05.05.2014

Zum ehebedingten Nachteil bei einem betriebsbedingten Verlust des Arbeitsplatzes

Ein ehebedingter Nachteil kann sich bei einem betriebsbedingten Verlust des Arbeitsplatzes auch daraus ergeben, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene Rollenverteilung zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Stelle bewirbt. Allerdings gelten auch in solchen Fällen im Rahmen der sekundären Darlegungslast besondere Voraussetzungen.

BGH 26.3.2014, XII ZB 214/13
Der Sachverhalt:
Die Eheleute waren zunächst in einem Kernkraftwerk in der ehemaligen DDR beschäftigt, der Ehemann als Maschinist und die Ehefrau als Ingenieurin. Nach der Wende zogen sie in den Westen, um sich in Norddeutschland um neue Arbeitsplätze zu bemühen. Der Ehemann nahm im Herbst 1990 eine Stelle bei den Stadtwerken an. Dort ist er noch heute beschäftigt; er verfügte im Jahr 2012 über ein Nettoeinkommen von rund 3.229 € monatlich. Die Ehefrau war im Kernkraftwerk seit Mitte 1990 in Form einer auf "Null" reduzierten Kurzarbeit beschäftigt.

Nachdem es ihr nicht gelang, einen Arbeitsplatz im Westen zu finden, absolvierte sie im Jahr 1992 einen vom Arbeitsamt vermittelten halbjährigen Computerkurs. Nach der Geburt des Sohnes im Jahr 1994 führten die Beteiligten bis Herbst 1998 eine Hausfrauenehe. Im Anschluss absolvierte die Ehefrau eine Umschulung zur Kauffrau. Anfang 2001 nahm sie eine Tätigkeit als kaufmännische Angestellte auf. Seit Anfang 2002 arbeitet sie bei ihrem jetzigen Arbeitgeber mit aktuell rund 40 Wochenstunden; sie verfügte im Jahr 2012 über ein Nettoeinkommen von rund 1.440 € monatlich.

Das AG hatte auf den im Februar 2012 zugestellten Scheidungsantrag die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Ehemann verpflichtet, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt von monatlich rund 1.055 € zu zahlen. Auf die Beschwerde des Ehemanns, mit der er eine stufenweise Begrenzung des Unterhalts begehrt hatte, hat das Beschwerdegericht die Unterhaltszahlung auf 863 € monatlich reduziert. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Ehemanns blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Die Tatsache, dass das Beschwerdegericht die Begrenzung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1578b BGB sowohl in Form einer Befristung nach § 1578b Abs. 2 BGB als auch in Form einer Herabsetzung gem. §§ 1578b Abs. 1 BGB abgelehnt hatte, war frei von Rechtsfehlern.

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhalts-anspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Danach ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre.

Ein Nachteil ist nur dann nicht ehebedingt, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbsnachteil nicht ursächlich geworden ist. Das ist der Fall, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen aufgegeben oder verloren hat, die außerhalb der Ehegestaltung liegen, so etwa aufgrund einer von ihm persönlich beschlossenen beruflichen Neuorientierung oder wegen einer betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers. Bei einem betriebsbedingten und damit nicht ehebedingten Verlust des Arbeitsplatzes kann sich ein ehebedingter Nachteil auch daraus ergeben, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Stelle bewirbt.

Allerdings muss der Unterhaltsberechtigte auch in einem solchen Fall im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden. Diesen Maßstäben war das Beschwerdegericht hinreichend gerecht geworden. Insbesondere konnte sich der Ehemann nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Ehefrau erst im Jahr 1993 um die Anerkennung ihres Abschlusses gekümmert habe. Denn dies ist letztlich Ausdruck der gelebten Ehe und lässt keine Rückschlüsse darauf zu, wie die Ehefrau ohne Ehe verfahren wäre.

Linkhinweis:

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