01.02.2021

Was geschieht mit Brautgabe und Brautschmuck nach Scheidung der Ehe?

Solange die im Rahmen einer Hochzeitsfeier nach türkischer Tradition versprochene Brautgabe noch nicht ausgezahlt - und damit vollzogen - wurde, bedarf die getroffene Vereinbarung über die Brautgabe zu ihrer Wirksamkeit (wie bei einer Schenkung) der notariellen Beurkundung. Goldschmuck, der der Braut zeremoniell umgehängt wird, soll dem Zweck dienen, sie für den Fall des Scheiterns oder der Scheidung der Ehe abzusichern; er geht deshalb in ihr alleiniges Eigentum über.

OLG Hamm v. 17.6.2020 - 12 UF 183/19
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin, eine türkische Staatsangehörige, und der Antragsgegner mit deutscher Staatsangehörigkeit sind beide in Deutschland geboren und aufgewachsen. Im November 2015 heirateten sie standesamtlich. Im April 2016 schlossen sie vor einem Imam mit drei Trauzeugen die religiöse Ehe. In der Heiratsurkunde zu dieser religiösen Eheschließung ist der Antragstellerin seitens ihres Ehemanns eine Brautgabe von 7.000 € versprochen worden. Im Anschluss an die religiöse Eheschließung feierten die Eheleute mit einer Vielzahl von Gästen, die ihnen Geld und Gold - u.a. zehn goldene, dreifach gewundene Armreifen, ein Goldschmuckset aus vier Teilen, sechs türkische Goldmünzen - schenkten. 

Im Februar 2017 trennten sich die Beteiligten wieder, am 28.5.2019 wurde die Ehe vom AG - Familiengericht - geschieden. Die Antragstellerin verlangte von ihrem ehemaligen Ehemann u.a. die Zahlung der versprochenen Brautgabe von 7.000 € und die Herausgabe des anlässlich der Hochzeitsfeier geschenkten Goldes.

Das AG wies die Klage ab. Die Vereinbarung über die Brautgabe sei unwirksam, da sie nicht notariell beurkundet worden sei. Die Antragstellerin könne auch nicht das geschenkte Gold für sich beanspruchen, weil sie nicht die alleinige Eigentümerin des Goldes geworden sei und es sich nicht mehr im Besitz des Antragsgegners befinde. Gegen diesen Beschluss wandte sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

Das OLG wertete den Sachverhalt zum Teil anders als das AG. Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts einigten sich die Parteien vergleichsweise dahingehend, dass der Antragsgegner der Antragstellerin den Wert des (teilweise veräußerten) Goldschmucks von knapp 6.000 € ersetzt, während er die Brautgabe nicht zahlen muss.

Die Gründe:
Das islamische Recht ordnet eine Brautgabe als zwingende Zuwendung des Bräutigams an die Braut an. Sie ist zu unterscheiden von der Mitgift, die die Braut von ihrer Familie erhält. Solange die Brautgabe noch nicht ausgezahlt - und damit vollzogen - wurde, bedarf die getroffene Vereinbarung über die Brautgabe zu ihrer Wirksamkeit (wie bei einer Schenkung) der notariellen Beurkundung. Weil die Antragstellerin die Brautgabe hier noch nicht erhalten hatte und das Brautgabeversprechen nicht notariell beurkundet wurde, kann die Antragstellerin den versprochenen Betrag von 7.000 € nicht von ihrem ehemaligen Ehemann verlangen.

Dagegen muss er ihr das Gold herausgeben. Indem der Antragstellerin sämtliche Schmuckstücke bei der Hochzeitsfeier "umgehängt" und damit übergeben worden sind, hat sie alleine das Eigentum hieran erworben. Außer Streit steht dabei, dass die Hochzeitsfeier nach türkischer Tradition abgehalten wurde und die Beteiligten türkischstämmig waren. Vor dem Hintergrund der kulturellen Vorstellungen der ehemaligen Eheleute diente das der Braut übergebene Gold damit dem Zweck, sie für den Fall des Scheiterns oder der Scheidung der Ehe abzusichern. In diesem Zusammenhang existiert der Begriff "taki", der wörtlich zu übersetzen ist als das, was "angesteckt oder umgehängt wird". Zwar gibt es bei Geschenken an die Braut viele lokale Bräuche. Soweit es aber um die angesteckten Schmuckstücke geht, ist gesicherte Erkenntnis, dass diese der Braut allein zur Absicherung dienen und deshalb in ihr alleiniges Eigentum übergehen sollen.

Nach diesen rechtlichen Hinweisen des Senats haben sich die ehemaligen Eheleute im Anhörungstermin vergleichsweise dahingehend einigen können, dass der Antragsgegner der Antragstellerin den Wert des Goldschmucks, den er bereits zum Teil ohne Einverständnis seiner ehemaligen Ehefrau veräußert hatte, von knapp 6.000 € ersetzt. Die Brautgabe musse er nicht zahlen.
OLG Hamm PM vom 28.1.2021
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