17.08.2020

Versorgungsausgleich: Statuswechsel zwischen Arbeitnehmer- und Unternehmereigenschaft

Bei einem Statuswechsel zwischen Arbeitnehmer- und Unternehmereigenschaft richten sich der Insolvenzschutz des Betriebsrentengesetzes und damit auch die versorgungsausgleichsrechtliche Einordnung des Anrechts danach, inwieweit die versprochene Versorgung zeitanteilig auf den jeweils eingenommenen Status entfällt. Das Pfandrecht des ausgleichspflichtigen Ehegatten an den Rechten aus einer Rückdeckungsversicherung ist anteilig dem ausgleichsberechtigten Ehegatten zuzuordnen, und zwar im Umfang des zum Ehezeitende bestehenden Deckungsgrads am Ehezeitanteil.

BGH v. 15.7.2020 - XII ZB 363/19
Der Sachverhalt:
Auf Antrag von August 2014 hat das AG - Familiengericht - die 1999 geschlossene Ehe des antragstellenden Ehemanns und der Ehefrau (Antragsgegnerin) geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1999 bis 2014) erwarb die Ehefrau ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ehezeitanteil von 8,9964 Entgeltpunkten sowie ein Anrecht in der berufsständischen Versorgung mit einem Ehezeitanteil von 215,85 € mtl. Der Ehemann erwarb als Gesellschafter-Geschäftsführer der K-GmbH (Beteiligte) ein endgehaltbezogenes Anrecht, dessen Kapitalwert zum Ende der Ehezeit rd. 1,2 Mio. € betrug. Der Ehezeitanteil dieses Anrechts beträgt rd. 530.000 € mit einem nach Abzug von Teilungskosten vorgeschlagenen Ausgleichswert von rd. 260.000 €. Für das Anrecht bestehen drei Rückdeckungsversicherungen bei der A. Lebensversicherung AG. Die Ansprüche daraus wurden an den Ehemann verpfändet; das Kündigungsrecht wurde an ihn abgetreten. Der Rückkaufswert der Versicherung mit der Endziffer -001 betrug zum 1.1.2015: rd. 90.000 €, der Versicherung mit der Endziffer -002: rd. 180.000 € und der Endziffer -003: rd. 74.000 €.

Im Zeitpunkt der Begründung der Versorgungszusage hielt der Ehemann einen Geschäftsanteil von 20 % des Stammkapitals der GmbH ohne Stimmrecht, seit Anfang 2013 einen Geschäftsanteil von 49 % mit einem Stimmrecht von 20 %. Vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) ist er nicht befreit. Die weiteren Geschäftsanteile an der GmbH halten sein Bruder (zuletzt 49 % des Stammkapitals bei 32 % Stimmenanteil) und sein Vater (zuletzt 2 % des Stammkapitals bei 48 % Stimmenanteil). Das AG teilte in dem Verbundverfahren die ehezeitlichen Anrechte der Ehefrau intern. Den Ehezeitanteil des Anrechts des Ehemanns teilte es ebenfalls intern, und zwar "nach Maßgabe der Versorgungszusagen vom 18.12.1997 mit Nachtrag vom 27.12.2005 sowie der Verpfändungsvereinbarung vom 28.1.1998 sowie den Nachträgen zur Verpfändungsvereinbarung vom 28.1.1998 und 19.6.2000 zwischen der K. GmbH und dem Antragsteller bestehenden Pfand- und Sicherungsrechte". Weiter ordnete es an, dass in Höhe des Ausgleichswerts das bei der A. Lebensversicherung AG als Trägerin der Rückdeckungsversicherungen bestehende Deckungskapital aus den Vers.-Nrn. -001, -002 und -003 dem auf die Antragsgegnerin übertragenen Anrecht zugeordnet wird. Wegen des noch verfallbaren Teils der endgehaltsbezogenen Altersversorgung behielt es den Wertausgleich nach der Scheidung vor.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich legten der Ehemann und die K-GmbH Beschwerde ein, mit der sie sich gegen die Absicherung des zu übertragenden Ausgleichswerts durch Zuordnung von Deckungskapital aus der Rückdeckungsversicherung wenden. Das OLG fasste die Beschlussformel unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerden neu und teilte das betriebliche Anrecht des Ehemanns "nach Maßgabe der Versorgungszusagen der K-GmbH vom 18.12.1997 mit Nachtrag vom 27.12.2005 sowie der Verpfändungsvereinbarungen vom 28.1.1998 und vom 19.6.2000 i.V.m. den Abtretungserklärungen über das Kündigungsrecht vom 26.10.2012 und dem Beschluss über die Durchführung eines Versorgungsausgleichs der K-GmbH vom 11.11.2014" intern. Weiter ordnete es an, dass das bei der A. Lebensversicherung AG unter den Vers.- Nrn. -001, -002 und -003 bestehende Deckungskapital i.H.v. rd. 145.000 € der Antragsgegnerin zugeordnet wird, wobei 25,72 % hiervon auf die Versicherung mit der Endziffer -001 entfallen, 52,43 % auf die mit der Endziffer -002 und 21,85 % auf die mit der Endziffer -003.

Auf die hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerden des Ehemanns und der K-GmbH hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Das OLG ist Ansatzpunkt noch zutreffend davon ausgegangen, dass die Ausgleichsfähigkeit ebenso wie die Bewertung des in Rede stehenden Anrechts maßgeblich davon abhängen, inwieweit es in Unternehmereigenschaft oder in Arbeitnehmereigenschaft erworben worden ist. Nur in letzterem Fall handelt es sich nämlich um ein Anrecht nach dem Betriebsrentengesetz (vgl. § 17 Abs. 1 BetrAVG), woran die Vorschriften der §§ 2 Abs. 2 Nr. 3 und 45 VersAusglG anknüpfen. Bei einem Statuswechsel zwischen Arbeitnehmereigenschaft und Unternehmereigenschaft richten sich der Insolvenzschutz des Betriebsrentengesetzes und damit auch die versorgungsausgleichsrechtliche Einordnung des Anrechts danach, inwieweit die versprochene Versorgung zeitanteilig auf den jeweils eingenommenen Status entfällt. Zutreffend ist das OLG auch für die Zeit bis zum 31.12.2012, in der der Vater des Ehemanns allein über die absolute Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung verfügte, von einer Arbeitnehmereigenschaft des Ehemanns ausgegangen. Dementsprechend unterfiel das in dieser Zeit erworbene Anrecht der Bewertungsregel des § 45 VersAusglG.

Ebenso zutreffend hat das OLG angenommen, dass der Ehemann am 1.1.2013 einen Statuswechsel vollzogen und sein Anrecht seither in Unternehmereigenschaft ausgebaut hat. Nicht gefolgt werden kann dem OLG hingegen in der Auffassung, auch auf ein in Unternehmereigenschaft erdientes und hinreichend verfestigtes Anrecht sei die Sondervorschrift des § 45 VersAusglG anzuwenden. Denn die Sondervorschrift gilt nur für Anrechte nach dem Betriebsrentengesetz. Sie nimmt mit der wahlweisen Bewertungsmöglichkeit als Rentenbetrag nach § 2 BetrAVG oder als Kapitalwert nach § 4 Abs. 5 BetrAVG auf arbeitnehmerbezogene Sondervorschriften Bezug, die für ein in Unternehmereigenschaft erdientes Anrecht keine Geltung haben. Es entspricht daher der ganz überwiegenden Auffassung, dass die in Unternehmereigenschaft gewährten Direktzusagen nicht der Bewertungsregel des § 45 Abs. 1 VersAusglG unterfallen, sondern der allgemeinen Regel des § 5 Abs. 1 VersAusglG, so dass bei der Zusage einer Rentenleistung diese als Bezugsgröße anzunehmen und nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 39 bis 42 VersAusglG zu bewerten ist.

Der angefochtene Beschluss konnte daher keinen Bestand haben. Für die Zeit vor und nach dem Statuswechsel ist jeweils eine getrennte Anrechtsbewertung zum einen nach § 45 Abs. 1 VersAusglG und zum anderen nach §§ 5, 39 bis 42 VersAusglG vorzunehmen sowie dann das Anrecht nach den für die verschiedenen Zeitabschnitte jeweils maßgeblichen Bezugsgrößen zu teilen. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nach der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VersAusglG, nach der für die ausgleichsberechtigte Person ein entsprechend gesichertes Anrecht übertragen wird, grundsätzlich alle bestehenden Sicherheiten anteilig auch für das zu übertragende Recht begründet werden müssen. Das betrifft im vorliegenden Fall auch das den Insolvenzschutz flankierende Pfandrecht des Ehemanns an den Ansprüchen der Beteiligten aus der Rückdeckungsversicherung. Dieses Pfandrecht ist anteilig der Ehefrau zwecks Besicherung ihres durch den Versorgungsausgleich erworbenen Anrechts zuzuordnen, und zwar in einem Verhältnis, das dem Quotienten zwischen dem Ausgleichswert und dem gesamten Wert des Anrechts entspricht.

Zutreffend ist das OLG insoweit davon ausgegangen, dass der nach § 11 VersAusglG zu übertragende Insolvenzschutz nur in dem Umfang bestand, in dem ein den Ehezeitanteil besicherndes Deckungskapital im Zeitpunkt des Ehezeitendes tatsächlich gebildet war. Die Bewertungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG, wonach rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, zu berücksichtigen sind, kommt hier nicht zum Tragen, weil das Pfandrecht an der Rückdeckungsversicherung keinen nach dieser Vorschrift zu bewertenden Teilungsgegenstand des Versorgungsausgleichs darstellt, sondern lediglich ein akzessorisches Sicherungsmittel i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG, soweit es bei Ehezeitende tatsächlich bestand. Sind wie hier aufgrund Statuswechsels zeitlich getrennt zu bewertende Versorgungsanrechte von den bestehenden Pfandrechten anteilig besichert, ist die Sicherheit dementsprechend anteilig zuzuordnen, was in der Beschlussformel auszusprechen ist. Insoweit hält der Senat es in Übereinstimmung mit der Gesetzesbegründung weiterhin für sachdienlich, wenn das den Insolvenzschutz verkörpernde Deckungskapital der Rückdeckungsversicherung in entsprechender Höhe dem Ausgleichswert zugeordnet wird.
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