Überholer von Fahrzeugkolonnen können bei Unfällen nicht unerheblich mitverantwortlich sein
OLG Hamm 9.7.2013, 9 U 191/12 u.a.In der Rechtssache Az.: 9 U 191/12 hatte der seinerzeit 47-jährige Kläger im Juli 2009 auf der Sinsener Straße in Oer-Erkenschwick mit seinem Mokick eine aus drei Fahrzeugen bestehende Kolonne überholt und stieß kurz darauf mit dem nach links in eine Grundstückszufahrt einbiegenden ersten Fahrzeug der Kolonne zusammen. Später verklagte er die seinerzeit 45-jährige Fahrerin des Fahrzeugs auf Schadensersatz.
In dem Fall Az.: 9 U 12/13 hatte der seinerzeit 43-jährige Beklagte mit seinem Motorrad im März 2012 auf der B 64 in Höxter eine aus mehreren Fahrzeugen bestehende Kolonne überholt und kollidierte mit dem unvorsichtig unter Ausnutzung einer Kolonnenlücke aus einer wartepflichtigen Querstraße nach links abbiegenden Pkw einer seinerzeit 46-jährigen Fahrerin.
Das OLG Hamm hat in beiden Fällen das Eigen- bzw. Mitverschulden des jeweils überholenden Fahrers entsprechend beurteilt.
Die Gründe:
In der Rechtssache Az.: 9 U 191/12 war aufgrund der besonderen Umstände ein Verschulden der beklagten Linksabbiegerin nicht festzustellen. Deswegen konnte bei ihrem Fahrzeug nur die Betriebsgefahr berücksichtigt werden. Infolgedessen muss der Kläger 75 % seines Schadens selbst tragen. Ihn traf schließlich ein erhebliches Verschulden, da er verbotswidrig bei einer für ihn unklaren Verkehrslage überholt hatte.
In dem Fall Az.: 9 U 12/13 traf den Beklagten ein mit einem 1/3 zu bewertender Verschuldensanteil. Schließlich hatte er das allgemeine Rücksichtnahmegebot verletzt. Denn wer bei dichtem Verkehr an einer zum Stehen gekommenen Fahrzeugkolonne vorbeifährt, muss bei erkennbaren Verkehrslücken in Höhe von Kreuzungen und Einmündungen trotz seiner Vorfahrt seine Fahrweise so einrichten, dass er auch vor unvorsichtig aus der Lücke herausfahrenden Fahrzeugen rechtzeitig anhalten kann. Er muss den Verkehrsteilnehmern im Querverkehr die Möglichkeit verschaffen, aus der freigehaltenen Lücke heraus bis zur Erlangung freier Sicht auf den nicht besetzten Straßenraum herauszufahren.
Beide Entscheidungen sind rechtskräftig.