24.07.2018

Umdeutung eines Abänderungsantrags nach § 239 FamFG in einen Antrag nach § 54 FamFG möglich

Ein zunächst nach § 239 FamFG gestellter Abänderungsantrag kann entsprechend § 140 BGB in einen solchen nach § 54 FamFG auf Abänderung eines im Verfahren der einstweiligen Anordnung geschlossenen Vergleichs umgedeutet werden. Ein damit verbundener Wechsel von einem Hauptsacheverfahren in ein Verfahren der einstweiligen Anordnung steht der Umdeutung nicht entgegen.

BGH 20.6.2018, XII ZB 573/17
Der Sachverhalt:

Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. In einem einstweiligen Anordnungsverfahren (3 F 250/16) schlossen die Beteiligten am 28.4.2016 vor dem AG einen Vergleich zum Trennungsunterhalt. Danach hatte der Antragsteller (Ehemann) an die Antragsgegnerin (Ehefrau) ab 1.5.2016 monatlich 750 € zu zahlen. In einem noch nicht abgeschlossenen Hauptsacheverfahren begehrt die Ehefrau von ihrem Ehemann Kindes- und Getrenntlebensunterhalt für die Zeit ab November 2015.

Der Ehemann beantragte mit Schriftsatz vom 22.9.2016, der mit Abänderungsantrag gem. § 239 FamFG überschrieben war, dass der vom AG protokollierte Vergleich insoweit, abgeändert wird, als er der Ehefrau ab dem 1.10.2016 Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 464,76 schuldet. Das AG trug diesen Antrag unter dem Geschäftszeichen 3 F 1402/16 als neues Verfahren ein. Die Ehefrau wies in ihrer Erwiderung auf die Unzulässigkeit des Antrags hin und beantragte die Zurückweisung. Der Ehemann änderte sodann seinen Antrag mit Schriftsatz vom 28.11.2016 ab und beantragte nunmehr im Verfahren der einstweiligen Anordnung zum Az. 3 F 250/16 den vereinbarten Trennungsunterhalt auf Grundlage des § 54 FamFG abzuändern.

Das AG verband das Verfahren mit dem Geschäftszeichen 3 F 1402/16 zu dem Verfahren 3 F 250/16 und verpflichtete den Ehemann im Wege der einstweiligen Anordnung in Abänderung der Trennungsunterhaltsvereinbarung vom 28.4.2016 zur Zahlung von Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 401 € ab dem 1.10.2016. Auf die Beschwerde der Ehefrau hob das OLG den Beschluss des AG auf, trennte das Verfahren betreffend den Antrag vom 28.11.2016 ab und verband es dem Verfahren 3 F 250/16 hinzu. Die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:

Die Rechtsbeschwerde ist zu verwerfen. Gem. § 70 Abs. 4 FamFG findet gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung die Rechtsbeschwerde nicht statt. § 70 Abs. 4 FamFG findet auch auf im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 246 Abs.1 FamFG geführte Unterhaltsverfahren Anwendung. Die irrtümliche Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ändert an der Begrenzung des Instanzenzugs nichts. Das Beschwerdegericht kann keine nach dem Gesetz ausgeschlossene Anrufung der dritten Instanz ermöglichen. Unbeschadet ihrer Zulassung ist die Rechtsbeschwerde gemessen daran unstatthaft.

Der Ehemann wendet sich in der Sache gegen die vom OLG vorgenommene Aufhebung eines im Wege der einstweiligen Anordnung ergangenen Beschlusses des AG über die Abänderung von Trennungsunterhalt. Es ist kein Fall des § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG i.V.m. § 269 Abs. 5 ZPO gegeben, der die Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO eröffnen könnte.

Es steht zwischen den Beteiligten außer Streit, dass der abzuändernde Vergleich den Trennungsunterhalt nicht endgültig regeln sollte. Im Streitfall kann dahinstehen, ob der erste Antrag des Ehemanns trotz des abweichenden Wortlauts bereits als Antrag nach § 54 FamFG auszulegen ist, da er jedenfalls analog § 140 BGB in einen solchen Antrag umzudeuten ist. Eine Umdeutung kommt in Betracht, wenn die Verfahrenshandlung aufgrund ihrer Eindeutigkeit einer berichtigenden Auslegung nicht zugänglich ist, aber den Voraussetzungen einer anderen, zweckgleichen Handlung entspricht. Die Umdeutung darf dann erfolgen, wenn ein Beteiligtenwille deutlich erkennbar ist und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners dagegen steht. Gemessen daran ist der Antrag des Ehemanns umzudeuten. § 239 FamFG umfasst alle Tatbestandsmerkmale, die auch § 54 FamFG für eine Abänderung voraussetzt. Es hat auch dem Willen des Ehemanns entsprochen. Zudem stehen keine schutzwürdigen Interessen der Ehefrau entgegen. Schließlich steht der Umdeutung des Antrags auch nicht der Wechsel von einem Hauptsacheverfahren in ein Verfahren der einstweiligen Anordnung entgegen.

Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde folgt schließlich auch nicht aus dem Meistbegünstigungsgrundsatz. Der Schutzgedanke der Meistbegünstigung gebietet es nicht, dass das Rechtsmittel auf dem vom vorinstanzlichen Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergehen muss. Vielmehr hat das Rechtsmittelgericht das Verfahren so weiter zu betreiben, wie es im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz geschehen wäre.

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