01.02.2023

WEMoG: Änderung bei Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen

Nach dem seit dem 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht trifft die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer nicht mehr den Verwalter, sondern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Auch nach dem neuen Recht ist eine gerichtliche Beschlussersetzung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die verlangte Maßnahme bereits Gegenstand einer positiven Beschlussfassung ist, die von den Wohnungseigentümern nicht angefochten wurde.

BGH v. 16.12.2022 - V ZR 263/21
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung im Erdgeschoss, die u.a. von einem Stahlpodest aus über eine Tür betreten werden kann. Diese Tür, die keine Türschwelle hatte und von außen abgeschlossen werden konnte, war erneuerungsbedürftig. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 31.1.2017 fassten die Wohnungseigentümer zu TOP 5 dazu folgenden Beschluss:

"Die Eigentümerversammlung beauftragt die Eigentümergemeinschaft vertreten durch den Verwalter, drei Angebote für die Erneuerung der Terrassentür (...) einzuholen. Der optische Eindruck soll erhalten bleiben. (...) Der Vertrag soll in Abstimmung mit dem Beirat mit dem auskömmlichsten Anbieter abgeschlossen werden (...)".

Der damalige Verwalter setzte den Beschluss in der Weise um, dass in der Wohnung des Klägers eine Terrassentür mit einer 10 cm hohen Türschwelle eingebaut wurde, die nicht von außen abgeschlossen werden kann. Der Kläger ist mit dieser Ausführung nicht einverstanden. Sein Antrag zu beschließen, dass der Verwalter den Auftrag zum Einbau einer ebenerdigen und abschließbaren Außentür erteilt, wurde in der Eigentümerversammlung vom 22.5.2018, in der für eine solche Außentür drei Vergleichsangebote vorlagen, abgelehnt.

Der Kläger beantragte daraufhin noch 2018 gerichtlich eine Beschlussersetzung, die darauf gerichtet war, anstelle der Eigentümerversammlung aus den dem Verwalter vorliegenden Vergleichsangeboten über eine abschließbare Außentür/Terrassentür ein Angebot auszuwählen und den Verwalter mit der Umsetzung zu beauftragen. Mit dem Hilfsantrag erstrebte er eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entscheidung, nach welcher die notwendigen und gebotenen Schritte unternommen werden, um die 2017 eingebaute Tür durch eine Terrassentür zu ersetzen, die von ihren Maßen und Sicherheitsstandards mindestens der ursprünglich vorhandenen Tür entspricht.

AG und LG haben die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision war teilweise erfolgreich.

Gründe:
Im Ergebnis zutreffend war zwar die Abweisung des Hauptantrags. Die Abweisung des Hilfsantrags hielt aber einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Anders als das Berufungsgericht meinte, war die Klage gegen den richtigen Klagegegner erhoben worden. Zwar ist für eine auf Beschlussersetzung gerichtete Klage eines Wohnungseigentümers gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG in der Fassung des am 1.12.2020 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes die GdWE der richtige Klagegegner. Für die - wie hier - bis zum 30.11.2020 anhängig gewordenen Verfahren nach § 21 Abs. 8 WEG aF ist aber - wie der Senat inzwischen, allerdings erst nach Erlass des Berufungsurteils, entschieden hat - in analoger Anwendung von § 48 Abs. 5 WEG das bisher geltende Verfahrensrecht anzuwenden und die Klage auch weiterhin gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten.

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag verfolgte Beschlussersetzung. Die Klage ist begründet, wenn der klagende Wohnungseigentümer einen Anspruch auf den seinem Rechtsschutzziel entsprechenden Beschluss hat, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Dafür kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung und damit auch in Übergangsfällen - wie hier - auf das neue materielle Recht an. Auch nach dem seit dem 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht ist eine gerichtliche Beschlussersetzung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die verlangte Maßnahme bereits Gegenstand einer positiven Beschlussfassung ist, die von den Wohnungseigentümern nicht angefochten wurde. Und so ist es hier gewesen.

Das mit dem Hilfsantrag verfolgte Rechtsschutzziel des Klägers wird mithin erreicht, wenn der Streit über den Inhalt des zu TOP 5 gefassten Beschlusses vom 31.1.2017 beseitigt und klargestellt wird, dass die erneuerte Tür ebenerdig und von außen abschließbar sein soll. Ein solch klarstellender Beschluss wird von dem weit gefassten Hilfsantrag, mit dem der Kläger eine Entscheidung "über die notwendigen und gebotenen Schritte" erstrebt, um die 2017 eingebaute Tür durch eine solche Tür zu ersetzen, die in ihren Maßen und Sicherheitsstandards mindestens der ursprünglichen Tür entspricht, erfasst. Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt.

Die Beschlussersetzungsklage ist im Hilfsantrag auch begründet. Denn der Senat hat bereits entschieden, dass Beschlüsse mit lediglich deklaratorischer Natur unbedenklich sind, wenn sie eine klarstellende Funktion haben und keine Zweifel an der Rechtslage aufkommen lassen. Besteht ein Bedürfnis für eine solche Klarstellung, kann ein entsprechender Beschluss mit einer Beschlussersetzungsklage gerichtlich erzwungen werden. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Und solche Umstände waren hier gegeben. Für den Kläger besteht ein Bedürfnis, den zu TOP 5 gefassten Beschluss teilweise dahingehend klarstellen zu lassen, dass die zu erneuernde Terrassentür ebenerdig und von außen abschließbar sein soll, weil das der Rechtslage entspricht und über die Auslegung des Beschlusses Streit besteht.

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Kai-Uwe Agatsy, MietRB 2022, 243

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