05.07.2018

Tod des ausgleichsberechtigten Ehegatten führt im Wege einer Totalrevision zur Abänderung des Versorgungsausgleichs

Im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG ist die Vorschrift über den Tod eines Ehegatten (§ 31 VersAusglG) uneingeschränkt anzuwenden. Die Anwendung des § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG führt deshalb im Falle eines Vorversterbens des insgesamt Ausgleichsberechtigten dazu, dass der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte sein während er Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ungeteilt zurück erhält. 

BGH 16.5.2018, XII ZB 466/16
Der Sachverhalt:
Die 1966 geschlossene Ehe des 1943 geborenen Antragstellers mit der früheren Ehefrau wurde 1998 rechtskräftig geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde durch Beschluss des AG vom 23.8.1999 geregelt.

In der Ehezeit haben beide frühere Ehegatten Versorgungsanrechte erworben, und zwar der Antragsteller ein Anrecht auf beamtenrechtliche Versorgung bei dem weiteren Beteiligten zu 1 (Land Schleswig-Holstein) und die Ehefrau ein Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung bei der weiteren Beteiligten zu 2 (DRV Bund) sowie ein Anrecht der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der weiteren Beteiligten zu 3 (VBL). Nachdem das Familiengericht den Ehezeitanteil der Versorgung des Antragstellers und den Ehezeitanteil der Versorgung der Ehefrau ermittelt hatte, begründete es im Wege des Quasi-Splittings zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgung des Antragstellers beim Land Schleswig-Holstein monatliche Rentenanwartschaften i.H.v. 1.850,04 DM auf dem Versicherungskonto der Ehefrau.

Die frühere Ehefrau verstarb am 30.4.2012. Im April 2014 beantragte der Antragsteller bei Gericht eine Abänderung der Altentscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG. Das AG änderte den Beschluss vom 23.8.1999 ab und stellte fest, dass ein Versorgungsausgleich mit Wirkung vom 1.5.2014 nicht mehr stattfindet. Auf die Beschwerde des Landes Schleswig-Holstein änderte das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung dahingehend ab, dass mit Wirkung vom 1.5.2014 zugunsten des Versicherungskontos der Ehefrau bei der DRV Bund im Wege externe Teilung zu Lasten des Anrechts es Antragstellers beim Land Schleswig-Holstein ein Anrecht i.H.v. 733,08 € monatlicher Rente begründet wird. Die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde hatte vor dem BGH Erfolg.

Die Gründe:
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abänderung des nach früherem Recht durchgeführten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 51 Abs. 1 VersAusglG liegen vor. Die vorzunehmende Abänderung betrifft sämtliche Anrechte, die in den durch die Ausgangsentscheidung geregelten Ausgleich einbezogen waren. § 31 Abs. 1 VersAusglG ordnet an, dass dann, wenn ein Ehegatte nach Rechtskraft der Scheidung, aber vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich stirbt, das Recht des überlebenden Ehegatten auf den Wertausgleich gegen die Erben geltend zu machen ist, die Erben hingegen ihrerseits kein Recht auf Wertausgleich haben (§ 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG).

Wie der BGH bereits 2013 (vgl. BGH 5.6.2013, XII ZB 635/12) ausgeführt hat, sind diese Bestimmungen auch im Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG uneingeschränkt anzuwenden, wenn zunächst rechtskräftig ein Versorgungsausgleich zugunsten eines Ehegatten durchgeführt worden war und dieser Ehegatte nach Rechtskraft der Altentscheidung verstirbt. Die Anwendung des § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG muss im Rahmen des Abänderungsverfahrens gem. § 51 Abs. 1 VersAusglG dazu führen, dass der überlebende Ehegatte sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ungeteilt zurück erhält. Dies wäre ebenso der Fall, wenn ein Ehegatte zwischen der Scheidung und Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich stürbe. Dieser Ansicht - der Anwendung der Vorschrift auf das Abänderungsverfahren - hat sich zwischenzeitlich die überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung angeschlossen.

Der BGH hält jedoch auch weiterhin an seiner kritisierten Auffassung fest, dass der Überlebende auch dann seine Versorgungsanrechte ungeteilt zurückerhält, wenn es sich bei ihm um den insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten gehandelt hat, der Versorgungsausgleich nach früherem Recht zu seinen Lasten rechtskräftig festgestellt worden und der insgesamt ausgleichsberechtigte Ehegatte vor der Abänderungsentscheidung verstorben war, denn für die ausgleichsberechtigte Person ist das Bedürfnis, sich gegen einen Einkommensausfall abzusichern, mit dem Tod entfallen. Dies stellt auch keine Missachtung der Rechtskraft der Altentscheidung dar, da das Gericht im Abänderungsverfahren sämtliche Anrechte eigenständig neu zu bewerten. Dabei dürfen aber nur solche Anrechte berücksichtigt werde, die auch in der Altentscheidung miteinbezogen waren.

Ein Verstoß gegen das Besserstellungsverbot des § 31 Abs. 2 S. 1 VersAuglG liegt nicht vor, da durch diese Regelung eine Besserstellung der überlebenden Person ausgeschlossen werden soll, die gerade durch den erstmaligen Wertausgleich herbeigeführt werden würde. Ein darüber hinausgehendes Verständnis, wonach auch die Wiedererlangung der in der Ehezeit erworbenen Anrechte durch die Durchführung eines Abänderungsverfahrens eine Besserstellung darstellen würde, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Schließlich gebieten auch die Interessen etwaiger Hinterbliebener des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten keine andere Beurteilung.

Linkhinweis:
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