11.09.2018

WEG: Wirksame Änderung eines bisherigen Verteilungsschlüssels setzt Mehrheitsbeschluss mit deutlichem Änderungswillen voraus

Eine wirksame Änderung des bisher geltenden Verteilungsschlüssels durch Mehrheitsbeschluss gem. § 16 Abs. 3 WEG setzt voraus, dass aus dem Beschluss hinreichend konkret hervorgeht, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein hatten, eine Änderung der bisherigen Kostenverteilung für künftige Abrechnungen zu beschließen.

BGH 8.6.2018, V ZR 195/17
Der Sachverhalt:

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft. Die als Hochhausanlage umfasst  über 400 Wohneinheiten und einen Hotelbereich. Das Hotel verfügt über knapp die Hälfte der Miteigentumsanteile. § 11 der Teilungserklärung regelt die Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums. Eine Öffnungsklausel enthält die Teilungserklärung nicht.

In einem Vertrag über die Kosten des Pförtnereinsatzes von 1993, verlängert durch Vertrag von 1996, und in einem Vertrag über die technische Betreuung aus 2009 wurden Vereinbarungen zwischen der Betreibergesellschaft des Hotels und der Wohnungseigentümergemeinschaft getroffen. Die darin enthaltene Kostenverteilung weicht von der Teilungserklärung ab. Der Vertrag über die Kosten des Pförtnereinsatzes wurde durch bestandskräftigen Beschluss der Wohnungseigentümer genehmigt. In der Eigentümerversammlung vom 4.12.2015 fassten die Wohnungseigentümer unter TOP4 einen Beschluss für die Verteilung der Kosten der technischen Betreuung für 2011. Unter TOP/ beschlossen sie die Verteilung der Kosten der Pförtnerdienstleistungen für 2011.

Auf die gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Anfechtungsklage der Kläger erklärte das AG den zu TOP7 gefassten Beschluss für ungültig und wies die Klage hinsichtlich des zu TOP4 gefassten Beschlusses ab. Das LG erklärte auch den Beschluss zu TOP4 für ungültig. Die dagegen gerichtete Revision der Teileigentümerin des Hotel, der Beklagten zu 2, hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:

Das LG hat den Beschluss zu TOP4 über die Verteilung der Kosten für die technische Betreuung der Wohnungseigentumanlage im Jahr 2011 zu Recht für ungültig erklärt. Die Beklagten können sich nicht auf den Vertrag aus 2009 berufen, denn selbst wenn dieser durch einen bestandskräftigen Beschluss der Wohnungseigentümer genehmigt worden ist, ist mit einem solchen Beschluss der Verteilerschlüssel der Teilungserklärung nicht geändert worden. Denn ein solcher Beschluss ist wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig. Eine entsprechende Kompetenz kann sich entweder aus dem Gesetz oder einer Vereinbarung gem. § 10 Abs. 2 S. 2 WEG ergeben. Da im Streitfall die Teilungserklärung keine Öffnungsklausel enthält, die eine Mehrheitsentscheidung zulässt, kommt eine Kompetenzzuweisung nur aufgrund Gesetzes in Betracht.

Eine Beschlusskompetenz ergibt sich nicht aus § 21 Abs. 7 WEG. Die in dem Vertrag geregelten Kosten stellen keine Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums dar. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die technische Betreuung der Anlage durch Nutzungen notwendig wird, die mit einer gesteigerten Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums in Zusammenhang stehen. Es handelt sich bei den Kosten auch nicht i, Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand i.S.d. § 21 Abs. 7 WEG. Die Verwaltung ist bei dem Abschluss des Vertrags im Jahr 2009 im Rahmen ihrer üblichen Aufgaben gem. § 27 WEG tätig geworden.

Die Revision beanstandet allerdings zu Recht, dass das LG nicht geprüft hat, ob sich eine Kompetenz aus § 16 Abs. 3 WEG ergibt. Dies führt aber gleichwohl nicht zum Erfolg der Revision, denn auch bei Bestehen einer entsprechenden Beschlusskompetenz setzt eine wirksame Änderung des bisher geltenden Verteilungsschlüssels durch Mehrheitsbeschluss voraus, dass aus dem Beschluss hinreichend konkret hervorgeht, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein hatten, eine Änderung der bisherigen Kostenverteilung für künftige Abrechnungen zu beschließen. Nur so ist die erfolgreiche Transparenz gewährleistet. Dass die Wohnungseigentümer einen Beschluss gefasst haben, mit dem sie die Teilungserklärung ändern wollten, ist nicht ersichtlich. Der Wille der Wohnungseigentümer, über die bloße Genehmigung des Vertrags hinaus auch eine Änderung der Kostenverteilungsschlüssel der Teilungserklärung herbeizuführen, wird nicht deutlich.

Auch der Beschluss zu TOP7 widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, da die Verteilung der Kosten für die Pförtnerdienstleistungen nicht der Teilungserklärung entspricht. Der den Vertrag bestätigende Beschluss der Wohnungseigentümer ist ebenso wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig. Eine solche ergibt sich weder aus § 16 Abs. 3 WEG noch aus § 21 Abs. 7 WEG. Diese sind erst 2007 in Kraft getreten.

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