14.08.2023

Vollstreckungsverbot des § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO findet auf Vollziehung eines Vermögensarrestes i.S.d. § 111f StPO keine Anwendung

Das in § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO angeordnete Vollstreckungsverbot findet auf die Vollziehung eines Vermögensarrestes i.S.d. § 111f StPO generell keine Anwendung. Infolgedessen wird die Eintragung einer weiteren Sicherungshypothek aufgrund desselben - noch nicht ausgeschöpften - oder eines anderen Vermögensarrestes nicht ausgeschlossen, wenn das Grundstück eines Beschuldigten mit einer Sicherungshypothek belastet ist, die in Vollziehung eines Vermögensarrestes in das Grundbuch eingetragen worden ist.

BGH v. 6.7.2023 - V ZB 68/22
Der Sachverhalt:
In einem von der Beteiligten (Freie und Hansestadt Hamburg) durch die Staatsanwaltschaft gegen die Beschuldigte geführten Ermittlungsverfahren ordnete das AG Hamburg mit Beschluss vom 1.2.2022 wegen eines Anspruchs auf Wertersatz i.H.v. 173.495 € den Vermögensarrest in das Vermögen der Beschuldigten an. Diese ist im Grundbuch als Eigentümerin des in dem Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes eingetragen. Aufgrund Ersuchens der Staatsanwaltschaft trug das AG - Grundbuchamt - eine Arresthypothek im Höchstbetrag von 100.000 € sowie ein Veräußerungsverbot ein.

Ein weiteres Ersuchen, mit der die Staatsanwaltschaft auf der Grundlage des Arrestbeschlusses vom 1.2.2022 die Eintragung einer zusätzlichen Sicherungshypothek i.H.v. 73.495 € begehrte, wurde vom Grundbuchamt zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb vor dem OLG erfolglos. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten hob der BGH die Beschlüsse von OLG und AG auf und wies das Grundbuchamt an, die beantragte Eintragung nicht aus den in den vorgenannten Beschlüssen genannten Gründen zu verweigern.

Die Gründe:
Das OLG hat die Beschwerde zu Unrecht zurückgewiesen.

Das in § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO angeordnete Vollstreckungsverbot findet auf die Vollziehung eines Vermögensarrestes i.S.d. § 111f StPO generell keine Anwendung. Infolgedessen wird die Eintragung einer weiteren Sicherungshypothek aufgrund desselben - noch nicht ausgeschöpften - oder eines anderen Vermögensarrestes nicht ausgeschlossen, wenn das Grundstück eines Beschuldigten mit einer Sicherungshypothek belastet ist, die in Vollziehung eines Vermögensarrestes in das Grundbuch eingetragen worden ist.

Gem. § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO sind Zwangsvollstreckungen in Gegenstände, die im Wege der Arrestvollziehung nach § 111f StPO gesichert worden sind, während der Dauer der Arrestvollziehung nicht zulässig. Wie das OLG zutreffend sieht, endet das sich hieraus ergebende Vollziehungsverbot nicht schon durch die Eintragung der Sicherungshypothek. Vielmehr hält die "Dauer der Arrestvollziehung" nach § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO bis zur Aufhebung der Vollziehungsmaßnahme an, die hier noch nicht erfolgt ist. Entgegen der Auffassung des OLG wird aber die Vollziehung eines strafrechtlichen Vermögensarrestes von § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO nicht erfasst, wobei es keine Rolle spielt, ob es sich um die Vollziehung desselben Vermögensarrestes oder eines weiteren Vermögensarrestes in demselben Ermittlungsverfahren oder um die Vollziehung eines Vermögensarrestes aus einem anderen Ermittlungsverfahren gegen denselben Beschuldigten handelt.

Dies folgt allerdings nicht bereits aus dem Wortlaut des § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO. Insoweit ist dem OLG zuzustimmen. Gem. § 111f Abs. 2 StPO wird der Vermögensarrest in ein Grundstück durch die Eintragung einer Sicherungshypothek bewirkt. Nach Satz 2 dieser Vorschrift finden die §§ 928 und 932 ZPO sinngemäß Anwendung. Bei der Eintragung einer Arresthypothek gem. § 932 Abs. 1 ZPO handelt es sich aber um eine Maßnahme der "Zwangsvollstreckung; dies ergibt sich auch aus den in § 932 Abs. 2 ZPO für anwendbar erklärten Vorschriften der § 866 Abs. 3 Satz 1, § 867 Abs. 1 und 2 und § 868 ZPO, die sich sämtlich in dem mit "Zwangsvollstreckung" überschriebenen Buch 8 der ZPO finden. Eine allein an dem Wortlaut orientierte Auslegung widerspräche aber eindeutig dem Sinn und Zweck des angeordneten Vollstreckungsverbots. § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO ist deshalb teleologisch in dem Sinne zu reduzieren, dass Vollziehungen eines (weiteren oder desselben) strafrechtlichen Vermögensarrestes von der Norm generell nicht erfasst werden.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung (Vorsintanz):
Zwangsvollstreckung in ein durch Arrestvollziehung gesichertes Grundstück
OLG Bremen vom 12.09.2022 - 3 W 13/22
MDR 2023, 59

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