31.01.2023

Wirksamkeit von Dekorationsklauseln in AGB im Bereich des Gewerbemietrechts

Der Mieter von Geschäftsraum ist in noch stärkerem Maße als der Wohnraummieter darauf angewiesen, dass er die Räume nach seinen Bedürfnissen gestalten kann, weil die Ausgestaltung der Räume oft Teil des Geschäftskonzepts ist. Allerdings wurde die Revision zur Fortbildung des Rechts in der Frage zugelassen, ob sog. Dekorationsklauseln in AGB im Bereich des Gewerbemietrechts wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sind.

OLG Brandenburg v. 6.12.2022 - 3 U 132/21
Der Sachverhalt:
Die Beklagte zu 1) hatte zum 1.12.2009 von der Rechtsvorgängerin des Klägers Gewerberäume angemietet. Das Mietverhältnis wurde mit einer festen Laufzeit von zunächst drei Jahren abgeschlossen und verlängerte jeweils um ein Jahr, soweit es nicht spätestens sechs Monate vor Vertragsende gekündigt würde. In § 12 des Mietvertrags hatten die Parteien die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen des Objekts geregelt. Deren Vornahme sollten dem Mieter obliegen. § 12 Abs. 3 S. 1 des vom Vormieter vorformulierten, einseitig gestellten Mietvertrages lautet:

"Alle Schönheitsreparaturen innerhalb der gemieteten Räume ... hat der Mieter fachgerecht auf seine Kosten durchführen zu lassen."

§ 12 Abs. 4 des Mietvertrags ist wie folgt gefasst:

"(1) Die Schönheitsreparaturen umfassen das Tapezieren bzw. Anstreichen von Wänden, Decken, Streichen der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, Versorgungs- und Abflussleitungen, der Türen (Innentüren innen und außen). (2) Der Mieter ist nicht befugt, ohne Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen."

Mit Nachtragsvereinbarung vom 14.1.2011 mietete die Beklagte zu 1) weitere Räumlichkeiten hinzu. Die Vertragslaufzeit wurde nunmehr bis zum 31.3.2016 fest vereinbart mit gleichlautender Klausel zur Laufzeitverlängerung. Auf eine schriftliche Mitteilung der Beklagten vom 22.12.2015, dass sie ihre Steuerkanzlei ab dem 2.1.2015 mit ihrem Ehemann in Form einer Partnerschaftsgesellschaft weiterbetreiben werde, reagierte der Kläger nicht. Mit Schreiben vom 26.9.2018 kündigten die Beklagten das streitgegenständliche Mietverhältnis mit Wirkung zum 31.3.2019. Weitere außerordentliche Kündigungen erfolgten mit Schreiben vom 20.12.2018 wegen angeblich unerlaubter Zutrittsverschaffung zu den Mieträumen und vom 28.12.2018. Zum Ende Dezember 2018 erhielt der Kläger die Schlüssel zu den Mieträumlichkeiten zurück.

Der Kläger widersprach den außerordentlichen Kündigungen und forderte die Beklagte(n) mit Schreiben vom 15.1.2019 auf, "die Räume zu säubern, nötige Instandsetzungen vorzunehmen und die fälligen Schönheitsreparaturen auszuführen". Seit Januar 2019 zahlten die Beklagten keine Miete mehr. Der Kläger machte einen Restbetrag - nach Aufrechnung - der Kosten für Malerarbeiten von 4.494 €, offene Mieten für Januar bis März 2019 i.H.v. 5.124 € sowie Kosten für die Entfernung einer Trennwand i.H.v. 2.346 €, insgesamt Zahlungen von 11.966 € geltend.

Das LG hat die Beklagte zu 1) unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 2.556 € nebst anteiliger Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 612 € zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb weitgehend erfolglos. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Soweit das LG die die Ausführung von Schönheitsreparaturen betreffende Vertragsklausel des § 12 Abs. 4 S. 2, die zwischen den Parteien unstreitig eine AGB darstellt, für unwirksam gehalten hat, schloss sich der Senat dieser Rechtsauffassung an. Zurecht wies der Kläger zwar darauf hin, dass eine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu bislang nur für Wohnungsmietverträge betreffende Vertragsklauseln vorliege (BGH, Hinweisbeschluss vom 11.9.2012 - VIII ZR 237/11).

Eine Formularklausel, wonach der Mieter nur mit Zustimmung des Vermieters von der bisherigen "Ausführungsart" abweichen darf, verstößt danach gegen das Klarheitsgebot des § 305 c Abs. 2 BGB, weil der Begriff der "Ausführungsart" mehrdeutig ist: er kann sich auf die Grundausstattung, auf die Ausgestaltung im einzelnen oder auf beides beziehen. Dies gilt auch dann, wenn das Zustimmungserfordernis nur für erhebliche Abweichungen gelten soll. Für die Geschäftsraummiete gilt jedoch nach Auffassung des Senats - über § 307 Abs. 1 S. 1 BGB - nichts anderes. Der Mieter von Geschäftsraum ist in noch stärkerem Maße als der Wohnraummieter darauf angewiesen, dass er die Räume nach seinen Bedürfnissen gestalten kann, weil die Ausgestaltung der Räume oft Teil des Geschäftskonzepts ist.

Die teilweise Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel schlug somit auf die Gesamtregelung durch und machte diese insgesamt unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion fand nicht statt. Allerdings wurde die Revision zur Fortbildung des Rechts in der Frage zugelassen, ob sog. Dekorationsklauseln in AGB im Bereich des Gewerbemietrechts wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sind. Im Übrigen war eine Zulassung der Revision nicht veranlasst, weil der Senat von der insoweit bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht abgewichen ist.

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Aufsatz
Arnold Lehmann-Richter
Die Kontrolle von Sonderkündigungsrechts-AGB in der Geschäftsraummiete
MietRB 2022, 273

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