Wann liegt ein Glasbruchschaden vor?
LG Saarbrücken v. 10.2.2023, 13 S 109/22
Der Sachverhalt:
Zwischen dem Kläger und der beklagten Versicherungsgesellschaft besteht ein Kaskoversicherungsverhältnis, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 2015) zugrunde liegen. Der Kläger ließ sein Fahrzeug wegen einer eine beschädigten Windschutzscheibe an seinem Fahrzeug in einer Kfz-Werkstatt reparieren. Diese stellte hierfür am 14.8.2020 einen Betrag von 1.175 € in Rechnung. Der Kläger hatte diesen Betrag zunächst gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Nach teilweiser Klagerücknahme unter Abzug einer Selbstbeteiligung von 150 € trug er vor, der Schaden sei ordnungsgemäß über die Werkstatt gemeldet worden. Er meinte, Angaben darüber, wo und wann der Schaden entstanden sei, bedürfte es bei Steinschlagschäden an der Windschutzscheibe nicht.
Die Beklagte, die ihre Eintrittspflicht vorgerichtlich abgelehnt hatte, war dem entgegengetreten und trug vor, der Kläger habe den Versicherungsfall schon nicht ordnungsgemäß gemeldet, er habe zumindest Schadensdatum, -örtlichkeit und -ursache benennen müssen, um Versicherungsschutz zu erhalten. Überdies handele es sich bei dem Schaden um nicht versicherte Kratzer und Abplatzungen, nicht dagegen um einen versicherten Bruchschaden. Schließlich seien auch die geltend gemachten Recyclingkosten nicht erstattungsfähig.
Das AG hat die Klage abgewiesen, weil das Schadensereignis aufgrund der Angaben nicht näher eingrenzbar sei. Dies sei angesichts offenbar bestehender Vorschäden in Form von Steinschlägen oder Kratzern unerlässlich. Auf die Berufung des Klägers hat das LG das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben.
Die Gründe:
Die Beklagte ist zum Ausgleich der geltend gemachten Kosten verpflichtet. Aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Teilkasko-Versicherungsvertrag ergab sich, dass u.a. Bruchschäden an der Verglasung versichert sind (A.2.2.1.5 AKB 2015).
Entgegen der Ansicht des Erstgerichts scheiterte das Klagebegehren nicht daran, dass der Kläger einen Glasbruchschaden i.S.d. Nr. A.2.2.1.5 nicht hinreichend schlüssig vorgetragen hatte. Insbesondere kam es nicht entscheidend darauf an, dass der Kläger das Schadensereignis nicht näher zeitlich eingrenzen konnte. Da es nach allgemeiner Meinung auf die Ursache für den Glasbruch nicht ankommt, genügt zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs der Nachweis eines Glasbruchschadens, der sich im Allgemeinen anhand des Schadensbildes unproblematisch führen lässt.
Soweit das Erstgericht meinte, mit Blick auf die Abgrenzung von vorhandenen, nicht versicherten Altschäden an der Windschutzscheibe, sei eine zeitliche Bestimmung des Schadenseintritts notwendig gewesen, wurde damit nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich gerade Glasbruchschäden an der Windschutzscheibe, die sich aus einem Steinschlag ergeben, häufig erst mit einiger zeitlicher Verzögerung zeigen, etwa in Form von Rissen infolge von Spannungen. Schon deshalb würde es die Anforderungen an einen Erstattungsanspruch überspannen, wenn der Versicherungsnehmer zwar nicht die Ursache des Risses, aber dessen Eintritt genau zeitlich einordnen müsste, wenn zugleich feststeht, dass der Schaden - wie hier - erst zeitnah zur Schadensmeldung bemerkt worden war.
Auch der Einwand der Beklagten, es habe sich nicht um einen Glasbruch i.S.d. AKB 2015 gehandelt, hat sich nach der Beweisaufnahme nicht als durchgreifend herausgestellt. Voraussetzung für einen ersatzpflichtigen Glasschaden ist ein Bruch an der Verglasung des Fahrzeuges. Was unter einem "Bruch" der Verglasung zu verstehen ist, bestimmt sich entsprechend der ständigen BGH-Rechtsprechung. Ausgehend vom Sprachgebrauch des täglichen Lebens und nicht etwa einer Terminologie, wie sie in bestimmten Fachkreisen üblich ist, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Begriff "Bruch" entnehmen, dass die Scheibe nicht notwendigerweise zerbrochen sein muss, da nach allgemeinem Sprachgebrauch auch bereits Einschnitte, Risse oder Sprünge in Scheiben z.B. durch Steinschlag unter den Begriff des Glasbruches fallen. Dagegen fallen - anders als hier - bloße Kratzer und Trübungen auf der Oberfläche des Glases nicht unter A.2.2.1.5 S. 1 AKB 2015.
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Zwischen dem Kläger und der beklagten Versicherungsgesellschaft besteht ein Kaskoversicherungsverhältnis, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 2015) zugrunde liegen. Der Kläger ließ sein Fahrzeug wegen einer eine beschädigten Windschutzscheibe an seinem Fahrzeug in einer Kfz-Werkstatt reparieren. Diese stellte hierfür am 14.8.2020 einen Betrag von 1.175 € in Rechnung. Der Kläger hatte diesen Betrag zunächst gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Nach teilweiser Klagerücknahme unter Abzug einer Selbstbeteiligung von 150 € trug er vor, der Schaden sei ordnungsgemäß über die Werkstatt gemeldet worden. Er meinte, Angaben darüber, wo und wann der Schaden entstanden sei, bedürfte es bei Steinschlagschäden an der Windschutzscheibe nicht.
Die Beklagte, die ihre Eintrittspflicht vorgerichtlich abgelehnt hatte, war dem entgegengetreten und trug vor, der Kläger habe den Versicherungsfall schon nicht ordnungsgemäß gemeldet, er habe zumindest Schadensdatum, -örtlichkeit und -ursache benennen müssen, um Versicherungsschutz zu erhalten. Überdies handele es sich bei dem Schaden um nicht versicherte Kratzer und Abplatzungen, nicht dagegen um einen versicherten Bruchschaden. Schließlich seien auch die geltend gemachten Recyclingkosten nicht erstattungsfähig.
Das AG hat die Klage abgewiesen, weil das Schadensereignis aufgrund der Angaben nicht näher eingrenzbar sei. Dies sei angesichts offenbar bestehender Vorschäden in Form von Steinschlägen oder Kratzern unerlässlich. Auf die Berufung des Klägers hat das LG das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben.
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Die Beklagte ist zum Ausgleich der geltend gemachten Kosten verpflichtet. Aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Teilkasko-Versicherungsvertrag ergab sich, dass u.a. Bruchschäden an der Verglasung versichert sind (A.2.2.1.5 AKB 2015).
Entgegen der Ansicht des Erstgerichts scheiterte das Klagebegehren nicht daran, dass der Kläger einen Glasbruchschaden i.S.d. Nr. A.2.2.1.5 nicht hinreichend schlüssig vorgetragen hatte. Insbesondere kam es nicht entscheidend darauf an, dass der Kläger das Schadensereignis nicht näher zeitlich eingrenzen konnte. Da es nach allgemeiner Meinung auf die Ursache für den Glasbruch nicht ankommt, genügt zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs der Nachweis eines Glasbruchschadens, der sich im Allgemeinen anhand des Schadensbildes unproblematisch führen lässt.
Soweit das Erstgericht meinte, mit Blick auf die Abgrenzung von vorhandenen, nicht versicherten Altschäden an der Windschutzscheibe, sei eine zeitliche Bestimmung des Schadenseintritts notwendig gewesen, wurde damit nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich gerade Glasbruchschäden an der Windschutzscheibe, die sich aus einem Steinschlag ergeben, häufig erst mit einiger zeitlicher Verzögerung zeigen, etwa in Form von Rissen infolge von Spannungen. Schon deshalb würde es die Anforderungen an einen Erstattungsanspruch überspannen, wenn der Versicherungsnehmer zwar nicht die Ursache des Risses, aber dessen Eintritt genau zeitlich einordnen müsste, wenn zugleich feststeht, dass der Schaden - wie hier - erst zeitnah zur Schadensmeldung bemerkt worden war.
Auch der Einwand der Beklagten, es habe sich nicht um einen Glasbruch i.S.d. AKB 2015 gehandelt, hat sich nach der Beweisaufnahme nicht als durchgreifend herausgestellt. Voraussetzung für einen ersatzpflichtigen Glasschaden ist ein Bruch an der Verglasung des Fahrzeuges. Was unter einem "Bruch" der Verglasung zu verstehen ist, bestimmt sich entsprechend der ständigen BGH-Rechtsprechung. Ausgehend vom Sprachgebrauch des täglichen Lebens und nicht etwa einer Terminologie, wie sie in bestimmten Fachkreisen üblich ist, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Begriff "Bruch" entnehmen, dass die Scheibe nicht notwendigerweise zerbrochen sein muss, da nach allgemeinem Sprachgebrauch auch bereits Einschnitte, Risse oder Sprünge in Scheiben z.B. durch Steinschlag unter den Begriff des Glasbruches fallen. Dagegen fallen - anders als hier - bloße Kratzer und Trübungen auf der Oberfläche des Glases nicht unter A.2.2.1.5 S. 1 AKB 2015.
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