22.07.2014

Zum notwendigen Inhalt einer Beschwerdebegründung in Ehe- und Familienstreitsachen

Die Anforderungen, die § 117 Abs. 1 S. 1 FamFG an einen "bestimmten Sachantrag" stellt, sind erfüllt, wenn die Beschwerdebegründung erkennen lässt, in welchem Umfang der angegriffene Beschluss abgeändert werden soll. Für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung können im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist.

BGH 25.6.2014, XII ZB 134/13
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin war 26.7.2012 geschieden und da sie zum Verhandlungstermin nicht erschienen war, vom AG im Wege der Säumnisentscheidung zur Zahlung von Ehegattenunterhalt an den Antragsteller verpflichtet worden. Ihr Antrag auf güterrechtlichen Ausgleich wurde zurückgewiesen. Die Entscheidung wurde am 6.8.2012 ihrem früheren Verfahrensbevollmächtigten zugestellt. Dieser hatte bereits im April 2012 gegenüber dem AG angezeigt, dass er die Antragstellerin nicht mehr vertritt.

Mit einem am 21.8.2012 beim AG eingegangenen Schriftsatz legte der neue Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde und Einspruch gegen die Entscheidung vom 26.7.2012 ein. Nachdem die Antragstellerin auf die Verfristung ihres Einspruchs gegen den Teilversäumnisbeschluss hingewiesen worden war, lehnte ihr Verfahrensbevollmächtigter am 30.8.2012 die mit dem Verfahren befasste Amtsrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit ab und beantragte vorsorglich Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist. Der Schriftsatz ließ allerdings keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennen, inwieweit die Antragstellerin den Scheidungsausspruch oder die Entscheidung über den Versorgungsausgleich für fehlerhaft hielt und in welchem Umfang sie insoweit eine Abänderung des Beschlusses erreichen wollte.

Infolgedessen wurde zwar dem Ablehnungsgesuch der Antragstellerin stattgegeben. Allerdings wies das AG den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zurück und verwarf den Einspruch gegen den Teilversäumnisbeschluss als unzulässig. Die Antragstellerin legte daraufhin Beschwerde ein und begründete diese hinsichtlich der Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich. Das OLG verwarf die Beschwerde jedoch. Auch die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde konnte der Schriftsatz vom 30.8.2012 nicht als Beschwerdebegründung i.S.v. § 117 Abs. 1 S. 1 FamFG verstanden werden.

Der Beschwerdebegründung muss darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung beinhaltet, beurteilt es sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist.

Die Anforderungen, die § 117 Abs. 1 S. 1 FamFG an einen "bestimmten Sachantrag" stellt, sind somit erfüllt, wenn die Beschwerdebegründung erkennen lässt, in welchem Umfang der angegriffene Beschluss abgeändert werden soll. Infolgedessen genügte der Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 30.8.2012 nicht den formalen Anforderungen an einen Beschwerdeantrag. Dem Schriftsatz ließ sich nämlich weder Umfang noch Ziel der Beschwerde hinreichend bestimmt entnehmen. Er befasste sich nur mit der Amtsrichterin und der Besorgnis der Befangenheit. Der Inhalt des Schriftsatzes beschränkte sich darauf, das Ablehnungsgesuch zu begründen.

Unerheblich war, dass die Antragstellerin in dem Schriftsatz gerügt hatte, sie hätte zu den Scheidungsvoraussetzungen persönlich gehört werden müssen. Soweit hierin die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu sehen sein sollte, war dieser Vortrag ausschließlich in den Zusammenhang mit der Begründung des Ablehnungsgesuchs gestellt worden. Die Ausführungen ließen indes nicht erkennen, dass die Antragstellerin hinsichtlich des Scheidungsausspruchs oder der Entscheidung über den Versorgungsausgleich eine entsprechende Verfahrensrüge erheben wollte.

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