Voraussetzungen für die gerichtliche Anordnung zur Vorlage von Dokumenten zur Beweisführung der Echtheit einer Urkunde mittels Schriftvergleichung
BGH 16.3.2017, I ZR 205/15Die Beklagte hatte von den Eltern des Klägers eine Immobilie erworben und wurde im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Der Kläger half seinen Eltern bei der Veräußerung und vermittelte zwischen seinen Eltern und der Beklagten bzw. führte die Kaufpreisverhandlungen. Nach Abschluss des Kaufvertrags begehrte der Kläger von der Beklagten eine Provisionszahlung i.H.v. 29.750 €. Er stützte seine Forderung auf eine Einverständniserklärung vom 28.12.2011 über eine Beratungsgebühr i.H.v. 25.000 € zzgl. MwSt., die seiner Behauptung nach vom Geschäftsführer der Beklagten unterschrieben worden war.
Das LG holte ein Sachverständigengutachten zur Frage der Echtheit der Urkunde ein und gab dazu der Beklagten auf, 20 im Einzelnen näher bezeichnete Dokumente und Ausweispapiere zum Vergleich vorzulegen. Die Beklagte kam der Anordnung teilweise nach. Das LG gab der Klage sodann im Wesentlich statt. Sowohl die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten als auch die Revision blieben ohne Erfolg.
Die Gründe:
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger eine Anspruch auf Zahlung eines Betrags i.H.v. 29.750 € zusteht, wenn die Unterschrift der Geschäftsführerin der Beklagten unter der Urkunde vom 28.12.2011 echt ist.
Der Kläger trägt die Beweislast für die Echtheit der Urkunde gem. § 440 Abs.1 ZPO, nachdem die Beklagte bestritten hat, dass die Unterschrift ihrer Geschäftsführerin echt ist. Ein Schriftvergleichsgutachten ist ein geeignetes Beweismittel, um die Echtheit einer Unterschrift beweisen zu können. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das vom LG eingeholte Sachverständigengutachten als Beweismittel auch verwertet werden darf. Zwar gab es für die gerichtliche Anordnung, für die Erstellung des Gutachtens zum Vergleich geeignete Dokumente mit der Unterschrift der Geschäftsführerin vorzulegen, nur eine gesetzliche Grundlage bezüglich der Einreichung einer Kopie der Handelsregisteranmeldung und der Prozessvollmacht. Eine gesetzliche Grundlage fehlte jedoch, soweit das LG angeordnet hat, 20 Dokumente aus dem Zeitraum der Jahre 2006 bis 2013 sowie Kopien von Ausweispapieren der Geschäftsführerin der Beklagten vorzulegen.
Eine Befugnis des LG eine solche Anordnung zu treffen ergibt sich nicht aus § 441 Abs. 2 ZPO, da kein erforderlicher Antrag des Klägers gem. § 441 Abs. 3 ZPO vorliegt. In seinem Antrag eine Schriftvergleichung durch das Gericht durchzuführen, liegt ein Beweisantritt gem. § 441 Abs. 1ZPO. Ebenso liegt in dem Antrag, den Notar, der den Kaufvertrag beurkundet hat, um geeignete Urkunden zu ersuchen, ein Beweisantritt gem. § 441 Abs. 2 i.V.m. § 432 Abs. 1 ZPO. Zudem waren die Voraussetzungen der §§ 421 bis 426 ZPO, auf die § 441 Abs. 3 ZPO verweist, nicht gegeben. Denn neben einem entsprechenden Antrag des Beweisführers, bedarf es danach auch eines materiell-rechtlichen Vorlageanspruchs der beweisbelasteten Partei oder einer Bezugnahme der nicht beweisbelasteten Partei auf die vorzulegenden Urkunden zur Beweisführung ( §§ 422, 423 ZPO). Diese liegt jedoch nicht vor.
Eine Anordnung zur Vorlage durfte nur hinsichtlich der Kopie der Handelsregisteranmeldung und der Prozessvollmacht der Rechtsanwälte der Beklagten nach § 142 Abs. 1 ZPO ergehen. Hierauf hat der Kläger erfolgreich Bezug genommen. Für die Bezugnahme reicht es aus, dass sie sich sinngemäß aus dem Sachvortrag ergibt. Sie muss aber so konkretisiert sein, dass die Urkunde wie im Streitfall identifizierbar ist.
Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall aber nicht mehr auf die fehlende gesetzliche Grundlage berufen, soweit sie der Anordnung nachgekommen ist und die verlangten Dokumente eingereicht hat. Ihr schlüssiges Handeln gilt als Einverständnis. Ebenso darf die Beklagte gem. § 295 ZPO der Verwertung der eingereichten Unterlagen nicht mehr widersprechen, da sie sich in erster Instanz rügelos zur Sache eingelassen hat. Der Rügeverzicht ist unwiderruflich. Die Beklagte darf jedoch zulässigerweise rügen, dass das LG die teilweise Nichtbefolgung der Vorlageanordnung zu ihren Lasten berücksichtigt hat, denn dieser Verfahrensfehler hat sich erst aus dem erstinstanzlichen Urteil ergeben und ist vorher nicht zu erkennen gewesen. Das Berufungsgericht hat diesen Fehler jedoch bereits behoben, in dem es die Nichtbefolgung nicht zu Lasten er Beklagten bewertet hat.
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