Verstoß gegen Übermaßgebot bei Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf Mieter
AG Hamburg v. 26.10.2022 - 49 C 150/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte dem Beklagten Anfang 2013 eine im 1. OG gelegenen 4-1/2-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von etwa 143 m² vermietet. Nach § 17 des Mietvertrages war der Beklagte verpflichtet, während der Mietzeit die laufenden Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung auszuführen. Diese beinhaltete das Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Pflegen und Reinigen der Fußböden, das Streichen der Innentüren, der Fenster und der Außentüren von innen sowie das Streichen der Heizkörper und Versorgungsleitungen innerhalb der Wohnung. Die Arbeiten waren handwerksgerecht auszuführen. Laut § 12 des Mietvertrages belief sich die Kaution auf 5.970 €.
In den letzten neun Monaten des Mietverhältnisses, das am 30.4.2021 endete, zahlte der Kläger weniger Miete. Insoweit bestand ein Mietrückstand bei Mietende i.H.v. 157 €. Im Übrigen monierte der Kläger bei der Rückgabe den Zustand von Türen und Zargen in Bad und Schlafzimmer, eine defekte sowie zerbrochene Scheibe in der Badezimmertür sowie im Fenster zum hinteren Lichtschacht, einen Defekt der Duschabtrennung, eine Verkalkung des Marmorwaschtisches, Klebereste auf den Fliesen, eine Beschädigung an der Arbeitsplatte in der Küche, ein zerbrochenes Metallfettgitter bei der Dunstabzugshaube, das Fehlen von Rosten und Gemüseschale im Kühlschrank, ein verdreckter Backofen bei dem Backblech sowie Backrost ersetzt werden mussten, starke Schäden im Parkett in den vorderen beiden Zimmern sowie das Fehlen der Durchführung von Schönheitsreparaturen.
Der Kläger forderte gerichtlich die Zahlung von rund 15.978 €. Dieser forderte widerklagend die Kaution zurück. Das AG verurteilte den Kläger und Widerbeklagten dazu, an den Beklagten und Widerkläger 5.091 € zu zahlen. Im Übrigen wurde die Widerklage ebenso wie die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Ein Anspruch des Klägers wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen, entsprechend den Kosten der angefallenen Malerarbeiten bestand nicht, da der Beklagte nicht verpflichtet gewesen ist, die Wohnung während des laufenden Mietverhältnisses zu streichen. Nach § 535 Abs. 1 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand bei Mietbeginn zu überlassen und diesen vertragsgemäßen Gebrauch während des Mietverhältnisses zu erhalten. Dementsprechend schreibt § 538 BGB vor, dass die Folgen der vertragsgemäßen Nutzung zu Lasten des Vermieters gehen und insoweit ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter nicht besteht.
Eine wirksame Abwälzung von laufenden Schönheitsreparaturen ist vorliegend auf den Beklagten mietvertraglich nicht erfolgt. Einer entsprechenden wirksamen Abwälzung stand zum einen entgegen, dass aus der Klausel nicht hinreichend deutlich wird, dass die Fenster nur von innen zu streichen sind, ferner stand der wirksamen Abwälzung unabhängig davon ebenfalls entgegen, dass der Mieter mietvertraglich auch zum Streichen der Versorgungsleitungen verpflichtet wurde.
Die gegenständliche Beschränkung des Begriffes der Schönheitsreparaturen auf die in § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. BV aufgeführten Arbeiten ergibt sogleich den Maßstab der Klauselkontrolle und markiert auf diese Weise die Grenze dafür, welche Arbeiten dem Mieter in einer Klausel über dessen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt werden dürfen. Auch nur geringfügige Überschreitungen des Rahmens des § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV verstoßen gegen das Übermaßgebot und führen zur Unwirksamkeit der mietvertraglichen Abwälzung. Versorgungsleitungen sind dort nicht genannt worden.
Eine hinreichende Fristsetzung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen setzt voraus, dass spezifiziert aufgeführt wird, warum der Mieter welche Arbeiten vornehmen soll. Daran fehlt es, wenn der Mieter nur allgemein zur Durchführung von Schönheitsreparaturen aufgefordert wird, da er dem Schreiben insoweit nicht entnehmen kann, welche Arbeiten im Einzelnen von ihm verlangt werden und was an den von ihm bereits ggf. durchgeführten Arbeiten konkret beanstandet wird. Dabei vermag das Vorhandensein von Dübeln und Bohrlöchern nicht eine Renovierungsverpflichtung zu begründen, da der Mieter schon nicht zum Entfernen der Dübel und Verschließen der Bohrlöcher verpflichtet ist, soweit sich dieses im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauches bewegt.
Eine Klausel nach der die vorhandenen Elektrogeräte, wie z. B. Herd mit Backofen und Cerankochfeld, Kühlschrank, Wrasenabzug, Mikrowelle, Geschirrspülmaschine nicht mit vermietet, dem Mieter aber zu Nutzung überlassen werden, wobei Reparaturen und/oder Erneuerungen der Elektrogeräte nicht in die Verantwortung des Vermieters fallen und eventuell anfallende Kosten die Mieter zu tragen haben, schließt einen Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Beschädigungen aus. Zudem ist nach einer Nutzungsdauer von etwa 15 Jahren davon auszugehen, dass das Parkett abgeschliffen und neu lackiert hätte werden müssen, so dass der vom Vermieter auszuschließende Abzug Neu für Alt einem Ersatzanspruch bereits entgegensteht. Ob dies bei einem vorzeitigen Abschliff ebenfalls anzunehmen wäre, konnte hier dahinstehen.
Eine Abrechnung der Positionen "Beleuchtung/Kabel" sowie "Warmwasser- und Rauchwarnmelderwartung" ist als unzulässige Vermischung von Kostenarten formell teilunwirksam. Für die Beurteilung der formellen Ordnungsgemäßheit der Abrechnung kommt es nicht darauf an, ob der Mieter durch Einsichtnahme in die Belege hätte ermitteln können, welche Einzelpositionen sich hinter der Sammelposition tatsächlich verbergen.
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Landesrecht Hamburg
Der Kläger hatte dem Beklagten Anfang 2013 eine im 1. OG gelegenen 4-1/2-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von etwa 143 m² vermietet. Nach § 17 des Mietvertrages war der Beklagte verpflichtet, während der Mietzeit die laufenden Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung auszuführen. Diese beinhaltete das Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Pflegen und Reinigen der Fußböden, das Streichen der Innentüren, der Fenster und der Außentüren von innen sowie das Streichen der Heizkörper und Versorgungsleitungen innerhalb der Wohnung. Die Arbeiten waren handwerksgerecht auszuführen. Laut § 12 des Mietvertrages belief sich die Kaution auf 5.970 €.
In den letzten neun Monaten des Mietverhältnisses, das am 30.4.2021 endete, zahlte der Kläger weniger Miete. Insoweit bestand ein Mietrückstand bei Mietende i.H.v. 157 €. Im Übrigen monierte der Kläger bei der Rückgabe den Zustand von Türen und Zargen in Bad und Schlafzimmer, eine defekte sowie zerbrochene Scheibe in der Badezimmertür sowie im Fenster zum hinteren Lichtschacht, einen Defekt der Duschabtrennung, eine Verkalkung des Marmorwaschtisches, Klebereste auf den Fliesen, eine Beschädigung an der Arbeitsplatte in der Küche, ein zerbrochenes Metallfettgitter bei der Dunstabzugshaube, das Fehlen von Rosten und Gemüseschale im Kühlschrank, ein verdreckter Backofen bei dem Backblech sowie Backrost ersetzt werden mussten, starke Schäden im Parkett in den vorderen beiden Zimmern sowie das Fehlen der Durchführung von Schönheitsreparaturen.
Der Kläger forderte gerichtlich die Zahlung von rund 15.978 €. Dieser forderte widerklagend die Kaution zurück. Das AG verurteilte den Kläger und Widerbeklagten dazu, an den Beklagten und Widerkläger 5.091 € zu zahlen. Im Übrigen wurde die Widerklage ebenso wie die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Ein Anspruch des Klägers wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen, entsprechend den Kosten der angefallenen Malerarbeiten bestand nicht, da der Beklagte nicht verpflichtet gewesen ist, die Wohnung während des laufenden Mietverhältnisses zu streichen. Nach § 535 Abs. 1 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand bei Mietbeginn zu überlassen und diesen vertragsgemäßen Gebrauch während des Mietverhältnisses zu erhalten. Dementsprechend schreibt § 538 BGB vor, dass die Folgen der vertragsgemäßen Nutzung zu Lasten des Vermieters gehen und insoweit ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter nicht besteht.
Eine wirksame Abwälzung von laufenden Schönheitsreparaturen ist vorliegend auf den Beklagten mietvertraglich nicht erfolgt. Einer entsprechenden wirksamen Abwälzung stand zum einen entgegen, dass aus der Klausel nicht hinreichend deutlich wird, dass die Fenster nur von innen zu streichen sind, ferner stand der wirksamen Abwälzung unabhängig davon ebenfalls entgegen, dass der Mieter mietvertraglich auch zum Streichen der Versorgungsleitungen verpflichtet wurde.
Die gegenständliche Beschränkung des Begriffes der Schönheitsreparaturen auf die in § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. BV aufgeführten Arbeiten ergibt sogleich den Maßstab der Klauselkontrolle und markiert auf diese Weise die Grenze dafür, welche Arbeiten dem Mieter in einer Klausel über dessen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt werden dürfen. Auch nur geringfügige Überschreitungen des Rahmens des § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV verstoßen gegen das Übermaßgebot und führen zur Unwirksamkeit der mietvertraglichen Abwälzung. Versorgungsleitungen sind dort nicht genannt worden.
Eine hinreichende Fristsetzung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen setzt voraus, dass spezifiziert aufgeführt wird, warum der Mieter welche Arbeiten vornehmen soll. Daran fehlt es, wenn der Mieter nur allgemein zur Durchführung von Schönheitsreparaturen aufgefordert wird, da er dem Schreiben insoweit nicht entnehmen kann, welche Arbeiten im Einzelnen von ihm verlangt werden und was an den von ihm bereits ggf. durchgeführten Arbeiten konkret beanstandet wird. Dabei vermag das Vorhandensein von Dübeln und Bohrlöchern nicht eine Renovierungsverpflichtung zu begründen, da der Mieter schon nicht zum Entfernen der Dübel und Verschließen der Bohrlöcher verpflichtet ist, soweit sich dieses im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauches bewegt.
Eine Klausel nach der die vorhandenen Elektrogeräte, wie z. B. Herd mit Backofen und Cerankochfeld, Kühlschrank, Wrasenabzug, Mikrowelle, Geschirrspülmaschine nicht mit vermietet, dem Mieter aber zu Nutzung überlassen werden, wobei Reparaturen und/oder Erneuerungen der Elektrogeräte nicht in die Verantwortung des Vermieters fallen und eventuell anfallende Kosten die Mieter zu tragen haben, schließt einen Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Beschädigungen aus. Zudem ist nach einer Nutzungsdauer von etwa 15 Jahren davon auszugehen, dass das Parkett abgeschliffen und neu lackiert hätte werden müssen, so dass der vom Vermieter auszuschließende Abzug Neu für Alt einem Ersatzanspruch bereits entgegensteht. Ob dies bei einem vorzeitigen Abschliff ebenfalls anzunehmen wäre, konnte hier dahinstehen.
Eine Abrechnung der Positionen "Beleuchtung/Kabel" sowie "Warmwasser- und Rauchwarnmelderwartung" ist als unzulässige Vermischung von Kostenarten formell teilunwirksam. Für die Beurteilung der formellen Ordnungsgemäßheit der Abrechnung kommt es nicht darauf an, ob der Mieter durch Einsichtnahme in die Belege hätte ermitteln können, welche Einzelpositionen sich hinter der Sammelposition tatsächlich verbergen.
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