur Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung verurteilt. Soweit die Beklagtenseite beanstandet hatte, dass die Kappungsgrenze nicht gewahrt sei, war dies unzutreffend. Denn auch bei einer Mieterhöhung vor Ablauf von drei Jahren ab Mietvertragsbeginn können die gesetzlich festgelegten maximalen 20 % voll ausgeschöpft werden. Eine zeitanteilige Kürzung der Kappungsgrenze findet nicht statt.

Soweit die Berufung die fehlende Einholung eines Sachverständigengutachtens über die ortsübliche Vergleichsmiete beanstandet hatte, ist die Kammer dem nicht gefolgt. Schließlich war die verlangte, gesteigerte Miete nach den einschlägigen Mietspiegeln ortsüblich. Vielmehr wären 498,40 € angemessen. Mit verlangten 480 € lag die Vermieterseite somit darunter. Nichts Anderes ergäbe sich im Übrigen aus dem Mietspiegel 2021.

Ein Sachverständigengutachten war darüber hinaus nicht einzuholen. Nach § 558d Abs. 3 BGB wird bei einem Mietspiegel vermutet, dass die in ihm angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben, wenn die erforderlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Dies war hier für die Mietspiegel 2018 und 2021 der Fall. Es handelt sich vorliegend um einen Mietspiegel i.S.d. § 558c BGB, der von der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder den Interessenverbänden erstellt und von mindestens der Behörde oder den beiden Interessenverbänden anerkannt worden ist.

Greift danach - wie hier - die Vermutungswirkung, bleibt der Mieterseite allenfalls noch, diese zu entkräften. Dabei ist in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft im Einzelnen streitig, welche Anforderungen an substantiiertes Bestreiten zu stellen sind. Vorliegend war in jedem Fall kein hinreichend substantiiertes Bestreiten festzustellen. Denn im hiesigen Verfahren hatte die Mieterseite schlicht gar nichts zu der Frage vorgetragen, weshalb die oben genannten Mietspiegel nicht zu korrekten Ergebnisse führen sollten. Dies reichte nicht aus, um die Vermutungswirkung der Richtigkeit der Mietspiegel zu entkräften. Auf das Sachverständigengutachten zu der Nachbarwohnung der Beklagten kam es nach allem nicht an, so dass auch insoweit keine weitergehenden Beweiserhebungen erforderlich war.

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