Vollstreckung von abgeänderten Umgangsvereinbarungen
OLG Karlsruhe v. 6.2.2024 - 5 WF 166/23
Der Sachverhalt:
Antragsteller und Antragsgegnerin sind Eltern eines 2020 geborenen Kindes, das bei der Mutter lebt. Beide hatten am 28.6.2022 eine Umgangsvereinbarung getroffen, nach der der Umgang des Vaters mit dem Kind an jedem Mittwoch von 16.30 bis 19.00 Uhr und in den geraden Kalenderwochen Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr stattfinden sollte. Erst bei Nachweis eines negativen Drogentests durch den Vater sollten Übernachtungen erfolgen. Die Vereinbarung wurde in der Anhörung mit Beschluss gerichtlich gebilligt.
Am 8.8.2023 beantragte die Mutter die Festsetzung von Ordnungsmitteln. Sie machte geltend, dass der Vater an drei Wochenenden das Kind nicht zur Übernachtung zurückgebracht habe, obwohl er keinen Drogentest nachgewiesen habe. Außerdem habe er das Kind mehrmals mit Abweichungen von mehr als einer Stunde nicht pünktlich zurückgebracht. Der Vater nahm hierzu keinerlei Stellung.
Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das Familiengericht ein Ordnungsgeld von insgesamt 500 € fest. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde machte der Vater geltend, die Verspätungen seien der Mutter jeweils mitgeteilt worden. Die Übernachtungen seien mit der Mutter abgestimmt worden, diese habe zugestimmt. Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Gründe für die Verspätungen seien nicht ausreichend dargelegt. Private Vereinbarungen der Eltern seien bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen, das Ordnungsgeld bei sechs Verstößen aber durchaus mäßig.
Das OLG hat den Beschluss abgeändert und ein Ordnungsgeld von 350 € festgesetzt. Im Übrigen hat es die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Gründe:
Zu Recht hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss gegen den Vater Ordnungsmittel festgesetzt. Dieser hat durch die Verspätungen schuldhaft gegen diese Umgangsregelung verstoßen.
Zwar hat nach § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG die Festsetzung eines Ordnungsmittels zu unterbleiben, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Solche Gründe waren hier aber hinsichtlich der Verspätungen nicht ersichtlich. Der Vortrag des Vaters zu den drei konkreten Terminen war nicht ausreichend. Eine weitere Stellungnahme ist trotz der Aufforderung, detailliert und gesondert zu jedem einzelnen der Vorfälle vorzutragen, nicht erfolgt.
Hinsichtlich der Übernachtungen hat die Mutter die vom Vater vorgetragenen jeweiligen Vereinbarungen der Eltern nicht bestritten. Auch wenn insoweit ein Verstoß gegen die gerichtlich im Kindeswohl gebilligte Umgangsvereinbarung vorlag, kam bei dieser Sachlage die Festsetzung von Ordnungsmitteln nicht in Betracht. Da die Eltern hier Inhaber des Umgangsbestimmungsrechts sind, können sie auch Regelungen in gerichtlich gebilligten Vereinbarungen einvernehmlich abändern, womit insoweit deren Vollstreckbarkeit entfällt.
Zwar ergibt sich aus § 156 Abs. 2 S. 2 FamFG, dass die Eltern nicht über das Umgangsrecht verfügungsbefugt i.S.d. § 36 Abs. 1 S. 1 FamFG sind. Dies betrifft jedoch nur den verfahrensrechtlichen Bereich, so dass es den Eltern nicht möglich ist, ohne gerichtliche Billigung eine vollstreckbare Regelung mit den Wirkungen des § 1696 BGB zu vereinbaren. In materiellrechtlicher Hinsicht sind die Eltern jedoch - jedenfalls soweit nicht Dritte betroffen sind - verfügungsbefugt, soweit ihnen nicht das Umgangsbestimmungsrecht entzogen ist. Letzteres erfolgt nicht, auch nicht konkludent, durch die gerichtliche Regelung des Umgangs. Zu Recht wurde darauf verwiesen, dass es weder gewollt noch praktisch realisierbar ist, dass sämtliche gerichtlichen Umgangsregelungen, die einmal getroffen wurden und nunmehr einvernehmlich anders gehandhabt werden sollen, bis zur Volljährigkeit des Kindes permanent nach § 1696 Abs. 1 BGB abgeändert werden müssen.
Bei der Höhe des Ordnungsgeldes war zu berücksichtigen, dass es sich nach dem unwidersprochenen Vortrag der Mutter und den Erklärungsversuchen des Vaters bei den Verspätungen um ein generelles Problem handelt. Dabei erschien der nunmehr festgesetzte Betrag von 350 € erforderlich, aber auch ausreichend, um den Vater zu einer verlässlichen Einhaltung der Umgangsregelungen anzuhalten.
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Landesrechtsprechung Baden-Württemberg
Antragsteller und Antragsgegnerin sind Eltern eines 2020 geborenen Kindes, das bei der Mutter lebt. Beide hatten am 28.6.2022 eine Umgangsvereinbarung getroffen, nach der der Umgang des Vaters mit dem Kind an jedem Mittwoch von 16.30 bis 19.00 Uhr und in den geraden Kalenderwochen Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr stattfinden sollte. Erst bei Nachweis eines negativen Drogentests durch den Vater sollten Übernachtungen erfolgen. Die Vereinbarung wurde in der Anhörung mit Beschluss gerichtlich gebilligt.
Am 8.8.2023 beantragte die Mutter die Festsetzung von Ordnungsmitteln. Sie machte geltend, dass der Vater an drei Wochenenden das Kind nicht zur Übernachtung zurückgebracht habe, obwohl er keinen Drogentest nachgewiesen habe. Außerdem habe er das Kind mehrmals mit Abweichungen von mehr als einer Stunde nicht pünktlich zurückgebracht. Der Vater nahm hierzu keinerlei Stellung.
Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das Familiengericht ein Ordnungsgeld von insgesamt 500 € fest. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde machte der Vater geltend, die Verspätungen seien der Mutter jeweils mitgeteilt worden. Die Übernachtungen seien mit der Mutter abgestimmt worden, diese habe zugestimmt. Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Gründe für die Verspätungen seien nicht ausreichend dargelegt. Private Vereinbarungen der Eltern seien bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen, das Ordnungsgeld bei sechs Verstößen aber durchaus mäßig.
Das OLG hat den Beschluss abgeändert und ein Ordnungsgeld von 350 € festgesetzt. Im Übrigen hat es die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Gründe:
Zu Recht hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss gegen den Vater Ordnungsmittel festgesetzt. Dieser hat durch die Verspätungen schuldhaft gegen diese Umgangsregelung verstoßen.
Zwar hat nach § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG die Festsetzung eines Ordnungsmittels zu unterbleiben, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Solche Gründe waren hier aber hinsichtlich der Verspätungen nicht ersichtlich. Der Vortrag des Vaters zu den drei konkreten Terminen war nicht ausreichend. Eine weitere Stellungnahme ist trotz der Aufforderung, detailliert und gesondert zu jedem einzelnen der Vorfälle vorzutragen, nicht erfolgt.
Hinsichtlich der Übernachtungen hat die Mutter die vom Vater vorgetragenen jeweiligen Vereinbarungen der Eltern nicht bestritten. Auch wenn insoweit ein Verstoß gegen die gerichtlich im Kindeswohl gebilligte Umgangsvereinbarung vorlag, kam bei dieser Sachlage die Festsetzung von Ordnungsmitteln nicht in Betracht. Da die Eltern hier Inhaber des Umgangsbestimmungsrechts sind, können sie auch Regelungen in gerichtlich gebilligten Vereinbarungen einvernehmlich abändern, womit insoweit deren Vollstreckbarkeit entfällt.
Zwar ergibt sich aus § 156 Abs. 2 S. 2 FamFG, dass die Eltern nicht über das Umgangsrecht verfügungsbefugt i.S.d. § 36 Abs. 1 S. 1 FamFG sind. Dies betrifft jedoch nur den verfahrensrechtlichen Bereich, so dass es den Eltern nicht möglich ist, ohne gerichtliche Billigung eine vollstreckbare Regelung mit den Wirkungen des § 1696 BGB zu vereinbaren. In materiellrechtlicher Hinsicht sind die Eltern jedoch - jedenfalls soweit nicht Dritte betroffen sind - verfügungsbefugt, soweit ihnen nicht das Umgangsbestimmungsrecht entzogen ist. Letzteres erfolgt nicht, auch nicht konkludent, durch die gerichtliche Regelung des Umgangs. Zu Recht wurde darauf verwiesen, dass es weder gewollt noch praktisch realisierbar ist, dass sämtliche gerichtlichen Umgangsregelungen, die einmal getroffen wurden und nunmehr einvernehmlich anders gehandhabt werden sollen, bis zur Volljährigkeit des Kindes permanent nach § 1696 Abs. 1 BGB abgeändert werden müssen.
Bei der Höhe des Ordnungsgeldes war zu berücksichtigen, dass es sich nach dem unwidersprochenen Vortrag der Mutter und den Erklärungsversuchen des Vaters bei den Verspätungen um ein generelles Problem handelt. Dabei erschien der nunmehr festgesetzte Betrag von 350 € erforderlich, aber auch ausreichend, um den Vater zu einer verlässlichen Einhaltung der Umgangsregelungen anzuhalten.
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