04.08.2021

Vertretung von beklagten Wohnungseigentümern: Wann sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte zu erstatten?

Ein mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängender Grund i.S.v. § 50 WEG a.F., der eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Rechtsanwälte rechtfertigt, liegt nicht deshalb vor, weil ein einzelner Wohnungseigentümer über die Mehrheit der Stimmen verfügt und den angefochtenen Beschluss gegen die Stimmen aller übrigen Wohnungseigentümer herbeigeführt hat.

BGH v. 1.7.2021 - V ZB 55/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf den Beklagten zu 2 entfällt die Mehrheit der Stimmanteile. Die Kläger beabsichtigten, auf ihrer Sondernutzungsfläche im Garten einen Brunnen anzulegen. Ihr auf Zustimmung zu dieser Maßnahme gerichteter Beschlussantrag wurde allein aufgrund der Gegenstimme des Beklagten zu 2 abgelehnt. Gegen den Negativbeschluss wandten sich die Kläger mit der Anfechtungsklage, verbunden mit einem Antrag auf Beschlussersetzung. Die Verwalterin beauftragte mit der Vertretung der übrigen Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt, der dem Gericht die Verteidigungsbereitschaft anzeigte. Der Beklagte zu 2 beauftragte seinerseits einen Rechtsanwalt, der ihn anschließend in dem Verfahren vertrat.

Das AG wies die Klage ab und legte den Klägern die Kosten des Rechtsstreits auf. Die Beschwerde des Beklagten zu 2 ist erfolglos geblieben. Der BGH gab der dagegen erhobenen Rechtsbeschwerde nur in geringem Umfang statt.

Die Gründe:
Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Rechtsanwälte nicht geboten war. Da das Verfahren schon vor dem 1.12.2020 anhängig war, ist § 50 WEG a.F. anzuwenden (§ 48 Abs. 5 WEG). Nach dieser Bestimmung sind Wohnungseigentümern zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. Solche sachbezogenen Gründe zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf, und sie sind auch nicht ersichtlich.

Die Beauftragung eines gemeinsamen Rechtsanwalts für die Verteidigung gegen eine Beschlussanfechtungsklage gemäß § 46 Abs. 1 WEG a.F. reicht grundsätzlich aus. Die Erstattungsfähigkeit ist i.d.R. auf diejenigen Kosten beschränkt, die bei gemeinsamer Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts entstanden wären. Denn in der Sache verfolgen die beklagten Wohnungseigentümer dasselbe Ziel, nämlich die Abwehr der von der Klägerseite erhobenen Einwendungen gegen die Wirksamkeit eines gefassten Beschlusses. Insbesondere reichen unterschiedliche Rechtsauffassungen der einzelnen beklagten Wohnungseigentümer nicht aus, um die Notwendigkeit einer Mehrfachvertretung zu begründen. Denn mit der Regelung sollte das Kostenrisiko für anfechtende Wohnungseigentümer begrenzt und gewährleistet werden, dass Wohnungseigentümer nicht wegen der Befürchtung von einer Klageerhebung Abstand nehmen, im Unterliegensfalle Kosten für eine Vielzahl von Rechtsanwälten erstatten zu müssen.

Daran gemessen liegt ein mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängender Grund i.S.v. § 50 WEG a.F., der eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Rechtsanwälte rechtfertigt, nicht deshalb vor, weil ein einzelner Wohnungseigentümer - wie hier - über die Mehrheit der Stimmen verfügt und den angefochtenen Beschluss gegen die Stimmen aller übrigen Wohnungseigentümer herbeigeführt hat. Die übrigen Wohnungseigentümer sind ohne Rücksicht auf ihr individuelles Abstimmungsverhalten Beklagte und verfolgen als solche dasselbe prozessuale Ziel wie der Mehrheitseigentümer. Dass sie - anders als der Mehrheitseigentümer - gegen den gefassten Beschluss gestimmt haben, reicht als Grund für eine Mehrfachvertretung nicht aus; der von dem Verwalter beauftragte Anwalt ist verpflichtet, auf eine Abweisung der Klage hinzuwirken, um dem Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer Geltung zu verschaffen
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