Vergütung des Verfahrensbeistands: Sämtliche Aufwendungen durch vorgesehene Fallpauschalen vollständig abgegolten
BGH v. 25.9.2024 - XII ZB 110/23
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft die Festsetzung von verauslagten Dolmetscherkosten neben der Pauschalvergütung für einen berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand.
Das AG bestellte die Beteiligte zu 1) in einer Sorgerechtssache zur berufsmäßigen Verfahrensbeiständin mit dem besonderen Aufgabenbereich des § 158 b Abs. 2 FamFG. Kurz danach unterrichtete diese das AG telefonisch über die unzureichenden Deutschkenntnisse der Kindesmutter. Die Familienrichterin legte in einem Vermerk nieder, dass die Hinzuziehung eines Dolmetschers durch die Verfahrensbeiständin "aus gerichtlicher Sicht angezeigt" und dieser Umstand der Verfahrensbeiständin mitgeteilt worden sei. Die Verfahrensbeiständin beauftragte einen Dolmetscher für die arabische Sprache und nahm dessen Leistungen etwa zwei Wochen vor dem Gerichtstermin für ein Gespräch mit der Kindesmutter in einem Frauenhaus in Anspruch. Die von dem Dolmetscherbüro gestellte Rechnung über 207 € wurde von der Verfahrensbeiständin beglichen.
Dem Antrag der Verfahrensbeiständin, ihr neben der Fallpauschale zusätzlich auch die Aufwendungen für den Dolmetscher auszuzahlen, entsprach die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG nicht. Die Verfahrensbeiständin begehrte daraufhin "richterliche Entscheidung", worauf das AG "eine weitere Vergütung von 207 € für verauslagte Dolmetscherkosten festgesetzt" und die Beschwerde zugelassen hat. Die von dem Beteiligten zu 2 (Staatskasse) eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatskasse hob der BGH die Beschlüsse von AG und LG auf und wies den Antrag auf Festsetzung einer weiteren Vergütung zurück.
Die Gründe:
Der Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Verfahrensbeistands ist gem. § 158 c Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG als Pauschale ausgestaltet. Mit der Vergütungspauschale sind gem. § 158 c Abs. 1 Satz 3 FamFG auch die Aufwendungen des Verfahrensbeistands abgegolten. Zu den Aufwendungen i.S.v. § 158 c Abs. 1 Satz 3 FamFG gehören unabhängig von ihrer tatsächlichen Höhe nicht nur die Fahrtkosten des Verfahrensbeistands, sondern auch etwaige Dolmetscherkosten für Gespräche mit dem Kind und/oder seinen Eltern.
Die persönliche Kommunikation mit den Verfahrensbeteiligten gehört zu den ureigensten Aufgaben des Verfahrensbeistands. Das kann unter den hier obwaltenden Umständen im Übrigen schon deshalb keinem Zweifel unterliegen, weil der Verfahrensbeiständin der besondere Aufgabenbereich des § 158 b Abs. 2 FamFG übertragen worden ist und das Gespräch mit den Eltern damit ausdrücklich zu den ihr kraft Gesetzes zugewiesenen Aufgaben gehört. Wenn ein Verfahrensbeteiligter der deutschen Sprache nicht mächtig ist und der Verfahrensbeistand für die Kontaktaufnahme einen Dolmetscher hinzuzieht, sind die hierdurch ausgelösten Kosten für den Verfahrensbeistand anlässlich der Ausübung seines Amtes entstanden und durch die Einbeziehung des Aufwendungsersatzes in die Pauschalvergütung durch diese abgegolten.
Eine abweichende Beurteilung kann auch der Hinweis darauf nicht rechtfertigen, dass beigeordnete Rechtsanwälte eine Erstattung der für die Kommunikation mit ihren sprachunkundigen Mandanten notwendigen Dolmetscherkosten verlangen können. Denn während der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auf Aufwendungsersatz gesetzlich fixiert ist (§ 46 Abs. 1 RVG), beruht das Vergütungsmodell bei berufsmäßig tätigen Betreuern und Verfahrensbeiständen gerade darauf, dass die im Rahmen der Amtsausübung entstehenden Aufwendungen kraft Gesetzes von der gewährten Pauschalvergütung abgegolten werden.
Eine Festsetzung der Dolmetscherkosten kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil diese Kosten nach dem Vermerk der zuständigen Richterin über den Inhalt ihres Gespräches mit der Verfahrensbeiständin als Kosten des gerichtlichen Verfahrens angesehen werden müssten, für welche die Verfahrensbeiständin lediglich in Vorlage getreten sei. Der auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2014, 1135 f.) zurückgehenden Praxis, die Kosten eines vom Verfahrensbeistand hinzugezogenen Dolmetschers als Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu behandeln, wenn das Gericht dem Verfahrensbeistand die Beauftragung eines Dolmetschers ausdrücklich gestattet hat, fehlt es an einer tragfähigen rechtlichen Grundlage. Die Heranziehung eines Dolmetschers durch den Verfahrensbeistand im Auftrag oder mit vorheriger Billigung des Gerichts sieht das Gesetz nicht vor.
Werden die Kosten eines vom Verfahrensbeistand hinzugezogenen Dolmetschers wegen einer gerichtlichen Beauftragung oder Gestattung unmittelbar aus staatlichen Mitteln beglichen, scheidet es angesichts der eindeutigen Regelung in § 158 c Abs. 1 Satz 3 FamFG aus, den für die gerichtlichen Kosten des Verfahrens als Kostenschuldner haftenden Beteiligten über die Kosten für die Pauschalvergütung des Verfahrensbeistands hinaus zusätzlich noch mit den durch dessen Tätigkeit veranlassten Dolmetscherkosten zu belasten. Ein entsprechender Kostenansatz müsste nach § 20 FamGKG wegen unrichtiger Sachbehandlung des Gerichts niedergeschlagen werden. Die verbreitete Verfahrens-weise, Aufwendungen des Verfahrensbeistandes für die Heranziehung eines Dolmetschers durch gerichtlichen Ausspruch zu Gerichtskosten zu erklären, führt deshalb im Ergebnis dazu, dem Verfahrensbeistand entgegen dem erklärten Willen des Gesetzgebers eine zumindest teilweise aufwandsabhängige Vergütung auf Kosten der Landeskasse zu gewähren.
Mehr zum Thema:
Kommentierung | FamFG
§ 158c Vergütung; Kosten
Hammer in Prütting/Helms, FamFG, Kommentar, 6. Aufl. 2023
6. Aufl./Lfg. 09.2022
Rechtsprechung (siehe Leitsatz)
§ 158 VII FamFG: Vergütung des Verfahrensbeistands durch Fallpauschalen [m. Anm. Stößer, S. 1969]
BGH vom 09.10.2013 - XII ZB 667/12
Eberhard Stößer, FamRZ 2013, 1967
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Das Verfahren betrifft die Festsetzung von verauslagten Dolmetscherkosten neben der Pauschalvergütung für einen berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand.
Das AG bestellte die Beteiligte zu 1) in einer Sorgerechtssache zur berufsmäßigen Verfahrensbeiständin mit dem besonderen Aufgabenbereich des § 158 b Abs. 2 FamFG. Kurz danach unterrichtete diese das AG telefonisch über die unzureichenden Deutschkenntnisse der Kindesmutter. Die Familienrichterin legte in einem Vermerk nieder, dass die Hinzuziehung eines Dolmetschers durch die Verfahrensbeiständin "aus gerichtlicher Sicht angezeigt" und dieser Umstand der Verfahrensbeiständin mitgeteilt worden sei. Die Verfahrensbeiständin beauftragte einen Dolmetscher für die arabische Sprache und nahm dessen Leistungen etwa zwei Wochen vor dem Gerichtstermin für ein Gespräch mit der Kindesmutter in einem Frauenhaus in Anspruch. Die von dem Dolmetscherbüro gestellte Rechnung über 207 € wurde von der Verfahrensbeiständin beglichen.
Dem Antrag der Verfahrensbeiständin, ihr neben der Fallpauschale zusätzlich auch die Aufwendungen für den Dolmetscher auszuzahlen, entsprach die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG nicht. Die Verfahrensbeiständin begehrte daraufhin "richterliche Entscheidung", worauf das AG "eine weitere Vergütung von 207 € für verauslagte Dolmetscherkosten festgesetzt" und die Beschwerde zugelassen hat. Die von dem Beteiligten zu 2 (Staatskasse) eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatskasse hob der BGH die Beschlüsse von AG und LG auf und wies den Antrag auf Festsetzung einer weiteren Vergütung zurück.
Die Gründe:
Der Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Verfahrensbeistands ist gem. § 158 c Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG als Pauschale ausgestaltet. Mit der Vergütungspauschale sind gem. § 158 c Abs. 1 Satz 3 FamFG auch die Aufwendungen des Verfahrensbeistands abgegolten. Zu den Aufwendungen i.S.v. § 158 c Abs. 1 Satz 3 FamFG gehören unabhängig von ihrer tatsächlichen Höhe nicht nur die Fahrtkosten des Verfahrensbeistands, sondern auch etwaige Dolmetscherkosten für Gespräche mit dem Kind und/oder seinen Eltern.
Die persönliche Kommunikation mit den Verfahrensbeteiligten gehört zu den ureigensten Aufgaben des Verfahrensbeistands. Das kann unter den hier obwaltenden Umständen im Übrigen schon deshalb keinem Zweifel unterliegen, weil der Verfahrensbeiständin der besondere Aufgabenbereich des § 158 b Abs. 2 FamFG übertragen worden ist und das Gespräch mit den Eltern damit ausdrücklich zu den ihr kraft Gesetzes zugewiesenen Aufgaben gehört. Wenn ein Verfahrensbeteiligter der deutschen Sprache nicht mächtig ist und der Verfahrensbeistand für die Kontaktaufnahme einen Dolmetscher hinzuzieht, sind die hierdurch ausgelösten Kosten für den Verfahrensbeistand anlässlich der Ausübung seines Amtes entstanden und durch die Einbeziehung des Aufwendungsersatzes in die Pauschalvergütung durch diese abgegolten.
Eine abweichende Beurteilung kann auch der Hinweis darauf nicht rechtfertigen, dass beigeordnete Rechtsanwälte eine Erstattung der für die Kommunikation mit ihren sprachunkundigen Mandanten notwendigen Dolmetscherkosten verlangen können. Denn während der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auf Aufwendungsersatz gesetzlich fixiert ist (§ 46 Abs. 1 RVG), beruht das Vergütungsmodell bei berufsmäßig tätigen Betreuern und Verfahrensbeiständen gerade darauf, dass die im Rahmen der Amtsausübung entstehenden Aufwendungen kraft Gesetzes von der gewährten Pauschalvergütung abgegolten werden.
Eine Festsetzung der Dolmetscherkosten kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil diese Kosten nach dem Vermerk der zuständigen Richterin über den Inhalt ihres Gespräches mit der Verfahrensbeiständin als Kosten des gerichtlichen Verfahrens angesehen werden müssten, für welche die Verfahrensbeiständin lediglich in Vorlage getreten sei. Der auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. (FamRZ 2014, 1135 f.) zurückgehenden Praxis, die Kosten eines vom Verfahrensbeistand hinzugezogenen Dolmetschers als Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu behandeln, wenn das Gericht dem Verfahrensbeistand die Beauftragung eines Dolmetschers ausdrücklich gestattet hat, fehlt es an einer tragfähigen rechtlichen Grundlage. Die Heranziehung eines Dolmetschers durch den Verfahrensbeistand im Auftrag oder mit vorheriger Billigung des Gerichts sieht das Gesetz nicht vor.
Werden die Kosten eines vom Verfahrensbeistand hinzugezogenen Dolmetschers wegen einer gerichtlichen Beauftragung oder Gestattung unmittelbar aus staatlichen Mitteln beglichen, scheidet es angesichts der eindeutigen Regelung in § 158 c Abs. 1 Satz 3 FamFG aus, den für die gerichtlichen Kosten des Verfahrens als Kostenschuldner haftenden Beteiligten über die Kosten für die Pauschalvergütung des Verfahrensbeistands hinaus zusätzlich noch mit den durch dessen Tätigkeit veranlassten Dolmetscherkosten zu belasten. Ein entsprechender Kostenansatz müsste nach § 20 FamGKG wegen unrichtiger Sachbehandlung des Gerichts niedergeschlagen werden. Die verbreitete Verfahrens-weise, Aufwendungen des Verfahrensbeistandes für die Heranziehung eines Dolmetschers durch gerichtlichen Ausspruch zu Gerichtskosten zu erklären, führt deshalb im Ergebnis dazu, dem Verfahrensbeistand entgegen dem erklärten Willen des Gesetzgebers eine zumindest teilweise aufwandsabhängige Vergütung auf Kosten der Landeskasse zu gewähren.
Kommentierung | FamFG
§ 158c Vergütung; Kosten
Hammer in Prütting/Helms, FamFG, Kommentar, 6. Aufl. 2023
6. Aufl./Lfg. 09.2022
Rechtsprechung (siehe Leitsatz)
§ 158 VII FamFG: Vergütung des Verfahrensbeistands durch Fallpauschalen [m. Anm. Stößer, S. 1969]
BGH vom 09.10.2013 - XII ZB 667/12
Eberhard Stößer, FamRZ 2013, 1967
Aktionsmodul Familienrecht
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