Zum Anspruch des Betreibers eines Paddelbootverleihs auf Eintragung einer Grunddienstbarkeit
BGH 11.7.2014, V ZR 74/13Die Stadt L. in der ehemaligen DDR hatte dem Kläger mit schriftlichem Nutzungsvertrag aus dem Jahr 1988 die Befugnis übertragen, auf einem vermeintlich volkseigenen Grundstück, ein an einem Wasserarm des Spreewalds gelegenes Flurstück gewerblich für einen Paddelbootverleih zu nutzen. Infolge einer Parzellenverwechselung wurde dem Kläger aber nicht das volkseigene, sondern das benachbarte Flurstück zur Nutzung überlassen. Der Kläger, dem im Februar 1989 eine Gewerbegenehmigung erteilt worden war, errichtete bis zum 2.10.1990 auf dem Flurstück ein Bootshaus und nahm an einem Bootsschuppen bauliche Veränderungen vor. Im Jahr 1996 erwarb er das Grundstück von der eigentlichen (West-)Eigentümerin.
Über die benachbarten, vor allem als Campingplätze genutzten Flurstücke führt ein ca. 400 m langer Weg, über den das Grundstück des Klägers mit Kraftfahrzeugen allein erreicht werden kann. Über diese Flurstücke führen zudem die Ver- und Entsorgungsleitungen zu dem Grundstück des Klägers. Die mitbenutzten Flurstücke wurden - zusammen mit anderen - im Jahr 1993 nach dem Vermögensgesetz an eine Erbengemeinschaft zurückübertragen und von dieser in die beklagte GbR eingebracht.
Nachdem es mehrfach zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger und der Beklagten bzw. einem ihrer Pächter gekommen war, forderte der Kläger die Beklagte gerichtlich auf, die Eintragung einer Grunddienstbarkeit u.a. zur Sicherung des Zugangs und der Zufahrt zu bewilligen. Das LG gab der Klage in Bezug auf das Wege- und das Leitungsrecht statt; wies die weitergehende Klage hinsichtlich der Fahrzeugstellplätze allerdings ab. Das OLG wies die Klage im Ganzen ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Das OLG hatte zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG verneint. Die Anwendung dieses Gesetzes war entgegen seiner Auffassung nicht durch § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SachenRBerG ausgeschlossen.
Der Grundstückseigentümer ist nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG unabhängig davon anspruchsberechtigt, ob sein Grundstück am 2.10.1990 durch ihn selbst oder durch Dritte aufgrund eines mit ihm oder mit staatlichen Stellen der DDR abgeschlossenen Vertrages genutzt wurde. Entscheidend ist, ob die zur Erschließung seines Grundstücks erforderliche Mitbenutzung des Nachbargrundstücks in der DDR als rechtmäßig angesehen wurde.
Nach dem mit § 2 Abs. 1 S. 1 SachenRBerG verfolgten Zweck wäre es nicht zu rechtfertigen, die Eigentümer, deren Grundstücke vor dem 3.10.1990 auf vertraglicher Grundlage genutzt wurden, von den Ansprüchen auf sachenrechtliche Bereinigung der notwendigen Mitbenutzungen nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG auszuschließen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Norm das Ziel verfolgt, die Bebauung privater Grundstücke auf der Grundlage vertraglicher Nutzungsbefugnisse dem Nachzeichnungsprinzip entsprechend aus dem Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes herauszunehmen und im Schuldrechtsanpassungsgesetz zu regeln. Die Nichtanwendung des Gesetzes auf einen Teil der Grundstückseigentümer widerspräche auch dem von § 116 Abs. 1 SachenRBerG verfolgten Zweck.
Der Anwendbarkeit des § 116 Abs. 1 SachenRBerG stand schließlich auch nicht der Umstand entgegen, dass die damalige (West-)Eigentümerin bis zum Ablauf des 2.10.1990 das Grundstück weder selbst noch durch Verpachtung an den Beklagten genutzt hatte. Allerdings fehlte es noch an Feststellungen, dass die dingliche Absicherung der Mitbenutzung durch eine Grunddienstbarkeit auch in dem von dem Kläger begehrten Umfang nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde, so dass die Einräumung eines Mitbenutzungsrechts nach § 321 Abs. 2 ZGB-DDR hätte verlangt werden können. Insoweit sind das von dem Kläger beanspruchte Wegerecht und das Stellplatzrecht zu unterscheiden.
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