30.06.2021

Sturz über Bodenschwelle: Radrennfahrer müssen Geschwindigkeit anpassen

Rennradfahrer müssen in ihrem eigenen Interesse geschwindigkeitsangepasst fahren, damit sie erkennbaren Unebenheiten auf der Straße ausweichen können. Gemeinden sind nicht verpflichtet, die Straßen frei von allen Gefahren zu halten. Es müssen vielmehr nur die Gefahren ausgeräumt werden, die für einen sorgfältigen Benutzer der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einrichten kann.

LG Köln v. 11.5.2021 - 5 O 86/21
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im März 2020 zusammen mit einem Freund eine Rennradausfahrt gemacht. Die beiden Radfahrer fuhren mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 km/h in den Ort. Kurz nach dem Passieren des Ortseingangsschildes überfuhr der Kläger eine geteerte Bodenschwelle, die ihn aus dem Sattel hebelte und ihn stürzen ließ. Dabei brach er sich das rechte Schlüsselbein. Sein Rennrad wurde stark beschädigt.

Der Kläger war der Ansicht, die Gemeinde hätte zumindest auf die Bodenschwelle hinweisen müssen. Das Hindernis sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Er verlangte Schadensersatz i.H.v. rund 4.817 € sowie vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltsgebühren. Die Gemeinde lehnte die Zahlung allerdings ab und war der Auffassung, dass die Bodenschwelle ordnungsgemäß in dem Straßenbelag verbaut gewesen sei. Die Straße sei aber auch in einem derart schlechten Zustand gewesen, dass sie "vor sich selbst gewarnt" habe.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, weil die Gemeinde keine Amtspflicht verletzt hat.

Die hier maßgebliche Straße hat sich nicht in einem verkehrswidrigen Zustand befunden. Die Bodenschwelle stellt den ordnungsgemäßen Zustand der Straße dar. Es handelt sich um einen standardmäßig eingebauten Abfluss, mit dem bei Regen das Oberflächenwasser abgeführt wird, damit es im Sommer nicht zu Überschwemmungen und im Winter nicht zu Vereisungen kommt. Die Bodenschwelle ist zudem deutlich zu erkennen.

Außerdem ist auf Lichtbildern vom Unfallort eindeutig zu sehen gewesen, dass die Straße stark beschädigt war. Die Schlaglöcher und Risse in unmittelbarer Nähe der Bodenschwelle hätten den Kläger dazu anhalten müssen, besonders vorsichtig zu fahren. Die Nutzer der Straßen müssen sich demnach den Verkehrsverhältnissen anpassen.

Die Gemeinden sind nicht verpflichtet, die Straßen frei von allen Gefahren zu halten. Es müssen vielmehr nur die Gefahren ausgeräumt werden, die für einen sorgfältigen Benutzer der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einrichten kann. Wegen der Offensichtlichkeit des Hindernisses musste die beklagte Gemeinde auch kein Warnschild aufstellen.
LG Köln PM Nr. 6/2021 v. 30.6.2021
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