18.02.2014

Übernahme einer Zahlungsverpflichtung gegen Entfernung der bei einem Bordellbesuch gefertigten Fotos aus dem Internet ist anfechtbar

Wird ein Schuldner durch den Hinweis auf eine ansonsten fortdauernde Publikation seiner Fotos im Internet veranlasst, eine notarielle Zahlungsverpflichtung abzugeben, ist dies nach den jeweiligen Umständen als widerrechtliche Drohung zu werten. Die vom Schuldner nachträglich erklärte Anfechtung führt daher zur Hinfälligkeit seiner Verpflichtung.

OLG Koblenz 15.1.2014, 5 U 1243/13
Sachverhalt:
Die Beklagte vermietet Zimmer an Prostituierte. Dort hatte der Kläger Anfang 2013 Stinkbomben geworfen. Dadurch brachte er den weiteren Betrieb des Bordells eine Zeit lang zum Erliegen. Es gelang der Beklagten jedoch, den Kläger zu identifizieren, nachdem sie in ihrer Videoüberwachungsanlage gespeicherte Fotos seiner Person ins Internet gestellt hatte.

Es folgte ein gemeinsamer notariellen Termin, bei dem der Kläger im Hinblick auf die durch sein Verhalten entstandenen Schäden ein auf 12.000 € lautendes Schuldanerkenntnis gegenüber der Beklagten unterzeichnete und sich deswegen der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterwarf. Die Beklagte versprach ihrerseits, die Fotos des Klägers aus dem Internet herauszunehmen und alle über den Kläger gespeicherten Daten unter Verschluss zu halten. Des Weiteren sollten die gegen ihn gestellten Strafanträge zurückgezogen werden, sobald er seine Zahlungszusage erfüllt hatte.

Die Beklagte betrieb die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde. Der Kläger beantragte daraufhin, die Vollstreckung für unzulässig zu erklären. Er war der Ansicht, das Schuldanerkenntnis stehe in keinem Verhältnis zu dem angerichteten Schaden und sei wucherisch. Unabhängig davon habe er es rechtswirksam angefochten, da er unter Druck gesetzt worden sei.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hob das OLG das Urteil der Vorinstanz auf und erklärte die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der Urkunde des Notars für unzulässig.

Gründe:
Zwar stellte die notarielle Urkunde ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Ein unter Fortdauer der Veröffentlichung im Internet erwirktes notarielles Schuldanerkenntnis ist jedoch anfechtbar, wenn es unter der Drohung zustande gekommen ist, die Veröffentlichung erst nach einem derartigen Zahlungsversprechen zu beenden.

Eine solche Drohung muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Sie kann sich auch - wie im vorliegenden Fall - aus den Umständen und somit konkludent ergeben. Es war weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte zum Ausdruck gebracht hätte, auch ohnedies - nämlich im Sinne einer eigenständigen, von jeder Verknüpfung mit dem Verhalten des Klägers freien Vorleistung - zu einem solchen Schritt bereit zu sein. Ein dahingehendes, nach außen gerichtetes Signal gab auch die in ihrem nachgereichten Schriftsatz aufgestellte Behauptung, sie sei willens gewesen, die Verbreitung der Aufnahmen mit der Entdeckung des Klägers zu beenden, nicht zu erkennen.

Indem die Beklagte die notarielle Zahlungszusage des Klägers durch den Hinweis auf die ansonsten fortdauernde Publikation der Fotos herbeigeführt hatte, übte sie sogar eine widerrechtliche Drohung aus, weil die Veröffentlichung gegen das Gesetz verstieß und unabhängig von jedwedem Entgegenkommen des Klägers hätte beendet werden müssen. Die Publikation war gem. § 22 KunstUrhG verboten und damit ohne weiteres zu unterlassen. Die Vorschrift gestattet die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung von Bildnissen einer Person nur mit deren Erlaubnis, an der es im vorliegenden Fall fehlte.

Linkhinweis:

OLG Koblenz PM v. 17.2.2014
Zurück