Zur Bestimmung des Geburtsnamens eines Kindes
OLG Bamberg v. 11.3.2024 - 2 UF 44/24 e
Der Sachverhalt:
Gegenstand der Beschwerde ist die Benennung des Geburtsnamens des 2023 geborenen männlichen Kindes. Die Kindseltern führten seit dem Frühjahr 2022 eine Beziehung. Ende August 2023 zog die Kindsmutter in die Wohnung des Kindsvaters, verließ sie jedoch bereits zehn Tage nach der Geburt des Kindes wieder und lebt seitdem mit dem Kind im Haushalt ihrer Eltern. Die elterliche Sorge steht den Kindseltern aufgrund einer Sorgeerklärung gemeinsam zu. Während über den Vornamen des Kindes im Grundsatz Einigkeit besteht, konnten die Kindseltern über den Geburtsnamen kein Einverständnis erzielen. Am 07.11.2023 erfolgte eine Mitteilung über die ausstehende Bestimmung des Geburtsnamens gem. § 168g Abs. 2 FamFG durch das Standesamt B an das zuständige AG. Im daraufhin von Amts wegen eingeleiteten Verfahren gem. § 1617 Abs. 2 BGB konnte ein Einvernehmen zwischen den Kindseltern weiterhin nicht erzielt werden.
Die Kindsmutter beantragte am 30.11.2023, ihr die alleinige elterliche Sorge für das Kind einschließlich des Rechts zur Namensbestimmung zu übertragen. Es bestehe ein auf Fehlverhalten des Kindsvaters zurückgehendes tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Eltern. Das Kind habe seinen zukünftigen Aufenthalt bei der Kindsmutter, so dass es dem Kindeswohl entspreche, wenn es auch deren Familiennamen trage. Zwar habe es in ihrer Familie Bestrebungen gegeben, ihren eigenen Familiennamen zu ändern, dies sei aber rechtlich nicht mehr möglich gewesen. Der Kindsvater beantragte mit Schriftsatz vom 13.12.2023 seinerseits, ihm die alleinige elterliche Sorge für das Kind einschließlich des Rechts zur Namensbestimmung zu übertragen. Zwischen den Kindseltern habe bis zur Trennung Einigkeit bestanden, dass das Kind seinen Familiennamen trage. Der Streit zwischen den Kindseltern sei in erster Linie von den Eltern der Kindsmutter herbeigeführt worden.
Das AG hat die Beteiligten im Termin angehört. Dem gerichtlichen Vorschlag eines Losverfahrens zur Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes stimmte nur der Kindsvater zu. Mit Teilbeschluss übertrug das AG das Bestimmungsrecht über den Nachnamen für das Kind dem Kindsvater und setzte ihm eine Frist zur Ausübung des Rechts gegenüber dem Standesamt bis zum 1.3.2024. Hiergegen sich die Kindsmutter mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt, ihr unter Aufhebung des Teilbeschlusses das Bestimmungsrecht über den Nachnamen zu übertragen.
Mit Verfügung vom 4.3.2024 wies das OLG die Beteiligten darauf hin, dass aufgrund des Ablaufs der bis zum 1.3.2024 eingeräumten Frist zur Rechtsausübung Erledigung eingetreten sein könnte. Der Kindsvater hat hierzu erklärt, dass aufgrund der fristgerechten Ausübung Erledigung eingetreten sei. Die Kindsmutter meint, dass das Standesamt die Beschwerdeentscheidung abwarte und sich die Sache somit mangels abgeschlossener Namensgebung noch nicht erledigt habe. Das Standesamt teilte auf Nachfrage mit, dass der Kindsvater persönlich vor dem Standesamt am 21.2.2024 den Geburtsnamen des Kindes bestimmt hat.
Die Beschwerde der Kindesmutter hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde der Kindsmutter ist in Ermangelung eines Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig, da sich die Hauptsache aufgrund der gegenüber dem Standesamt erfolgten Erklärung des Kindsvaters zur Namensgebung erledigt hat.
Auf die Namenserklärung sind grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften über die Willenserklärungen gem. §§ 104 ff. BGB anwendbar. Als amtsempfangsbedürftige Willenserklärung wird sie gem. § 130 Abs. 1, 3 BGB erst mit Zugang beim Standesbeamten wirksam. Die Eintragung im Geburtenregister nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PStG ist hingegen nur deklaratorisch. Für die Wirksamkeit der Erteilung des Geburtsnamens kommt ihr keine Bedeutung zu. Die Ausübung des Bestimmungsrechts hat demnach dieselbe Wirkung wie eine gemeinsame Bestimmung nach § 1617 Abs. 1 BGB. Der Geburtsname des Kindes ist mit Zugang der Erklärung beim zuständigen Standesamt festgelegt.
Der Kindsvater hat am 21.2.2024 gegenüber dem Standesamt persönlich den Geburtsnamen des Kindes bestimmt. Er war zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Beschlusses des AG zur alleinigen Ausübung des Namensbestimmungsrechts ermächtigt. Die Bestimmung erfolgte auch formgerecht, das Kind trägt somit seit dem 21.2.2024 den Nachnamen des Kindsvaters als Geburtsnamen. Es ist verfahrensrechtlich hinzunehmen, dass mit der wirksamen Geltendmachung des Namensbestimmungsrechts durch den Berechtigten bzw. durch den Fristablauf nach § 1617 Abs. 2 Satz 4 BGB die Möglichkeiten der Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung aufgrund der regelmäßig drohenden Erledigung der Hauptsache vorbehaltlich der Möglichkeit des § 64 Abs. 3 FamFG eingeschränkt sind.
Aus der wirksam erfolgten Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes folgt die Erledigung der Hauptsache und damit das Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses der Beschwerdeführerin, so dass das Rechtsmittel unzulässig ist. Die Voraussetzungen des § 62 FamFG liegen bereits aufgrund des Fehlens eines entsprechenden Antrags der Beschwerdeführerin nicht vor.
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Bayern.Recht
Gegenstand der Beschwerde ist die Benennung des Geburtsnamens des 2023 geborenen männlichen Kindes. Die Kindseltern führten seit dem Frühjahr 2022 eine Beziehung. Ende August 2023 zog die Kindsmutter in die Wohnung des Kindsvaters, verließ sie jedoch bereits zehn Tage nach der Geburt des Kindes wieder und lebt seitdem mit dem Kind im Haushalt ihrer Eltern. Die elterliche Sorge steht den Kindseltern aufgrund einer Sorgeerklärung gemeinsam zu. Während über den Vornamen des Kindes im Grundsatz Einigkeit besteht, konnten die Kindseltern über den Geburtsnamen kein Einverständnis erzielen. Am 07.11.2023 erfolgte eine Mitteilung über die ausstehende Bestimmung des Geburtsnamens gem. § 168g Abs. 2 FamFG durch das Standesamt B an das zuständige AG. Im daraufhin von Amts wegen eingeleiteten Verfahren gem. § 1617 Abs. 2 BGB konnte ein Einvernehmen zwischen den Kindseltern weiterhin nicht erzielt werden.
Die Kindsmutter beantragte am 30.11.2023, ihr die alleinige elterliche Sorge für das Kind einschließlich des Rechts zur Namensbestimmung zu übertragen. Es bestehe ein auf Fehlverhalten des Kindsvaters zurückgehendes tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Eltern. Das Kind habe seinen zukünftigen Aufenthalt bei der Kindsmutter, so dass es dem Kindeswohl entspreche, wenn es auch deren Familiennamen trage. Zwar habe es in ihrer Familie Bestrebungen gegeben, ihren eigenen Familiennamen zu ändern, dies sei aber rechtlich nicht mehr möglich gewesen. Der Kindsvater beantragte mit Schriftsatz vom 13.12.2023 seinerseits, ihm die alleinige elterliche Sorge für das Kind einschließlich des Rechts zur Namensbestimmung zu übertragen. Zwischen den Kindseltern habe bis zur Trennung Einigkeit bestanden, dass das Kind seinen Familiennamen trage. Der Streit zwischen den Kindseltern sei in erster Linie von den Eltern der Kindsmutter herbeigeführt worden.
Das AG hat die Beteiligten im Termin angehört. Dem gerichtlichen Vorschlag eines Losverfahrens zur Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes stimmte nur der Kindsvater zu. Mit Teilbeschluss übertrug das AG das Bestimmungsrecht über den Nachnamen für das Kind dem Kindsvater und setzte ihm eine Frist zur Ausübung des Rechts gegenüber dem Standesamt bis zum 1.3.2024. Hiergegen sich die Kindsmutter mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt, ihr unter Aufhebung des Teilbeschlusses das Bestimmungsrecht über den Nachnamen zu übertragen.
Mit Verfügung vom 4.3.2024 wies das OLG die Beteiligten darauf hin, dass aufgrund des Ablaufs der bis zum 1.3.2024 eingeräumten Frist zur Rechtsausübung Erledigung eingetreten sein könnte. Der Kindsvater hat hierzu erklärt, dass aufgrund der fristgerechten Ausübung Erledigung eingetreten sei. Die Kindsmutter meint, dass das Standesamt die Beschwerdeentscheidung abwarte und sich die Sache somit mangels abgeschlossener Namensgebung noch nicht erledigt habe. Das Standesamt teilte auf Nachfrage mit, dass der Kindsvater persönlich vor dem Standesamt am 21.2.2024 den Geburtsnamen des Kindes bestimmt hat.
Die Beschwerde der Kindesmutter hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
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Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde der Kindsmutter ist in Ermangelung eines Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig, da sich die Hauptsache aufgrund der gegenüber dem Standesamt erfolgten Erklärung des Kindsvaters zur Namensgebung erledigt hat.
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Der Kindsvater hat am 21.2.2024 gegenüber dem Standesamt persönlich den Geburtsnamen des Kindes bestimmt. Er war zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Beschlusses des AG zur alleinigen Ausübung des Namensbestimmungsrechts ermächtigt. Die Bestimmung erfolgte auch formgerecht, das Kind trägt somit seit dem 21.2.2024 den Nachnamen des Kindsvaters als Geburtsnamen. Es ist verfahrensrechtlich hinzunehmen, dass mit der wirksamen Geltendmachung des Namensbestimmungsrechts durch den Berechtigten bzw. durch den Fristablauf nach § 1617 Abs. 2 Satz 4 BGB die Möglichkeiten der Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung aufgrund der regelmäßig drohenden Erledigung der Hauptsache vorbehaltlich der Möglichkeit des § 64 Abs. 3 FamFG eingeschränkt sind.
Aus der wirksam erfolgten Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes folgt die Erledigung der Hauptsache und damit das Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses der Beschwerdeführerin, so dass das Rechtsmittel unzulässig ist. Die Voraussetzungen des § 62 FamFG liegen bereits aufgrund des Fehlens eines entsprechenden Antrags der Beschwerdeführerin nicht vor.
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