03.08.2021

Umlagen von Kosten für Müllentsorgung verstoßen gegen Wirtschaftsgebot

Die Umlage der Kosten für auf dem Marktgelände wild abgelagerten Abfall auf die einzelnen Marktteilnehmer ist AGB-rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es wird aber weder § 1 Abs. 1 der Marktentgeltordnung noch dem betriebskostenrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung getragen, wenn die Ablagerung von wildem Abfall derart ineffektiv unterbunden wird, dass wild abgelagerter Abfall 33 % bis 50 % der gesamten Abfallmenge des Marktes ausmacht.

AG Düsseldorf v. 18.6.2021 - 37 C 755/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist als Lebensmittelhändlerin seit rund 20 Jahren auf dem Großmarkt ansässig. Im Zuweisungsbescheid vom 28.1.2014 hieß es u.a., das monatlich zu zahlende Netto-Entgelt richte sich nach der Marktentgeltordnung in der jeweils geltenden Fassung. Bei dieser handelt es sich um eine vom Rat der Beklagten beschlossenen städtische Satzung. In § 1 Abs. 1 der Marktentgeltordnung heißt es hinsichtlich der Abfallentsorgung: "Ebenso werden neben dem im Tarif festgelegten Entgelten die umlagefähigen Kosten für die Entsorgung von verbotswidrigen Abfallablagerungen auf dem Großmarktgelände auf die Standinhaber/innen und Mieter/innen umgelegt, sofern sie nicht einer Verursacherin/einem Verursacher zugeordnet werden können. Diese Umlage erfolgt im prozentualen Verhältnis der jeweils zugewiesenen oder gemieteten Flächen sowie quartalsweise für die vergangenen drei Monate. Die Höhe der Kosten ergibt sich aus den aktuell gültigen Entsorgungskosten, die die Stadt an das von ihr beauftragte Entsorgungsunternehmen zu entrichten hat."

Der grundsätzliche Weg der Abfallentsorgung ist es, dass die Marktteilnehmer anfallenden Abfall zu einer auf dem Marktgelände befindlichen Großwaage fahren, wo der Abfall gewogen und dem jeweiligen Marktteilnehmer individuell in Rechnung gestellt wird. Für das 3. Quartal berechnete die Beklagten der Klägerin für die Beseitigung verbotswidriger Abfallablagerungen einen Gesamtbetrag von brutto 3.864 €. Zur Vermeidung eines Widerrufs der Zuweisung eines Marktstands zahlte die Klägerin diesen Betrag unter Vorbehalt. Dabei fielen in August für die Gesamtheit der Marktteilnehmer Kosten der Beseitigung wild gelagerten Abfalls i.H.v. 30.348 € und im September von 35.825 € an.

Die Klägerin sah sich nicht verpflichtet, die Rechnung der Beklagten i.H.v. 3.864 € zu bezahlen. Das AG gab der Feststellungsklage statt.

Die Gründe:
Die Klage ist aus § 812 Abs. 1 S.1 BGB begründet, weil für die Beklagte kein Rechtsgrund besteht, die unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen der Klägerin dauerhaft zu behalten. Als Rechtsgrund kommt lediglich der Marktstandnutzungsvertrag zwischen den Parteien in Frage, der jedoch hierfür nicht genügt.

Die öffentlich-rechtliche Marktentgeltordnung der Stadt Düsseldorf ist als AGB der privatrechtlichen Marktnutzungsverträge mit den einzelnen Marktteilnehmern anzusehen. Die Umlage der Kosten für auf dem Marktgelände wild abgelagerten Abfall auf die einzelnen Marktteilnehmer ist auch AGB-rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es wird aber weder § 1 Abs. 1 der Marktentgeltordnung noch dem betriebskostenrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung getragen, wenn die Ablagerung von wildem Abfall derart ineffektiv unterbunden wird, dass wild abgelagerter Abfall 33 % bis 50 % der gesamten Abfallmenge des Marktes ausmacht.

Diese Quoten sind nicht nachvollziehbar hoch und führen dazu, dass die grundsätzlich vorgesehene Abrechnung des Mülls nach Verursachungsanteilen wirtschaftlich in erheblichem Umfang nicht praktiziert wird. Ein Verstoß gegen das Wirtschaftsgebot ergibt sich insbesondere daraus, dass durch den hohen Anteil nicht zuzuordnenden Mülls kein Anreiz für die Marktteilnehmer begründet wird, abfallsparend zu agieren, sondern die Abfallbeseitigungskosten für die Gesamtheit der Marktteilnehmer in die Höhe getrieben werden.

Angesichts dieser Situation, insbesondere der Müllablagerung ausschließlich auf den Freiflächen und dort noch an bestimmten markanten Punkten, bleibt unklar, wieso trotz der ständigen Überwachung durch Personal dennoch 33% bis 50% des gesamten anfallenden Abfalls nicht zugeordnet werden kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Marktteilnehmer letztlich auch die Kosten der Marktaufsicht über die Höhe der Marktgebühren zu tragen haben, ist eine derart hohe Quote wild gelagerten Abfalls nicht nur für die Beklagte unwirtschaftlich, sondern auch sich ordnungsgemäß verhaltenden Marktteilnehmern unzumutbar, weil sie einen Anreiz dafür bietet, regelwidrig Abfall wild zu entsorgen.
Justiz NRW
Zurück