Voraussetzungen für einen ein kündigungsrelevanter Zahlungsverzug der Mieter
LG Berlin v. 25.4.2023 - 67 S 103/22
Der Sachverhalt:
Die Beklagten sind Mieter der Klägerin. Diese hatte den Beklagten am 18.11.2021 wegen ausgebliebener Mietzahlungen für mind. fünf Monate fristlos gekündigt. Die Beklagten behaupteten die fünf Mietzahlungen getätigt zu haben. Hierzu hatten sie Unterlagen vorgelegt, die ihren Angaben nach von der Deutschen Bank stammten und aus denen sich ergeben sollte, dass sogar acht Überweisungen i.H.v. insgesamt 3.250 € ausgeführt und nicht zurückgezogen worden seien. Demgegenüber hat die Klägerin ebenfalls umfangreiche Unterlagen ihres Kreditinstituts vorgelegt, aus denen sich ergab, dass die in Rede stehenden Überweisungen bei ihr nicht eingegangen sind.
Das AG hat der Räumungsklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde vom LG zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegenüber den Beklagten einen Anspruch gem. §§ 985, 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung. Das Mietverhältnis wurde durch die fristlose Kündigung vom 18.11.2021 beendet.
Es lag ein Kündigungsgrund i.S.v. §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. b) BGB vor. Insbesondere lag auch ein kündigungsrelevanter Zahlungsverzug der Beklagten vor. Dieser tritt nach den Voraussetzungen des § 286 BGB ein. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es im Überweisungsverkehr nicht darauf an, dass die Miete auf dem Konto des Vermieters eingegangen ist; es genügt vielmehr, dass der Mieter - bei ausreichend gedecktem Konto - seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag am Fälligkeitstag erteilt; Verzögerungen oder Fehlleitungen durch die Bank führen dann nicht zum Verzug. Dies liegt darin begründet, dass es sich bei Mietschulden, wie bei anderen Geldschulden auch, um eine sog. Schickschuld handelt, die im Zweifel am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen ist.
Gemäß § 270 Abs. 1 BGB trägt der Schuldner allerdings die Verlustgefahr bei Geldleistungen, denn Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln. Es handelte sich im vorliegenden Fall, in dem der Eingang der von den Beklagten behaupteten Zahlungen seitens der Klägerin unter Vorlage ihrer Mieterkontoübersicht substantiell bestritten wurde, auch nicht lediglich um das sog. Verzögerungsrisiko - welches die Klägerin zu tragen hätte - sondern eben um das Verlustrisiko. Dieses trugen gem. § 270 Abs. 1 BGB weiterhin die Beklagten als Schuldner der Mietzahlungspflicht auf § 535 Abs. 1 BGB. Demnach kommen Mieter mit der laufenden Miete nicht in Verzug, solange sie die Zahlungsanweisung bis zur Fälligkeit der Miete vornehmen und die Miete dem Konto des Vermieters später - wenn auch erst nach dem Fälligkeitstermin - tatsächlich gutgeschrieben wird. Bestreitet der Vermieter allerdings die Gutschrift, tragen die Mieter die Beweislast für den (verspäteten) Zahlungseingang und geraten - im Fall der späteren Nichterweislichkeit der streitigen Gutschrift - mit ihren Mietzahlungen jedenfalls dann in Verzug, wenn sie die Zahlungen nicht unverzüglich erneut vornehmen, nachdem sie vom Vermieter auf deren bislang unterbliebenen Eingang hingewiesen worden sind.
Somit oblag den Beklagten als Schuldnern zwar nicht die Beweislast für die rechtzeitige Gutschrift der Überweisungsbeträge auf dem Konto der Klägerin; dass die Gutschrift überhaupt erfolgt ist, hatten sie jedoch zu beweisen, was ihnen jedoch nicht gelungen ist. Denn es fehlte an einem Nachweis dafür, dass der Leistungserfolg tatsächlich eingetreten ist. Die Leistungshandlung allein vermochte hingegen nichts an dem eingetretenen Zahlungsverzug der Beklagten zu ändern. Die bloße Leistungshandlung kann den Verzug nämlich nur unter der - hier nicht bewiesenen - Voraussetzung beenden, dass die Leistungshandlung die Erfüllung bzw. den Leistungserfolg - wenn auch verspätet - herbeigeführt hat. Das hier gegebene non-liquet ging zu Lasten der für die Gutschrift der streitigen Überweisungen beweisbelasteten Beklagten.
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Somit oblag den Beklagten als Schuldnern zwar nicht die Beweislast für die rechtzeitige Gutschrift der Überweisungsbeträge auf dem Konto der Klägerin; dass die Gutschrift überhaupt erfolgt ist, hatten sie jedoch zu beweisen, was ihnen jedoch nicht gelungen ist. Denn es fehlte an einem Nachweis dafür, dass der Leistungserfolg tatsächlich eingetreten ist. Die Leistungshandlung allein vermochte hingegen nichts an dem eingetretenen Zahlungsverzug der Beklagten zu ändern. Die bloße Leistungshandlung kann den Verzug nämlich nur unter der - hier nicht bewiesenen - Voraussetzung beenden, dass die Leistungshandlung die Erfüllung bzw. den Leistungserfolg - wenn auch verspätet - herbeigeführt hat. Das hier gegebene non-liquet ging zu Lasten der für die Gutschrift der streitigen Überweisungen beweisbelasteten Beklagten.
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