Sturzunfall eines Radfahrers: Haftung des Pkw-Fahrers auch bei "berührungslosem Unfall" möglich
OLG Frankfurt v. 19.3.2019 - 16 U 57/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger befuhr mit seinem Fahrrad einen ca. 2 m breiten befestigten Feldweg. Die Beklagte kam dem Kläger mit einem Pkw entgegen. Der Kläger wich dem Pkw auf den unbefestigten und zum Unfallzeitpunkt matschigen Seitenstreifen nach rechts aus. Die beiden Verkehrsteilnehmer fuhren berührungslos aneinander vorbei. Beim Versuch, unmittelbar nach dem Passieren wieder auf den befestigten Weg aufzufahren, stürzte der Kläger und zog sich mehrfache Verletzungen zu. Er verlangte nun Ersatz für die entstandenen Heilbehandlungskosten und der Fahrradreparatur sowie ein Schmerzensgeld.
Das LG verurteilte die Beklagte zum Ausgleich von 50% des entstandenen Schadens. Die von der Beklagten hiergegen gerichtete Berufung war vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Die Beklagte haftet für den Sturz des Klägers i.H.v. 50%.
Der Sturz ist der Beklagten zuzurechnen und beim Betrieb des von der Beklagten gesteuerten Fahrzeugs entstanden. Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" nach § 7 Abs. 1 StVG ist dem Schutzzweck entsprechend weit auszulegen. Erfasst werden alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Dafür reicht es aus, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr auswirkte und das Kraftfahrzeug das Schadensereignis in dieser Weise mitgeprägte.
Zum Zeitpunkt des Unfalls war die eigentliche Gefahr - eine Kollision mit dem von der Beklagten geführten Kfz - vorüber. Dennoch veranlasste die Fahrweise der Beklagten den Ausweichvorgang des Klägers und somit den Sturz. Das Wiederauffahren des Klägers auf den befestigten Radweg war Teil des Ausweichmanövers, welches der Kläger zu Ende führen wollte.
Bei Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge und Verschuldensanteile gelingt man zu einer hälftigen Haftungsverteilung. Der Betriebsgefahr der Beklagten steht eine Mitverursachung des Unfalls durch den Kläger gegenüber. Er hatte die Möglichkeit, sein Fahrrad anzuhalten und die Beklagte passieren zu lassen. Jedenfalls ließ er beim Wiederauffahren auf den Radweg insbesondere unter Berücksichtigung der matschigen Verhältnisse nicht die gebotene Sorgfalt walten.
OLG Frankfurt PM Nr. 21/2019 vom 28.3.2019
Der Kläger befuhr mit seinem Fahrrad einen ca. 2 m breiten befestigten Feldweg. Die Beklagte kam dem Kläger mit einem Pkw entgegen. Der Kläger wich dem Pkw auf den unbefestigten und zum Unfallzeitpunkt matschigen Seitenstreifen nach rechts aus. Die beiden Verkehrsteilnehmer fuhren berührungslos aneinander vorbei. Beim Versuch, unmittelbar nach dem Passieren wieder auf den befestigten Weg aufzufahren, stürzte der Kläger und zog sich mehrfache Verletzungen zu. Er verlangte nun Ersatz für die entstandenen Heilbehandlungskosten und der Fahrradreparatur sowie ein Schmerzensgeld.
Das LG verurteilte die Beklagte zum Ausgleich von 50% des entstandenen Schadens. Die von der Beklagten hiergegen gerichtete Berufung war vor dem OLG erfolglos.
Die Gründe:
Die Beklagte haftet für den Sturz des Klägers i.H.v. 50%.
Der Sturz ist der Beklagten zuzurechnen und beim Betrieb des von der Beklagten gesteuerten Fahrzeugs entstanden. Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" nach § 7 Abs. 1 StVG ist dem Schutzzweck entsprechend weit auszulegen. Erfasst werden alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Dafür reicht es aus, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr auswirkte und das Kraftfahrzeug das Schadensereignis in dieser Weise mitgeprägte.
Zum Zeitpunkt des Unfalls war die eigentliche Gefahr - eine Kollision mit dem von der Beklagten geführten Kfz - vorüber. Dennoch veranlasste die Fahrweise der Beklagten den Ausweichvorgang des Klägers und somit den Sturz. Das Wiederauffahren des Klägers auf den befestigten Radweg war Teil des Ausweichmanövers, welches der Kläger zu Ende führen wollte.
Bei Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge und Verschuldensanteile gelingt man zu einer hälftigen Haftungsverteilung. Der Betriebsgefahr der Beklagten steht eine Mitverursachung des Unfalls durch den Kläger gegenüber. Er hatte die Möglichkeit, sein Fahrrad anzuhalten und die Beklagte passieren zu lassen. Jedenfalls ließ er beim Wiederauffahren auf den Radweg insbesondere unter Berücksichtigung der matschigen Verhältnisse nicht die gebotene Sorgfalt walten.