Tiefgaragenstellplatz von mittlerer Art und Güte
KG Berlin v. 12.3.2025 - 21 U 138/24
Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten Schadensersatz wegen Mängeln an ihrer Eigentumswohnung, eine Kaufpreisminderung wegen ihres Tiefgaragenstellplatzes und die Erstattung privater Sachverständigenkosten begehrt. Das LG hat die Beklagte zu Zahlung von insgesamt 22.504 € verurteilt. Hierbei hat es 9.530 € als Schadensersatz für die mangelbedingte Wertminderung der Wohnung in Ansatz gebracht, wobei 2.000 € auf die fehlende Funktion des Raumthermostats in der Küche entfielen. Als Wertminderung für den Tiefgaragenstellplatz hat das LG 11.000 e zuerkannt und einen Schadensersatz wegen privater Sachverständigenkosten i.H.v. 1.974 € zugesprochen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das KG die Entscheidung des LG abgeändert und den Zahlungsbetrag auf 16.394 € herabgesetzt.
Die Gründe:
Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB wegen Mängel an der von ihnen erworbenen Wohnung.
Diese Ansprüche richten sich nach Werkvertragsrecht, denn Mängelansprüche von Erwerbern an neu errichteten Eigentumswohnungen unterfallen nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1.1.2002 geschlossenen Bauträgerverträgen grundsätzlich dem Werkvertragsrecht (BGH, Urt. v. 12.5.2016 - VII ZR 171/15; BGH, Urt. v. 9.11.2023 - VII ZR 241/22). So lag der Fall hier für den im Jahr 2016 geschlossenen Vertrag, für den auch nicht die ab dem 1.1.2018 durch das Bauvertragsrechtsreformgesetz eingeführten Regelungen galten, Art. 229 § 5 Satz 1, § 39 BGBEG.
Hinsichtlich des Tiefgaragenstellplatzes haben die Kläger jedoch einen Anspruch auf Minderung i.H.v. lediglich 6.600 € aus § 633 Abs. 1 und 2, 634 Nr. 3, 638 BGB. Grundsätzlich ist der Stellplatz als ordnungsgemäß anzusehen, auch wenn die vertraglich geschuldete Mindestbreite geringfügig um einen Zentimeter unterschritten sein mag. Er ist jedoch mangelhaft, weil er nicht in der geschuldeten mittleren Art und Güte erreichbar ist. Der Fahr- und Rangieraufwand, um den Stellplatz von der Einfahrtrampe aus zu erreichen, hängt einerseits von den Maßen und technischen Optionen des Fahrzeugs (z.B. Größe, Wendekreis, Einparkhilfen, Rückfahrkamera) und andererseits von den Fähigkeiten des Fahrers ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Stellplatz ausweislich der Baubeschreibung in der geschuldeten Größe hinter den Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR) 2005 zurückbleibt.
Für die übliche Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes muss jedenfalls eine Fahrtaktik zum Abstellen des Fahrzeugs möglich sein, die ohne einen erhöhten Rangieraufwand oder ohne nennenswerte Komforteinbuße auskommt. Sofern nichts anderes vereinbart ist, hat der Erwerber eines Tiefgaragenstellplatzes keinen Anspruch darauf, mit einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug ohne Korrekturzüge ein- und ausparken zu können, den Stellplatz vorwärts ansteuern und vorwärts ohne Korrekturzug einparken zu können oder eine Wendemöglichkeit in unmittelbarer Nähe seines Stellplatzes nutzen zu können. Der geschuldete Standard der mittleren Art und Güte ist erst dann unterschritten, wenn das Ein- und Ausparken die Grenze des Zumutbaren mit einem durchschnittlichen Fahrzeug und durchschnittlichen Fahrkünsten überschreitet. In diesem Rahmen hat der Erwerber gewisse Toleranzen beim Komfort des Ein- und Ausparkens hinzunehmen.
Der Senat erachtete im vorliegenden Einzelfall eine Minderungsquote von 20 % des Kaufpreises von 33.000 €, mithin einen Minderungsbetrag i.H.v.6.600 € für angemessen. Hierdurch waren sämtliche mit dem streitgegenständlichen Stellplatz verbundenen Abstriche des als Bausoll geschuldeten Standards der mittleren Art und Güte ausreichend berücksichtigt. Die Minderung errechnet sich gem. § 638 Abs. 3 BGB durch Herabsetzen des Kaufpreises in dem Verhältnis, in dem der Wert des Werks in mangelfreiem Zustand zur Zeit des Vertragsschlusses zu dem wirklichen Wert gestanden hat. Sie ist gegebenenfalls gem. § 287 ZPO zu schätzen.
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Auf die Berufung der Beklagten hat das KG die Entscheidung des LG abgeändert und den Zahlungsbetrag auf 16.394 € herabgesetzt.
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Hinsichtlich des Tiefgaragenstellplatzes haben die Kläger jedoch einen Anspruch auf Minderung i.H.v. lediglich 6.600 € aus § 633 Abs. 1 und 2, 634 Nr. 3, 638 BGB. Grundsätzlich ist der Stellplatz als ordnungsgemäß anzusehen, auch wenn die vertraglich geschuldete Mindestbreite geringfügig um einen Zentimeter unterschritten sein mag. Er ist jedoch mangelhaft, weil er nicht in der geschuldeten mittleren Art und Güte erreichbar ist. Der Fahr- und Rangieraufwand, um den Stellplatz von der Einfahrtrampe aus zu erreichen, hängt einerseits von den Maßen und technischen Optionen des Fahrzeugs (z.B. Größe, Wendekreis, Einparkhilfen, Rückfahrkamera) und andererseits von den Fähigkeiten des Fahrers ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Stellplatz ausweislich der Baubeschreibung in der geschuldeten Größe hinter den Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR) 2005 zurückbleibt.
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Der Senat erachtete im vorliegenden Einzelfall eine Minderungsquote von 20 % des Kaufpreises von 33.000 €, mithin einen Minderungsbetrag i.H.v.6.600 € für angemessen. Hierdurch waren sämtliche mit dem streitgegenständlichen Stellplatz verbundenen Abstriche des als Bausoll geschuldeten Standards der mittleren Art und Güte ausreichend berücksichtigt. Die Minderung errechnet sich gem. § 638 Abs. 3 BGB durch Herabsetzen des Kaufpreises in dem Verhältnis, in dem der Wert des Werks in mangelfreiem Zustand zur Zeit des Vertragsschlusses zu dem wirklichen Wert gestanden hat. Sie ist gegebenenfalls gem. § 287 ZPO zu schätzen.
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