Vergütung des Zwangsverwalters nach Zeitaufwand bei Fortführung eines Gewerbetriebs auf dem beschlagnahmten Grundstück
BGH v. 11.1.2023 - V ZB 23/22
Der Sachverhalt:
Der Zwangsverwalter wurde in einem auf Antrag der Gläubigerin im Jahr 2018 angeordneten Zwangsverwaltungsverfahren über den Grundbesitz der Schuldnerin zum Verwalter bestellt. Auf dem Grundstück befindet sich ein Biomassekraftwerk, das der Zwangsverwalter weiter betrieb. Für seine Tätigkeit vom 1.1. bis 31.12.2020 beantragte er die Festsetzung einer Vergütung i.H.v. rd. 240.000 € und legte hierbei unter Hinweis auf § 18 Abs. 1 ZwVwV eine Regelvergütung von 12 % der von ihm erzielten Einnahmen und von 2,4 % im Hinblick auf vertraglich geschuldete, aber nicht eingezogene Forderungen nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde.
Das AG setzte die Vergütung antragsgemäß fest. Hiergegen legten die Schuldnerin und die Gläubigerin sofortige Beschwerde ein. Bereits zuvor war über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und eine Insolvenzverwalterin bestellt worden. Das LG hob den Beschluss des AG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Zwangsverwalter die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen. Die Gläubigerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Die Rechtsbeschwerde des Zwangsverwalters gegenüber der Gläubigerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde hat insoweit Erfolg, als das LG nicht - wie geboten - die Beschwerde der Schuldnerin als unzulässig verworfen hat. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet, weil das LG der Beschwerde der Gläubigerin zu Recht stattgegeben hat.
Führt der Zwangsverwalter auf dem beschlagnahmten Grundstück einen Gewerbetrieb fort, bemisst sich seine Vergütung gem. § 19 Abs. 1 ZwVwV nach Zeitaufwand. Eine Abrechnung auf der Grundlage eines Prozentsatzes der erzielten Einnahmen und der nicht eingezogenen Forderungen scheidet demgegenüber aus. § 18 Abs. 1 ZwVwV gilt nur bei der Nutzung des Grundstücks durch Vermieten und Verpachten und findet bei der Fortführung eines Gewerbebetriebs keine entsprechende Anwendung.
Gem. § 18 Abs. 1 ZwVwV erhält der Verwalter bei der Zwangsverwaltung von Grundstücken, die durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, als Vergütung in der Regel 10 % des für den Zeitraum der Verwaltung an Mieten oder Pachten eingezogenen Bruttobetrags. Für vertraglich geschuldete, nicht eingezogene Mieten oder Pachten erhält er 20 % der Vergütung, die er erhalten hätte, wenn diese Mieten eingezogen worden wären. Nach Absatz 2 der Vorschrift kann der in Absatz 1 Satz 1 genannte Prozentsatz bis auf 5 vermindert oder bis auf 15 angehoben werden, wenn sich im Einzelfall ein Missverhältnis zwischen der Tätigkeit des Verwalters und der Vergütung nach Absatz 1 ergibt. Da der Zwangsverwalter das Grundstück hier weder vermietet noch verpachtet, sondern das sich auf dem Grundstück befindliche Biomassekraftwerk fortgeführt hat, kommt von vornherein nur eine entsprechende Anwendung des § 18 ZwVwV in Betracht. Die Voraussetzungen einer Analogie liegen jedoch nicht vor, da es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.
Wie die Vorschrift des § 19 ZwVwV zeigt, hat der Verordnungsgeber für den Fall, dass die Vorschrift des § 18 ZwVwV nicht eingreift, eine ausdrückliche Regelung getroffen. Maßgeblich ist insoweit nämlich eine Vergütung nach Zeitaufwand, wobei unterschiedliche Stundensätze heranzuziehen sind. Erzielt der Verwalter Einnahmen außerhalb einer Vermietung oder Verpachtung, kommt es für die Berechnung der Vergütung auf diese Einnahmen nicht an. Vielmehr sieht § 19 ZwVwV insoweit als abschließende Regelung eine Berechnung nach Stundensätzen vor. Der Verordnungsgeber hat auch nicht übersehen, dass Erträgnisse im Zusammenhang mit einem Grundstück nicht nur aus einer Vermietung oder Verpachtung gezogen werden können, sondern auch durch sonstige Verwertungsmaßnahmen.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
Zwangsverwalter: Vergütungsabrechnung
BGH vom 27.05.2021 - V ZB 152/18
MDR 2021, 1091
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Der Zwangsverwalter wurde in einem auf Antrag der Gläubigerin im Jahr 2018 angeordneten Zwangsverwaltungsverfahren über den Grundbesitz der Schuldnerin zum Verwalter bestellt. Auf dem Grundstück befindet sich ein Biomassekraftwerk, das der Zwangsverwalter weiter betrieb. Für seine Tätigkeit vom 1.1. bis 31.12.2020 beantragte er die Festsetzung einer Vergütung i.H.v. rd. 240.000 € und legte hierbei unter Hinweis auf § 18 Abs. 1 ZwVwV eine Regelvergütung von 12 % der von ihm erzielten Einnahmen und von 2,4 % im Hinblick auf vertraglich geschuldete, aber nicht eingezogene Forderungen nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zugrunde.
Das AG setzte die Vergütung antragsgemäß fest. Hiergegen legten die Schuldnerin und die Gläubigerin sofortige Beschwerde ein. Bereits zuvor war über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und eine Insolvenzverwalterin bestellt worden. Das LG hob den Beschluss des AG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte der Zwangsverwalter die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen. Die Gläubigerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Die Rechtsbeschwerde des Zwangsverwalters gegenüber der Gläubigerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde hat insoweit Erfolg, als das LG nicht - wie geboten - die Beschwerde der Schuldnerin als unzulässig verworfen hat. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet, weil das LG der Beschwerde der Gläubigerin zu Recht stattgegeben hat.
Führt der Zwangsverwalter auf dem beschlagnahmten Grundstück einen Gewerbetrieb fort, bemisst sich seine Vergütung gem. § 19 Abs. 1 ZwVwV nach Zeitaufwand. Eine Abrechnung auf der Grundlage eines Prozentsatzes der erzielten Einnahmen und der nicht eingezogenen Forderungen scheidet demgegenüber aus. § 18 Abs. 1 ZwVwV gilt nur bei der Nutzung des Grundstücks durch Vermieten und Verpachten und findet bei der Fortführung eines Gewerbebetriebs keine entsprechende Anwendung.
Gem. § 18 Abs. 1 ZwVwV erhält der Verwalter bei der Zwangsverwaltung von Grundstücken, die durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, als Vergütung in der Regel 10 % des für den Zeitraum der Verwaltung an Mieten oder Pachten eingezogenen Bruttobetrags. Für vertraglich geschuldete, nicht eingezogene Mieten oder Pachten erhält er 20 % der Vergütung, die er erhalten hätte, wenn diese Mieten eingezogen worden wären. Nach Absatz 2 der Vorschrift kann der in Absatz 1 Satz 1 genannte Prozentsatz bis auf 5 vermindert oder bis auf 15 angehoben werden, wenn sich im Einzelfall ein Missverhältnis zwischen der Tätigkeit des Verwalters und der Vergütung nach Absatz 1 ergibt. Da der Zwangsverwalter das Grundstück hier weder vermietet noch verpachtet, sondern das sich auf dem Grundstück befindliche Biomassekraftwerk fortgeführt hat, kommt von vornherein nur eine entsprechende Anwendung des § 18 ZwVwV in Betracht. Die Voraussetzungen einer Analogie liegen jedoch nicht vor, da es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.
Wie die Vorschrift des § 19 ZwVwV zeigt, hat der Verordnungsgeber für den Fall, dass die Vorschrift des § 18 ZwVwV nicht eingreift, eine ausdrückliche Regelung getroffen. Maßgeblich ist insoweit nämlich eine Vergütung nach Zeitaufwand, wobei unterschiedliche Stundensätze heranzuziehen sind. Erzielt der Verwalter Einnahmen außerhalb einer Vermietung oder Verpachtung, kommt es für die Berechnung der Vergütung auf diese Einnahmen nicht an. Vielmehr sieht § 19 ZwVwV insoweit als abschließende Regelung eine Berechnung nach Stundensätzen vor. Der Verordnungsgeber hat auch nicht übersehen, dass Erträgnisse im Zusammenhang mit einem Grundstück nicht nur aus einer Vermietung oder Verpachtung gezogen werden können, sondern auch durch sonstige Verwertungsmaßnahmen.
Rechtsprechung:
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BGH vom 27.05.2021 - V ZB 152/18
MDR 2021, 1091
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