Verfahrenskostenhilfe für zweites Scheidungsverfahren?
OLG Frankfurt a.M. v. 19.7.2023 - 6 WF 86/23
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hatte am 25.5.2022 einen Scheidungsantrag beim AG gestellt, den sie am 24.3.2023 zurückgenommen hat. Für diese Verfahren war ihr bereits Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihr jetziger Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet worden. Die Rücknahme wurde ohne Begründung erklärt. Eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft bzw. ein Aussöhnungsversuch haben nicht stattgefunden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragstellerin zurückgewiesen. Es war der Ansicht, der Antrag sei mutwillig. Für das nur wenige Wochen nach der Rücknahme eingeleitete zweite Scheidungsverfahren habe der Steuerzahler nicht erneut aufzukommen, weil es keinen Grund gegeben habe, den Scheidungsantrag zurückzunehmen, um sodann in unmittelbarer zeitlichen Nähe hierzu einen neuen gebührenauslösenden Scheidungsantrag zu stellen.
Die Antragstellerin machte geltend, die Rücknahme sei ohne anwaltliche Beratung erfolgt. Der Rücknahmeentschluss habe auf dem zögerlichen Fortgang des Scheidungsverfahrens und der fehlenden Mitwirkung des Antragsgegners im Versorgungsausgleichsverfahren beruht.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hielt sie teilweise für begründet und hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Die Gründe:
Die Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit darf nicht vollständig verweigert werden, sondern ist unter Ausschluss der bereits im ersten Verfahren entstandenen und aus der Staatskasse der Antragstellerin verauslagten Rechtsanwaltsgebühren sowie der bereits entstandenen allgemeinen Verfahrensgebühr des Gerichts zu bewilligen, soweit die Antragstellerin bedürftig ist.
Zu Recht hat das AG die beabsichtigte Rechtsverfolgung gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO als mutwillig bewertet. Die Antragstellerin hatte durch ihr Prozessverhalten ohne hinreichenden Grund vermeidbare Kosten verursacht. Ein vermögender Beteiligter hätte bei der gegebenen Sachlage davon abgesehen, in der Art zu prozessieren, wie es die Antragstellerin getan hat. Für die Rücknahme des Scheidungsantrags war zudem kein hinreichender Grund ersichtlich. Ihre Erklärung, sie habe den Scheidungsantrag zurückgenommen, weil der Antragsgegner beim Versorgungsausgleich nicht mitgewirkt und das Gericht das Scheidungsverfahren zögerlich betrieben habe, rechtfertigte die Rücknahme des Scheidungsantrags und die erneute Einleitung eines Scheidungsverfahrens nach nicht einmal zwei Monaten nicht. Denn das Problem der fehlenden Mitwirkung des Ehemanns beim Versorgungsausgleich wurde durch die Rücknahme des Scheidungsantrags nicht behoben.
Die Antragstellerin konnte sich auch nicht darauf berufen, sie habe den Scheidungsantrag ohne anwaltliche Beratung zurückgenommen. Sie war im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten und hätte ohne weitere Kosten mit ihrem Verfahrensbevollmächtigten jederzeit Rücksprache halten können, anstatt ihn schriftlich zu beauftragen, die Rücknahme zu erklären. Ein vermögender Beteiligter hätte nochmals um Rat gefragt und den Scheidungsantrag bei fortbestehendem Scheidungsbegehren nicht zurückgenommen, um weitere Kosten durch ein neues Verfahren zu vermeiden.
Die Mutwilligkeit führte allerdings - anders als das AG meinte - nicht zur Versagung der Verfahrenskostenhilfe für das neue Scheidungsverfahren, sondern zu einer eingeschränkten Verfahrenskostenhilfebewilligung unter Ausschluss der im früheren Verfahren bereits entstandenen Gebühren, nämlich der allgemeinen Verfahrensgebühr des Gerichts und der anwaltlichen Verfahrensgebühr. Das Scheidungsbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, da das grundsätzlich erforderliche Trennungsjahr gem. §§ 1565, 1566 BGB verstrichen ist.
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Die Antragstellerin hatte am 25.5.2022 einen Scheidungsantrag beim AG gestellt, den sie am 24.3.2023 zurückgenommen hat. Für diese Verfahren war ihr bereits Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihr jetziger Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet worden. Die Rücknahme wurde ohne Begründung erklärt. Eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft bzw. ein Aussöhnungsversuch haben nicht stattgefunden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragstellerin zurückgewiesen. Es war der Ansicht, der Antrag sei mutwillig. Für das nur wenige Wochen nach der Rücknahme eingeleitete zweite Scheidungsverfahren habe der Steuerzahler nicht erneut aufzukommen, weil es keinen Grund gegeben habe, den Scheidungsantrag zurückzunehmen, um sodann in unmittelbarer zeitlichen Nähe hierzu einen neuen gebührenauslösenden Scheidungsantrag zu stellen.
Die Antragstellerin machte geltend, die Rücknahme sei ohne anwaltliche Beratung erfolgt. Der Rücknahmeentschluss habe auf dem zögerlichen Fortgang des Scheidungsverfahrens und der fehlenden Mitwirkung des Antragsgegners im Versorgungsausgleichsverfahren beruht.
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Zu Recht hat das AG die beabsichtigte Rechtsverfolgung gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO als mutwillig bewertet. Die Antragstellerin hatte durch ihr Prozessverhalten ohne hinreichenden Grund vermeidbare Kosten verursacht. Ein vermögender Beteiligter hätte bei der gegebenen Sachlage davon abgesehen, in der Art zu prozessieren, wie es die Antragstellerin getan hat. Für die Rücknahme des Scheidungsantrags war zudem kein hinreichender Grund ersichtlich. Ihre Erklärung, sie habe den Scheidungsantrag zurückgenommen, weil der Antragsgegner beim Versorgungsausgleich nicht mitgewirkt und das Gericht das Scheidungsverfahren zögerlich betrieben habe, rechtfertigte die Rücknahme des Scheidungsantrags und die erneute Einleitung eines Scheidungsverfahrens nach nicht einmal zwei Monaten nicht. Denn das Problem der fehlenden Mitwirkung des Ehemanns beim Versorgungsausgleich wurde durch die Rücknahme des Scheidungsantrags nicht behoben.
Die Antragstellerin konnte sich auch nicht darauf berufen, sie habe den Scheidungsantrag ohne anwaltliche Beratung zurückgenommen. Sie war im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten und hätte ohne weitere Kosten mit ihrem Verfahrensbevollmächtigten jederzeit Rücksprache halten können, anstatt ihn schriftlich zu beauftragen, die Rücknahme zu erklären. Ein vermögender Beteiligter hätte nochmals um Rat gefragt und den Scheidungsantrag bei fortbestehendem Scheidungsbegehren nicht zurückgenommen, um weitere Kosten durch ein neues Verfahren zu vermeiden.
Die Mutwilligkeit führte allerdings - anders als das AG meinte - nicht zur Versagung der Verfahrenskostenhilfe für das neue Scheidungsverfahren, sondern zu einer eingeschränkten Verfahrenskostenhilfebewilligung unter Ausschluss der im früheren Verfahren bereits entstandenen Gebühren, nämlich der allgemeinen Verfahrensgebühr des Gerichts und der anwaltlichen Verfahrensgebühr. Das Scheidungsbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, da das grundsätzlich erforderliche Trennungsjahr gem. §§ 1565, 1566 BGB verstrichen ist.
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