Wann kann ein Nachbar die Entfernung einer Videokamera verlangen?
LG Saarbrücken v. 13.10.2023, 13 S 32/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mieter einer Wohnung im Erdgeschoss. Er hatte von seiner Vermieterin zu keinem Zeitpunkt die Erlaubnis erhalten, den Garten mitzubenutzen. Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks. Dort befanden sich bis ca. Ende April 2023 hinter dem Haus zwei Kameras mit Bewegungsmeldern. Während des Berufungsverfahrens errichtete der Beklagte zwei weitere Kameras, die ebenfalls zu dem Grundstück der Klägerseite hingerichtet sind, nachdem der Kläger die zuvor dort angebrachte Kamera mit einem Stock abgeschlagen und beschädigt hatte.
Der Kläger hat behauptet, die Kameras seien so installiert, dass sie gezielt auf sein bewohntes Anwesen ausgerichtet seien. Ausgehend von der Kamerapositionierung und dem jeweiligen Schwenk- und Aufnahmebereich sei eine jederzeitige Beobachtung von weiten Teilen des Grundstücks und auch des Hauseingangs sowie eine jederzeitige Aufnahme und Überwachung möglich. Die gekoppelten Bewegungsmelder seien so angebracht, dass die Außenbeleuchtung an der Tür aufgrund des Bewegungsmelders auch dann einschalte, wenn er sich noch auf seinem Grundstück bewege, wodurch auch nachgewiesen sei, dass die Videoaufnahmen auch bei Tag getätigt werden könnten. Vor der Installation der Überwachungskamera sei der Sichtschutz an einem Zaun entfernt worden, um ein noch genaueres Sichtfeld zu haben und den Überwachungsbereich auf den Garten zu erweitern.
Der Beklagte hat behauptet, er habe keine Videokameras installiert, die das Grundstück des Klägers erfassten. Seine Ehefrau habe nach Belästigungen seitens des Klägers die Videokameras installieren lassen. Beide Kameras beträfen aber nur das eigene Grundstück und nicht den öffentlichen Raum. Der Sichtschutz sei nur wegen mehrmaliger Beschädigungen entfernt worden.
Der Kläger begehrte vom Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung der angeblichen Videoaufzeichnungen durch Kameras. Das AG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Das LG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt.
Die Gründe:
Dem Kläger stand schon deshalb kein Anspruch auf Entfernung der installierten Kameras aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu, weil ein Störer nur dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden kann, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet. Hier waren aber neben der Entfernung als einschneidenste Maßnahme auch andere Abhilfemöglichkeiten denkbar, durch die der Kläger in gleicher Weise geschützt werden könnte. Es käme - sofern der klägerische Bereich betroffen wäre - insbesondere eine Neuausrichtung der Kameras dergestalt in Betracht, dass nur noch solche Grundstücksteile betroffen sind, die nicht zu dem Bereich des Klägers gehören.
Dem Kläger steht auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Videoaufzeichnungen, soweit sie sein Grundstück betreffen, aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB nicht zu. Ein Anspruch auf Entfernung von durch den Nachbarn installierten Kameras aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet. Ein Anspruch auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen scheidet aus, wenn nicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers betroffen ist. Dies ist etwa der Fall, wenn die durch den Nachbarn installierten Kameras lediglich Ausschnitte des Nachbargrundstücks erfassen können, die nicht durch den Mietvertrag des Klägers erfasst sind und der Grundstückseigentümer mit einer Videoaufzeichnung einverstanden ist.
Da der teilweise erfasste Garten des klägerischen Grundstücks durch die Vermieterin des Klägers nicht an diesen mitvermietet worden war, hat der Kläger kein Recht, den von der Kamera betroffenen Bereich zu betreten. Schon deshalb war der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht betroffen. Im Übrigen war die Vermieterin des Klägers unstreitig mit einer etwaigen Aufnahme ihres Gartens einverstanden. Auch beeinträchtigt allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras und ähnliche Überwachungsgeräte das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, nicht.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
Anspruch auf Entfernung von auf dem Nachbargrundstück stehenden Bäumen
OLG Karlsruhe vom 02.03.2023 - 12 U 165/22
MDR 2023, 1178
Aktionsmodul Zivilrecht:
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Der Kläger ist Mieter einer Wohnung im Erdgeschoss. Er hatte von seiner Vermieterin zu keinem Zeitpunkt die Erlaubnis erhalten, den Garten mitzubenutzen. Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks. Dort befanden sich bis ca. Ende April 2023 hinter dem Haus zwei Kameras mit Bewegungsmeldern. Während des Berufungsverfahrens errichtete der Beklagte zwei weitere Kameras, die ebenfalls zu dem Grundstück der Klägerseite hingerichtet sind, nachdem der Kläger die zuvor dort angebrachte Kamera mit einem Stock abgeschlagen und beschädigt hatte.
Der Kläger hat behauptet, die Kameras seien so installiert, dass sie gezielt auf sein bewohntes Anwesen ausgerichtet seien. Ausgehend von der Kamerapositionierung und dem jeweiligen Schwenk- und Aufnahmebereich sei eine jederzeitige Beobachtung von weiten Teilen des Grundstücks und auch des Hauseingangs sowie eine jederzeitige Aufnahme und Überwachung möglich. Die gekoppelten Bewegungsmelder seien so angebracht, dass die Außenbeleuchtung an der Tür aufgrund des Bewegungsmelders auch dann einschalte, wenn er sich noch auf seinem Grundstück bewege, wodurch auch nachgewiesen sei, dass die Videoaufnahmen auch bei Tag getätigt werden könnten. Vor der Installation der Überwachungskamera sei der Sichtschutz an einem Zaun entfernt worden, um ein noch genaueres Sichtfeld zu haben und den Überwachungsbereich auf den Garten zu erweitern.
Der Beklagte hat behauptet, er habe keine Videokameras installiert, die das Grundstück des Klägers erfassten. Seine Ehefrau habe nach Belästigungen seitens des Klägers die Videokameras installieren lassen. Beide Kameras beträfen aber nur das eigene Grundstück und nicht den öffentlichen Raum. Der Sichtschutz sei nur wegen mehrmaliger Beschädigungen entfernt worden.
Der Kläger begehrte vom Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung der angeblichen Videoaufzeichnungen durch Kameras. Das AG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Das LG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt.
Die Gründe:
Dem Kläger stand schon deshalb kein Anspruch auf Entfernung der installierten Kameras aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu, weil ein Störer nur dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden kann, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet. Hier waren aber neben der Entfernung als einschneidenste Maßnahme auch andere Abhilfemöglichkeiten denkbar, durch die der Kläger in gleicher Weise geschützt werden könnte. Es käme - sofern der klägerische Bereich betroffen wäre - insbesondere eine Neuausrichtung der Kameras dergestalt in Betracht, dass nur noch solche Grundstücksteile betroffen sind, die nicht zu dem Bereich des Klägers gehören.
Dem Kläger steht auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Videoaufzeichnungen, soweit sie sein Grundstück betreffen, aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB nicht zu. Ein Anspruch auf Entfernung von durch den Nachbarn installierten Kameras aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet. Ein Anspruch auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen scheidet aus, wenn nicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers betroffen ist. Dies ist etwa der Fall, wenn die durch den Nachbarn installierten Kameras lediglich Ausschnitte des Nachbargrundstücks erfassen können, die nicht durch den Mietvertrag des Klägers erfasst sind und der Grundstückseigentümer mit einer Videoaufzeichnung einverstanden ist.
Da der teilweise erfasste Garten des klägerischen Grundstücks durch die Vermieterin des Klägers nicht an diesen mitvermietet worden war, hat der Kläger kein Recht, den von der Kamera betroffenen Bereich zu betreten. Schon deshalb war der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers nicht betroffen. Im Übrigen war die Vermieterin des Klägers unstreitig mit einer etwaigen Aufnahme ihres Gartens einverstanden. Auch beeinträchtigt allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras und ähnliche Überwachungsgeräte das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, nicht.
Rechtsprechung:
Anspruch auf Entfernung von auf dem Nachbargrundstück stehenden Bäumen
OLG Karlsruhe vom 02.03.2023 - 12 U 165/22
MDR 2023, 1178
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