Versicherungsrecht: Entschädigung eines sturmbedingt beschädigten Gartentores
OLG Saarbrücken v. 17.2.2023, 5 U 30/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung. Versichert ist das Hausanwesen u.a. gegen die Gefahren "Sturm und Hagel". Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten (VGB 2000/Wohnfläche, Stand: 1.1.2008, Anlage B1 - VGB) zugrunde. Am 23.9.2018 war es im Bereich des versicherten Anwesens zu einem bedingungsgemäßen Sturmereignis gekommen. Dabei wurde das rechte Torelement des Gartentores aus dem Scharnier gerissen.
Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige nahm eine Ortsbesichtigung vor und bezifferte die schadensbedingten Reparaturkosten auf 1.499 € brutto. Die Beklagte wies daraufhin wegen der Beschädigung des Gartentores unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Selbstbehaltes von 300 € einen Betrag i.H.v. 749 € als Zeitwertschaden zur Auszahlung an. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass das Gartentor instandgesetzt worden sei, zahlte die Beklagte einen Betrag von 449 € als Neuwertspitze aus, weitere Leistungen lehnte sie ab.
Die Klägerin forderte weitere 3.290 € für das beschädigte Gartentor. Sie war der Ansicht, es sei außer dem anlässlich des Sturmereignisses herausgerissenen rechten Flügel auch eine Erneuerung des linken Flügels des Tores erforderlich gewesen, da beide Flügel mit weißen Brettern gefüllt gewesen seien und nur so ein einheitliches Erscheinungsbild hergestellt werden könne. Die Bretter seien stets gestrichen worden, das Gartentor habe nicht unter Verschleiß gelitten, die Farbe sei insgesamt durch den Sturm und herumfliegende Gegenstände und Äste abgeblättert. Die beklagte verweigerte die Zahlung.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG das Urteil abgeändert und der Klage teilweise stattgegeben.
Die Gründe:
Die Klägerin hat wegen des Versicherungsfalls und der dadurch hervorgerufenen Beschädigungen am Gartentor einen vertraglichen Anspruch auf Entschädigung i.H.v. weiteren 950 €.
Entgegen der Rechtsansicht des LG, hat die Klägerin auch einen Anspruch auf die gesamten Kosten der Beschaffung eines neuen Tores und nicht lediglich eines einzelnen Torflügels. Lassen - wie hier - wirtschaftliche Gesichtspunkte eine "Reparatur" durch den Austausch der gesamten beschädigten Sache vorzugswürdig erscheinen, weil die Wiederherstellung allein der beschädigten Einzelteile mit höheren Kosten verbunden wäre, so müssen dann auch die gesamten - insgesamt niedrigeren - Kosten für diesen Austausch vom Versicherer ersetzt werden und nicht lediglich Teile davon. Auch das folgt aus dem vertraglichen Leistungsversprechen der Beklagten, das bei einer "Beschädigung" versicherter Sachen - von der auch in einem Fall wie dem vorliegenden auszugehen ist - den Ersatz der "notwendigen Reparaturkosten, höchstens jedoch den Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles" verspricht.
Die vertragliche Begrenzung der Reparaturkosten auf den Neuwert, die die Beklagte hier für sich beansprucht und die auch die Berechnung des Sachverständigen richtigerweise zugrunde legt, fußt auf der Erwägung, dass ein ordentlicher Kaufmann, wenn er nicht gerade unter Kapitalmangel leidet, die Sache dann nicht reparieren, sondern eine neue Sache erwerben würde. Dementsprechend bilden die Kosten der Anschaffung einer neuen Sache - und nicht lediglich von Teilen einer solchen - die Höchstgrenze, bis zu der die Beklagte Erstattung der Reparaturkosten schuldet, ggf. abzüglich etwaiger Restwerte, zu denen hier jedoch nichts dargetan oder ersichtlich ist. Die davon zu unterscheidende und streitig diskutierte Frage, ob es der Klägerin zuzumuten wäre, im Falle einer Reparatur - nur - des beschädigten Torflügels verbleibende Abweichungen insbesondere der Farbe zum möglicherweise unbeschädigt gebliebenen weiteren Torflügel hinzunehmen, stellt sich dagegen unter solchen Umständen von vornherein nicht.
Der Höhe nach beläuft sich der von der Beklagten zu ersetzende sturmbedingte Schaden auf insgesamt 2.450 € (brutto); nach Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung von 300 € und der bereits geleisteten Zahlungen (§ 362 Abs. 1 BGB) verbleibt ein erstattungsfähiger Betrag i.H.v. 950 € zur Leistung offen.
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Rechtsprechung
Wohngebäudeversicherung: Auslegung des Begriffes "Erdrutsch"
BGH vom 09.11.2022 - IV ZR 62/22
MDR 2023, 40
Bürgerservice Saarland
Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung. Versichert ist das Hausanwesen u.a. gegen die Gefahren "Sturm und Hagel". Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten (VGB 2000/Wohnfläche, Stand: 1.1.2008, Anlage B1 - VGB) zugrunde. Am 23.9.2018 war es im Bereich des versicherten Anwesens zu einem bedingungsgemäßen Sturmereignis gekommen. Dabei wurde das rechte Torelement des Gartentores aus dem Scharnier gerissen.
Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige nahm eine Ortsbesichtigung vor und bezifferte die schadensbedingten Reparaturkosten auf 1.499 € brutto. Die Beklagte wies daraufhin wegen der Beschädigung des Gartentores unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Selbstbehaltes von 300 € einen Betrag i.H.v. 749 € als Zeitwertschaden zur Auszahlung an. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass das Gartentor instandgesetzt worden sei, zahlte die Beklagte einen Betrag von 449 € als Neuwertspitze aus, weitere Leistungen lehnte sie ab.
Die Klägerin forderte weitere 3.290 € für das beschädigte Gartentor. Sie war der Ansicht, es sei außer dem anlässlich des Sturmereignisses herausgerissenen rechten Flügel auch eine Erneuerung des linken Flügels des Tores erforderlich gewesen, da beide Flügel mit weißen Brettern gefüllt gewesen seien und nur so ein einheitliches Erscheinungsbild hergestellt werden könne. Die Bretter seien stets gestrichen worden, das Gartentor habe nicht unter Verschleiß gelitten, die Farbe sei insgesamt durch den Sturm und herumfliegende Gegenstände und Äste abgeblättert. Die beklagte verweigerte die Zahlung.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG das Urteil abgeändert und der Klage teilweise stattgegeben.
Die Gründe:
Die Klägerin hat wegen des Versicherungsfalls und der dadurch hervorgerufenen Beschädigungen am Gartentor einen vertraglichen Anspruch auf Entschädigung i.H.v. weiteren 950 €.
Entgegen der Rechtsansicht des LG, hat die Klägerin auch einen Anspruch auf die gesamten Kosten der Beschaffung eines neuen Tores und nicht lediglich eines einzelnen Torflügels. Lassen - wie hier - wirtschaftliche Gesichtspunkte eine "Reparatur" durch den Austausch der gesamten beschädigten Sache vorzugswürdig erscheinen, weil die Wiederherstellung allein der beschädigten Einzelteile mit höheren Kosten verbunden wäre, so müssen dann auch die gesamten - insgesamt niedrigeren - Kosten für diesen Austausch vom Versicherer ersetzt werden und nicht lediglich Teile davon. Auch das folgt aus dem vertraglichen Leistungsversprechen der Beklagten, das bei einer "Beschädigung" versicherter Sachen - von der auch in einem Fall wie dem vorliegenden auszugehen ist - den Ersatz der "notwendigen Reparaturkosten, höchstens jedoch den Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles" verspricht.
Die vertragliche Begrenzung der Reparaturkosten auf den Neuwert, die die Beklagte hier für sich beansprucht und die auch die Berechnung des Sachverständigen richtigerweise zugrunde legt, fußt auf der Erwägung, dass ein ordentlicher Kaufmann, wenn er nicht gerade unter Kapitalmangel leidet, die Sache dann nicht reparieren, sondern eine neue Sache erwerben würde. Dementsprechend bilden die Kosten der Anschaffung einer neuen Sache - und nicht lediglich von Teilen einer solchen - die Höchstgrenze, bis zu der die Beklagte Erstattung der Reparaturkosten schuldet, ggf. abzüglich etwaiger Restwerte, zu denen hier jedoch nichts dargetan oder ersichtlich ist. Die davon zu unterscheidende und streitig diskutierte Frage, ob es der Klägerin zuzumuten wäre, im Falle einer Reparatur - nur - des beschädigten Torflügels verbleibende Abweichungen insbesondere der Farbe zum möglicherweise unbeschädigt gebliebenen weiteren Torflügel hinzunehmen, stellt sich dagegen unter solchen Umständen von vornherein nicht.
Der Höhe nach beläuft sich der von der Beklagten zu ersetzende sturmbedingte Schaden auf insgesamt 2.450 € (brutto); nach Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung von 300 € und der bereits geleisteten Zahlungen (§ 362 Abs. 1 BGB) verbleibt ein erstattungsfähiger Betrag i.H.v. 950 € zur Leistung offen.
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