Ungültige Eheschließung per Videotelefonie vor einer Behörde in den USA
OLG Köln v. 8.3.2022 - 26 Wx 3/22
Der Sachverhalt:
Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige, die beide in Deutschland leben. Sie hatten am 24.5.2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah (USA) geschlossen. Während der Eheschließung befanden sich beide in Deutschland und gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Ihr Antrag auf Anerkennung der Eheschließung in Deutschland wurde allerdings abgelehnt.
Daraufhin wollten die Antragsteller die Ehe in Deutschland vor dem Standesamt schließen. Die Behörde hat die Anmeldung der Eheschließung jedoch nicht entgegengenommen, sondern eine Zweifelsvorlage beim AG Köln mit der Frage eingereicht, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung entgegenstehe.
Das AG hat sodann das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller am 24.5.2021 per Videotelefonie geschlossen haben. Zur Begründung hat es angeführt, die Wiederholung der Eheschließung sei zulässig, weil die Wirksamkeit der Heirat per Videotelefonie in Utah zweifelhaft sei. Weil sich die Antragsteller in Deutschland aufgehalten hätten, handele es sich um eine Heirat im Inland, sodass die Ehe vor einem deutschen Standesbeamten hätte geschlossen werden müssen.
Gegen diesen Beschluss hat die Aufsichtsbehörde Beschwerde eingelegt, um eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es angeführt, die Beschwerde sei schon unzulässig, weil die Standesamtsaufsicht die Rechtsauffassung des AG teile. Das OLG hat die Beschwerde der Aufsichtsbehörde zurückgewiesen.
Die Gründe:
Der Eheschließung der Antragsteller in Deutschland steht nicht die vorangegangene Heirat in den Vereinigten Staaten von Amerika entgegen. Die von den Antragstellern per Videotelefonie in den USA geschlossene Ehe ist in Deutschland nicht wirksam.
Auf die Form der Eheschließung ist deutsches Sachrecht anwendbar. Eine Ehe kann gem. Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB "im Inland" nur in der in Deutschland vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Um eine (auch) "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich selbst dann, wenn nur die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe in Deutschland abgeben, während die Stelle, welche aufgrund der Erklärungen das Zustandekommen der Ehe feststellt, sich in einem anderen Staat befindet.
Die Abgabe der Erklärungen auf Eingehung der Ehe ist für die Eheschließung derart wesentlich, dass die Eheschließung (auch) am Ort der Abgabe der Erklärungen stattfindet. Sinn und Zweck der einseitigen Kollisionsvorschrift des Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB erfordern eine solche Auslegung, damit die in Deutschland vorgeschriebene Form der Eheschließung nicht ohne Aufwand mithilfe einer Videotelefonie unterlaufen werden kann.
Als Spezialregelung geht Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB im Rahmen seines Anwendungsbereichs der allgemeineren Kollisionsvorschrift des Art. 11 EGBGB vor. Um keine "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich dagegen, wenn die Verlobten sich zwar während der Eheschließung in Deutschland aufhalten, die Erklärungen auf Eingehung der Ehe allerdings von Stellvertretern in der Erklärung in einem anderen Staat vor einer dort zuständigen Stelle abgegeben werden, weil dann alle unmittelbar für die Eheschließung erforderlichen Rechtshandlungen im Ausland vorgenommen werden.
Die beiden Antragsteller haben ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe aber persönlich in Deutschland abgegeben, sodass es sich um eine Heirat "im Inland" i.S.v. Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB handelt. Die in Deutschland abgegebenen Erklärungen sind lediglich zeitgleich in Bild und Ton nach Utah übertragen worden. Der Inlandsbezug beschränkt sich nicht darauf, dass in Deutschland bloß eine Beauftragung von Stellvertretern stattgefunden hat, die dann in Utah die Erklärungen zur Eingehung der Ehe abgegeben haben, sondern die Erklärungen zur Eingehung der Ehe selbst sind "im Inland" abgegeben worden. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB sind schon deshalb nicht erfüllt, weil keiner der Antragsteller US-Staatsangehöriger ist.
Nach dem anzuwendenden deutschen Sachrecht ist keine formgültige Ehe zustande gekommen. Die Ehe wird gem. § 1310 Abs. 1 S. 1 BGB in Deutschland nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Die Eheschließenden müssen die Erklärungen dabei gem. § 1311 S. 1 BGB persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgeben.
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Justiz NRW
Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige, die beide in Deutschland leben. Sie hatten am 24.5.2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah (USA) geschlossen. Während der Eheschließung befanden sich beide in Deutschland und gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Ihr Antrag auf Anerkennung der Eheschließung in Deutschland wurde allerdings abgelehnt.
Daraufhin wollten die Antragsteller die Ehe in Deutschland vor dem Standesamt schließen. Die Behörde hat die Anmeldung der Eheschließung jedoch nicht entgegengenommen, sondern eine Zweifelsvorlage beim AG Köln mit der Frage eingereicht, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung entgegenstehe.
Das AG hat sodann das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller am 24.5.2021 per Videotelefonie geschlossen haben. Zur Begründung hat es angeführt, die Wiederholung der Eheschließung sei zulässig, weil die Wirksamkeit der Heirat per Videotelefonie in Utah zweifelhaft sei. Weil sich die Antragsteller in Deutschland aufgehalten hätten, handele es sich um eine Heirat im Inland, sodass die Ehe vor einem deutschen Standesbeamten hätte geschlossen werden müssen.
Gegen diesen Beschluss hat die Aufsichtsbehörde Beschwerde eingelegt, um eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es angeführt, die Beschwerde sei schon unzulässig, weil die Standesamtsaufsicht die Rechtsauffassung des AG teile. Das OLG hat die Beschwerde der Aufsichtsbehörde zurückgewiesen.
Die Gründe:
Der Eheschließung der Antragsteller in Deutschland steht nicht die vorangegangene Heirat in den Vereinigten Staaten von Amerika entgegen. Die von den Antragstellern per Videotelefonie in den USA geschlossene Ehe ist in Deutschland nicht wirksam.
Auf die Form der Eheschließung ist deutsches Sachrecht anwendbar. Eine Ehe kann gem. Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB "im Inland" nur in der in Deutschland vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Um eine (auch) "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich selbst dann, wenn nur die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe in Deutschland abgeben, während die Stelle, welche aufgrund der Erklärungen das Zustandekommen der Ehe feststellt, sich in einem anderen Staat befindet.
Die Abgabe der Erklärungen auf Eingehung der Ehe ist für die Eheschließung derart wesentlich, dass die Eheschließung (auch) am Ort der Abgabe der Erklärungen stattfindet. Sinn und Zweck der einseitigen Kollisionsvorschrift des Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB erfordern eine solche Auslegung, damit die in Deutschland vorgeschriebene Form der Eheschließung nicht ohne Aufwand mithilfe einer Videotelefonie unterlaufen werden kann.
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Die beiden Antragsteller haben ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe aber persönlich in Deutschland abgegeben, sodass es sich um eine Heirat "im Inland" i.S.v. Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB handelt. Die in Deutschland abgegebenen Erklärungen sind lediglich zeitgleich in Bild und Ton nach Utah übertragen worden. Der Inlandsbezug beschränkt sich nicht darauf, dass in Deutschland bloß eine Beauftragung von Stellvertretern stattgefunden hat, die dann in Utah die Erklärungen zur Eingehung der Ehe abgegeben haben, sondern die Erklärungen zur Eingehung der Ehe selbst sind "im Inland" abgegeben worden. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB sind schon deshalb nicht erfüllt, weil keiner der Antragsteller US-Staatsangehöriger ist.
Nach dem anzuwendenden deutschen Sachrecht ist keine formgültige Ehe zustande gekommen. Die Ehe wird gem. § 1310 Abs. 1 S. 1 BGB in Deutschland nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Die Eheschließenden müssen die Erklärungen dabei gem. § 1311 S. 1 BGB persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgeben.
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