Wirksamer Widerruf eines mit einem Darlehen verbundenen Tesla-Kaufs?
LG Wuppertal v. 14.1.2025 - 16 O 18/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine Autoherstellerin, die ihre Fahrzeuge im Direktvertrieb verkauft. Sie unterhält physische Standorte (sog. Tesla-Stores), in denen Kunden Fahrzeuge ansehen und testen können. Kaufverträge können sodann entweder in einem Tesla-Store oder über die Website der Beklagten abgeschlossen werden. Der Kläger hatte am 27.1.2022 einen Tesla, Modell Y 2022 Performance Dual Motor-Allradantrieb, bei der Beklagten per E-Mail zu einem Kaufpreis von 64.970 € bestellt. Diesen finanzierte er über ein mit dem Kaufvertrag verbundenes Darlehen einer Bank. Diese reichte das Darlehen vollständig an die Beklagte aus.
Dem "Bestellvertrag" war eine individuelle Widerrufsbelehrung der Beklagten in Textform beigefügt. Die Beklagte verwandte Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB. Das Fahrzeug wurde am 21.6.2022 in einer Niederlassung der Beklagten übergeben. Der Kläger erklärte mit einer E-Mail vom 17.5.2023 - außerhalb der vierzehntägigen Widerrufsfrist - den Widerruf seiner auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück.
Der Kläger behauptete, er habe der Beklagten das Fahrzeug am 24.7.2023 an ihrem Standort in Annahmeverzug begründender Weise zur Rückgabe angeboten. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten dies abgelehnt. Er war der Ansicht, sein Widerruf sei nicht verfristet gewesen. Es sei die verlängerte Widerrufsfrist von einem Jahr und 14 Tagen maßgeblich, weil die dem Bestellvertrag beigefügte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Anspruchsgegnerin für Ansprüche aus der Rückabwicklung des widerrufenen Vertrags wäre allein die - hier nicht verklagte - Bank.
Nach § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB tritt im Falle des Widerrufs eines mit einem Darlehen verbunden Verbrauchervertrags über die Lieferung einer Ware der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist. Dies gilt sowohl für den Fall, dass der Verbraucher den Darlehensvertrag widerrufen hat als auch für den Fall, dass er den verbundenen Vertrag über die Lieferung einer Ware widerrufen hat. Der Eintritt hat zur Folge, dass der Darlehensgeber an die Stelle des Unternehmers tritt. Infolge dieses gesetzlichen Schuldnerwechsels hat der Verbraucher auch nicht die Wahl, anstelle der Abwicklung mit dem Darlehensgeber direkt den Unternehmer auf Rückabwicklung des finanzierten Geschäfts in Anspruch zu nehmen.
Infolgedessen wäre die Bank - einen wirksamen Widerruf unterstellt - hier die alleinige Gegnerin für die Geltendmachung von Rückabwicklungsansprüchen nach Widerruf. Sie war in die Rechte und Pflichten der Beklagten eingetreten. Der Kaufvertrag war durch ein verbundenes Darlehen i.S.d. § 358 Abs. 3 BGB finanziert worden, weil das Darlehen der Finanzierung des Fahrzeugkaufs diente und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Das Darlehen wurde auch bereits vor Erklärung des Widerrufs an die Beklagte ausgereicht.
Die Feststellungsklage wäre im Übrigen auch unbegründet. Dem Kläger dürfte hier zwar ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht nach §§ 355, 356, 312g BGB zugestanden haben. Die Widerrufsfrist war bei Ausübung des Widerrufsrechts am 17.5.2023 jedoch seit langer Zeit abgelaufen. Nach ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht am 27.1.2022 begann die 14-tägige Widerrufsfrist mit Erhalt der Ware am 21.6.2022 gem. §§ 355 Abs. 3, 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, 356 Abs. 3 BGB zu laufen. Sie endete am 5.7.2022.
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Justiz NRW
Die Beklagte ist eine Autoherstellerin, die ihre Fahrzeuge im Direktvertrieb verkauft. Sie unterhält physische Standorte (sog. Tesla-Stores), in denen Kunden Fahrzeuge ansehen und testen können. Kaufverträge können sodann entweder in einem Tesla-Store oder über die Website der Beklagten abgeschlossen werden. Der Kläger hatte am 27.1.2022 einen Tesla, Modell Y 2022 Performance Dual Motor-Allradantrieb, bei der Beklagten per E-Mail zu einem Kaufpreis von 64.970 € bestellt. Diesen finanzierte er über ein mit dem Kaufvertrag verbundenes Darlehen einer Bank. Diese reichte das Darlehen vollständig an die Beklagte aus.
Dem "Bestellvertrag" war eine individuelle Widerrufsbelehrung der Beklagten in Textform beigefügt. Die Beklagte verwandte Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB. Das Fahrzeug wurde am 21.6.2022 in einer Niederlassung der Beklagten übergeben. Der Kläger erklärte mit einer E-Mail vom 17.5.2023 - außerhalb der vierzehntägigen Widerrufsfrist - den Widerruf seiner auf Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück.
Der Kläger behauptete, er habe der Beklagten das Fahrzeug am 24.7.2023 an ihrem Standort in Annahmeverzug begründender Weise zur Rückgabe angeboten. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten dies abgelehnt. Er war der Ansicht, sein Widerruf sei nicht verfristet gewesen. Es sei die verlängerte Widerrufsfrist von einem Jahr und 14 Tagen maßgeblich, weil die dem Bestellvertrag beigefügte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Anspruchsgegnerin für Ansprüche aus der Rückabwicklung des widerrufenen Vertrags wäre allein die - hier nicht verklagte - Bank.
Nach § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB tritt im Falle des Widerrufs eines mit einem Darlehen verbunden Verbrauchervertrags über die Lieferung einer Ware der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist. Dies gilt sowohl für den Fall, dass der Verbraucher den Darlehensvertrag widerrufen hat als auch für den Fall, dass er den verbundenen Vertrag über die Lieferung einer Ware widerrufen hat. Der Eintritt hat zur Folge, dass der Darlehensgeber an die Stelle des Unternehmers tritt. Infolge dieses gesetzlichen Schuldnerwechsels hat der Verbraucher auch nicht die Wahl, anstelle der Abwicklung mit dem Darlehensgeber direkt den Unternehmer auf Rückabwicklung des finanzierten Geschäfts in Anspruch zu nehmen.
Infolgedessen wäre die Bank - einen wirksamen Widerruf unterstellt - hier die alleinige Gegnerin für die Geltendmachung von Rückabwicklungsansprüchen nach Widerruf. Sie war in die Rechte und Pflichten der Beklagten eingetreten. Der Kaufvertrag war durch ein verbundenes Darlehen i.S.d. § 358 Abs. 3 BGB finanziert worden, weil das Darlehen der Finanzierung des Fahrzeugkaufs diente und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Das Darlehen wurde auch bereits vor Erklärung des Widerrufs an die Beklagte ausgereicht.
Die Feststellungsklage wäre im Übrigen auch unbegründet. Dem Kläger dürfte hier zwar ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht nach §§ 355, 356, 312g BGB zugestanden haben. Die Widerrufsfrist war bei Ausübung des Widerrufsrechts am 17.5.2023 jedoch seit langer Zeit abgelaufen. Nach ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht am 27.1.2022 begann die 14-tägige Widerrufsfrist mit Erhalt der Ware am 21.6.2022 gem. §§ 355 Abs. 3, 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, 356 Abs. 3 BGB zu laufen. Sie endete am 5.7.2022.
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