Wohnfläche: Voraussetzungen für eine konkludente Vereinbarung
AG Bonn v. 20.8.2021 - 203 C 33/21
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte am 26.3.2007 eine Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses des mittlerweile verstorbenen Vater der jetzigen Beklagten angemietet. In dieses Mietverhältnis trat zunächst die ursprüngliche und mittlerweile verstorbene Beklagte H. nach dem Tod ihres Mannes ein. Die jetzigen Beklagten sind im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge Erben nach der Verstorbenen.
Das Mietobjekt besteht insgesamt aus 4 Zimmern, 1 Küche, 1 Diele, 1 Bad, 1 Balkon sowie einem Kellerraum und einem Stellplatz. In § 4 des Mietvertrags wurde zwischen den Parteien eine monatliche Gesamtmiete von 700 € vereinbart. Eine Flächenangabe enthielt der Mietvertrag nicht. Das Mietverhältnis wurde zum 31.5.2020 durch Aufhebungsvertrag beendet. Im Juli 2020 inserierten die Beklagten das Mietobjekt im Internet und gaben dabei eine Wohnfläche von ca. 88 qm an. Daraufhin forderte die Klägerin die damalige Beklagte zur Rückzahlung überzahlter Mieten i.H.v. 13.188 € auf.
Die Klägerin behauptete, ihr sei bei Anmietung des Objekts von den damaligen Vermietern mitgeteilt worden, dass die Wohnung eine Wohnfläche von 100 m² aufweise. Sie ist deshalb der Ansicht, sie könne überzahlte Miete in Höhe von 12 % seit Mietbeginn zurückfordern.
Das AG hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückzahlung überzahlter Mieten aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Parteien haben nämlich keine vertragliche Vereinbarung über die Wohnfläche getroffen, so dass es auf die Frage, wie groß die Wohnung tatsächlich ist, nicht ankommt.
Zwar kann bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Wohnfläche eine konkludente Wohnflächenvereinbarung auch dann zustande kommen, wenn die Parteien vor Abschluss des Mietvertrags über die Wohnfläche verhandelt und insoweit Einigkeit erzielt haben oder übereinstimmend von einer bestimmten Größe ausgegangen sind. Doch trägt die Klägerin lediglich vor, es habe im Februar 2007 einen Besichtigungstermin und wenige Tage später eine finale Besichtigung gegeben. Dabei sei ihr von den verstorbenen Eheleuten mitgeteilt worden, dass die Wohnung eine Wohnfläche von 100 m² aufweise. Selbst wenn man dies als zutreffend unterstellt, folgt daraus keine verbindliche Vereinbarung über die Wohnfläche. Denn auch eine konkludente Vereinbarung setzt das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens voraus, der sich aus schlüssigem Verhalten ergeben muss.
Sähe man jegliche Äußerung eines Mieters oder Vermieters im Rahmen eines Besichtigungstermins über den gewünschten oder tatsächlichen Zustand der Mietsache als konkludente vertragliche Vereinbarung an, würde die Grenze zwischen einer bloßen Beschreibung oder Mitteilung und einer bindenden Übereinkunft aufgelöst. Erforderlich für die Annahme einer konkludenten Vereinbarung ist und bleibt die durch schlüssiges Verhalten deutlich gewordene Erklärung, sich rechtlich binden zu wollen.
Im vorliegenden Fall ist weder klar, ob die geschilderte Äußerung der Beklagten im Zusammenhang mit ausdrücklichen Vertragsverhandlungen erfolgte, noch behauptet die Klägerin, dass sie selbst auf die Angabe der Wohnfläche Wert gelegt hätte. Da es sich bereits um einen zweiten Besichtigungstermin handelte, liegt sogar die Annahme nahe, dass die Klägerin mit der Beschaffenheit der Wohnung derart zufrieden war, dass eine Anmietung auch unabhängig von der Angabe einer Wohnfläche beabsichtigt war. Jedenfalls aber trägt sie kein Verhalten vor, aus denen die verstorbenen Eheleute hätten schließen müssen, dass es der Klägerin auf eine vertragliche Bindung im Hinblick auf die Wohnfläche ankam.
Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag enthält in § 15 eine doppelte Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Mietvertrages ebenso der Schriftform bedürfen wie eine Änderung des Schriftformerfordernisses selbst.
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Justiz NRW
Die Klägerin hatte am 26.3.2007 eine Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses des mittlerweile verstorbenen Vater der jetzigen Beklagten angemietet. In dieses Mietverhältnis trat zunächst die ursprüngliche und mittlerweile verstorbene Beklagte H. nach dem Tod ihres Mannes ein. Die jetzigen Beklagten sind im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge Erben nach der Verstorbenen.
Das Mietobjekt besteht insgesamt aus 4 Zimmern, 1 Küche, 1 Diele, 1 Bad, 1 Balkon sowie einem Kellerraum und einem Stellplatz. In § 4 des Mietvertrags wurde zwischen den Parteien eine monatliche Gesamtmiete von 700 € vereinbart. Eine Flächenangabe enthielt der Mietvertrag nicht. Das Mietverhältnis wurde zum 31.5.2020 durch Aufhebungsvertrag beendet. Im Juli 2020 inserierten die Beklagten das Mietobjekt im Internet und gaben dabei eine Wohnfläche von ca. 88 qm an. Daraufhin forderte die Klägerin die damalige Beklagte zur Rückzahlung überzahlter Mieten i.H.v. 13.188 € auf.
Die Klägerin behauptete, ihr sei bei Anmietung des Objekts von den damaligen Vermietern mitgeteilt worden, dass die Wohnung eine Wohnfläche von 100 m² aufweise. Sie ist deshalb der Ansicht, sie könne überzahlte Miete in Höhe von 12 % seit Mietbeginn zurückfordern.
Das AG hat die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückzahlung überzahlter Mieten aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Parteien haben nämlich keine vertragliche Vereinbarung über die Wohnfläche getroffen, so dass es auf die Frage, wie groß die Wohnung tatsächlich ist, nicht ankommt.
Zwar kann bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Wohnfläche eine konkludente Wohnflächenvereinbarung auch dann zustande kommen, wenn die Parteien vor Abschluss des Mietvertrags über die Wohnfläche verhandelt und insoweit Einigkeit erzielt haben oder übereinstimmend von einer bestimmten Größe ausgegangen sind. Doch trägt die Klägerin lediglich vor, es habe im Februar 2007 einen Besichtigungstermin und wenige Tage später eine finale Besichtigung gegeben. Dabei sei ihr von den verstorbenen Eheleuten mitgeteilt worden, dass die Wohnung eine Wohnfläche von 100 m² aufweise. Selbst wenn man dies als zutreffend unterstellt, folgt daraus keine verbindliche Vereinbarung über die Wohnfläche. Denn auch eine konkludente Vereinbarung setzt das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens voraus, der sich aus schlüssigem Verhalten ergeben muss.
Sähe man jegliche Äußerung eines Mieters oder Vermieters im Rahmen eines Besichtigungstermins über den gewünschten oder tatsächlichen Zustand der Mietsache als konkludente vertragliche Vereinbarung an, würde die Grenze zwischen einer bloßen Beschreibung oder Mitteilung und einer bindenden Übereinkunft aufgelöst. Erforderlich für die Annahme einer konkludenten Vereinbarung ist und bleibt die durch schlüssiges Verhalten deutlich gewordene Erklärung, sich rechtlich binden zu wollen.
Im vorliegenden Fall ist weder klar, ob die geschilderte Äußerung der Beklagten im Zusammenhang mit ausdrücklichen Vertragsverhandlungen erfolgte, noch behauptet die Klägerin, dass sie selbst auf die Angabe der Wohnfläche Wert gelegt hätte. Da es sich bereits um einen zweiten Besichtigungstermin handelte, liegt sogar die Annahme nahe, dass die Klägerin mit der Beschaffenheit der Wohnung derart zufrieden war, dass eine Anmietung auch unabhängig von der Angabe einer Wohnfläche beabsichtigt war. Jedenfalls aber trägt sie kein Verhalten vor, aus denen die verstorbenen Eheleute hätten schließen müssen, dass es der Klägerin auf eine vertragliche Bindung im Hinblick auf die Wohnfläche ankam.
Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag enthält in § 15 eine doppelte Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Mietvertrages ebenso der Schriftform bedürfen wie eine Änderung des Schriftformerfordernisses selbst.
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- Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der Datenbank Otto Schmidt online.
- Unsere Autorin VR"inLG Astrid Siegmund hat sich im MietRB 2021, 325 genauer mit der Entscheidung befasst.