Zu den Voraussetzungen für die Anpassung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012)
BGH v. 10.6.2021 - VII ZR 157/20
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Dezember 2013 von der Beklagten unter Einbeziehung der Regelungen der VOB/B (2012) den Zuschlag für ausgeschriebene Holzungs- und Altlastenumlagerungsarbeiten erhalten. Das Leistungsverzeichnis wies in Position 01.00.0001 als Leistung "Bäume fällen ohne Roden" und einen Mengenansatz von 4.500 Stück aus. Die Position 01.07.0001 wies als Leistung "Freischneiden und Roden" bei einem Mengenansatz von 21.200 m² aus und bezog sich auf dasselbe Flurstück wie die vorherige Position. Das Preisangebot der Klägerin belief sich hinsichtlich der Position 01.00.0001 auf einen Einheitspreis von 0,12 € pro Baum, hinsichtlich der Position 01.07.0001 auf 0,11 € pro m². Nachdem die Beklagte hinsichtlich einiger Positionen nachgefragt hatte, ob die Einzelpreise auskömmlich seien, legte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Urkalkulation offen.
Daraus ergab sich, dass die Klägerin mit einem Erlös aus der Verwertung der Bäume in Höhe von insgesamt 60 € je Baum rechnete, von dem sie den Betrag von 15 € als Gutschrift an die Beklagte weiterreichte; der Restbetrag i.H.v. 45 € pro Baum sollte der Klägerin verbleiben. Entsprechend gestaltete sich die Preiskalkulation für die Leistungsposition 01.07.0001. Dort rechnete die Klägerin mit einem Erlös von 20 € pro Wurzelstock, von dem sie 5 € als Gutschrift in dem Einheitspreis berücksichtigte.
Die Klägerin führte die angebotenen Leistungen durch; diese wurden von der Beklagten abgenommen. Auf dem Flurstück standen tatsächlich nur 1.237 Bäume. In einem Nachtrag forderte die Klägerin von der Beklagten eine Anpassung der beiden Einheitspreise. Dabei verlangte sie hinsichtlich der Position 01.00.0001 einen neuen Einheitspreis von 126,89 €. Darin enthalten war auch ein Ausgleich für entgangenen Verwertungserlös i.H.v. 146.835 € netto wegen der im Vergleich zur Mengenangabe im Leistungsverzeichnis nicht vorhandenen 3.263 Bäume. Betreffend die Position 01.07.0001 verlangte die Klägerin unter Berücksichtigung eines Ausgleichs für entgangenen Verwertungserlös für 3.263 Wurzelstöcke eine Anpassung des Einheitspreises auf 2,42 € netto pro Stück.
Das LG hat die auf Ausgleich der von der Klägerin erwarteten Verwertungserlöse für 3.263 Bäume und Wurzelstöcke gerichtete Klage abgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung bestätigt. Und auch die Revision der Klägerin vor dem BGH blieb erfolglos.
Gründe:
Die Klägerin hat wegen der Mindermengen keinen Anspruch auf eine Preisanpassung gem. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012).
Danach ist bei einer über zehn Prozent hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Durch die Vergütungsregelung soll der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers den Unwägbarkeiten entzogen werden, die sich aus der unzutreffenden Einschätzung der für die Ausführung der Bauleistung erforderlichen Mengen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ergeben. Die Bestimmung trägt dem Risiko Rechnung, dass die Mengenschätzung im Zeitpunkt der Ausschreibung naturgemäß ungenau sein kann und die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Baustelle insofern nicht genau erfasst worden sein können.
Der in der Urkalkulation von der Klägerin prognostizierte Verwertungserlös i.H.v. 45 € pro Baum ist allerdings kein Bestandteil des angebotenen Einheitspreises geworden. Es folgte weder allein aus der Offenlegung der Urkalkulation noch aus der Einbeziehung einer Gutschrift i.H.v. 15 € pro Baum in die Kalkulation des Einheitspreises, dass der erwartete Verwertungserlös insgesamt Bestandteil des Einheitspreises und damit Teil des Äquivalenzverhältnisses geworden war. Durch die Offenlegung ist die mit der Entsorgung der Bäume insgesamt verbundene Erlöserwartung der Klägerin nicht Gegenleistung für die von ihr zu erbringenden Leistungen geworden. Vielmehr war aus der Urkalkulation ersichtlich, dass die Klägerin die Verwertungserlöse am Markt allein erzielen wollte und diese jedenfalls i.H. eines Teilbetrages von 45 € kein Kostenfaktor des Einheitspreises sein sollten.
Hinsichtlich der die Wurzelstöcke betreffenden Position 01.07.0001 konnte eine Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B schon deshalb nicht verlangen kann, weil der Mengenansatz dieser Position in Quadratmetern und nicht in Stückzahlen angegeben wurde und die Flächengröße unverändert geblieben ist.
BGH online
Die Klägerin hatte im Dezember 2013 von der Beklagten unter Einbeziehung der Regelungen der VOB/B (2012) den Zuschlag für ausgeschriebene Holzungs- und Altlastenumlagerungsarbeiten erhalten. Das Leistungsverzeichnis wies in Position 01.00.0001 als Leistung "Bäume fällen ohne Roden" und einen Mengenansatz von 4.500 Stück aus. Die Position 01.07.0001 wies als Leistung "Freischneiden und Roden" bei einem Mengenansatz von 21.200 m² aus und bezog sich auf dasselbe Flurstück wie die vorherige Position. Das Preisangebot der Klägerin belief sich hinsichtlich der Position 01.00.0001 auf einen Einheitspreis von 0,12 € pro Baum, hinsichtlich der Position 01.07.0001 auf 0,11 € pro m². Nachdem die Beklagte hinsichtlich einiger Positionen nachgefragt hatte, ob die Einzelpreise auskömmlich seien, legte die Klägerin gegenüber der Beklagten ihre Urkalkulation offen.
Daraus ergab sich, dass die Klägerin mit einem Erlös aus der Verwertung der Bäume in Höhe von insgesamt 60 € je Baum rechnete, von dem sie den Betrag von 15 € als Gutschrift an die Beklagte weiterreichte; der Restbetrag i.H.v. 45 € pro Baum sollte der Klägerin verbleiben. Entsprechend gestaltete sich die Preiskalkulation für die Leistungsposition 01.07.0001. Dort rechnete die Klägerin mit einem Erlös von 20 € pro Wurzelstock, von dem sie 5 € als Gutschrift in dem Einheitspreis berücksichtigte.
Die Klägerin führte die angebotenen Leistungen durch; diese wurden von der Beklagten abgenommen. Auf dem Flurstück standen tatsächlich nur 1.237 Bäume. In einem Nachtrag forderte die Klägerin von der Beklagten eine Anpassung der beiden Einheitspreise. Dabei verlangte sie hinsichtlich der Position 01.00.0001 einen neuen Einheitspreis von 126,89 €. Darin enthalten war auch ein Ausgleich für entgangenen Verwertungserlös i.H.v. 146.835 € netto wegen der im Vergleich zur Mengenangabe im Leistungsverzeichnis nicht vorhandenen 3.263 Bäume. Betreffend die Position 01.07.0001 verlangte die Klägerin unter Berücksichtigung eines Ausgleichs für entgangenen Verwertungserlös für 3.263 Wurzelstöcke eine Anpassung des Einheitspreises auf 2,42 € netto pro Stück.
Das LG hat die auf Ausgleich der von der Klägerin erwarteten Verwertungserlöse für 3.263 Bäume und Wurzelstöcke gerichtete Klage abgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung bestätigt. Und auch die Revision der Klägerin vor dem BGH blieb erfolglos.
Gründe:
Die Klägerin hat wegen der Mindermengen keinen Anspruch auf eine Preisanpassung gem. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (2012).
Danach ist bei einer über zehn Prozent hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Durch die Vergütungsregelung soll der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers den Unwägbarkeiten entzogen werden, die sich aus der unzutreffenden Einschätzung der für die Ausführung der Bauleistung erforderlichen Mengen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ergeben. Die Bestimmung trägt dem Risiko Rechnung, dass die Mengenschätzung im Zeitpunkt der Ausschreibung naturgemäß ungenau sein kann und die tatsächlichen Gegebenheiten auf der Baustelle insofern nicht genau erfasst worden sein können.
Der in der Urkalkulation von der Klägerin prognostizierte Verwertungserlös i.H.v. 45 € pro Baum ist allerdings kein Bestandteil des angebotenen Einheitspreises geworden. Es folgte weder allein aus der Offenlegung der Urkalkulation noch aus der Einbeziehung einer Gutschrift i.H.v. 15 € pro Baum in die Kalkulation des Einheitspreises, dass der erwartete Verwertungserlös insgesamt Bestandteil des Einheitspreises und damit Teil des Äquivalenzverhältnisses geworden war. Durch die Offenlegung ist die mit der Entsorgung der Bäume insgesamt verbundene Erlöserwartung der Klägerin nicht Gegenleistung für die von ihr zu erbringenden Leistungen geworden. Vielmehr war aus der Urkalkulation ersichtlich, dass die Klägerin die Verwertungserlöse am Markt allein erzielen wollte und diese jedenfalls i.H. eines Teilbetrages von 45 € kein Kostenfaktor des Einheitspreises sein sollten.
Hinsichtlich der die Wurzelstöcke betreffenden Position 01.07.0001 konnte eine Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B schon deshalb nicht verlangen kann, weil der Mengenansatz dieser Position in Quadratmetern und nicht in Stückzahlen angegeben wurde und die Flächengröße unverändert geblieben ist.