Zur Form der Einwendungen des zum Unterhalt verpflichteten (leistungsfähigen) Kindsvaters
OLG Brandenburg v. 28.2.2023 - 13 WF 33/23
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller zahlt für das Kind des Antragsgegners Unterhaltsvorschuss. Er nahm den Kindsvater aus übergegangenem Recht im vereinfachten Verfahren auf die Zahlung von Mindestunterhalt ab dem 20.7.2021 in Anspruch. Der Antragsgegner hat unter Vorlage des ausgefüllten und unterzeichneten "Datenblatt(s) für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" und des aktuellen Bescheides über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Leistungen nach dem SGB II) geltend gemacht, er sei zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig. Auf Aufforderung des Gerichts hat er einen weiteren Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für 2022 vorgelegt sowie eine Kündigungserklärung eines Arbeitgebers und eine Lohnsteuerbescheinigung für 2021.
Mit - formlos übersandter - Verfügung vom 5.9.2022 hat das AG den Antragsgegner unter Setzung einer Zweiwochenfrist aufgefordert, Einkommensnachweise für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2021 sowie "Kontennachweise" für den Zeitraum eines Jahres vom 10.6.2021 bis 9.6.2022 einzureichen. Hierauf hat der Antragsgegner nicht reagiert. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Antragsteller antragsgemäß verpflichtet und die erhobenen Einwendungen mit der Begründung unberücksichtigt gelassen, dass der Antragsgegner seine Einwendungen nicht in der geforderten Form erhoben und keine Angaben über eine mögliche Zahlungsbereitschaft gemacht habe.
Mit seiner Beschwerde erstrebte der Antragsteller die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Abweisung der Anträge der Antragsteller, weil er zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig sei. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG den Beschluss des AG aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zur Durchführung des Verfahrens nach § 254 FamFG zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, §§ 58 ff. FamFG. Die im vereinfachten Verfahren zu beachtenden besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 256 FamFG sind erfüllt.
Danach können mit der Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG nur geltend gemacht werden, wenn der Beschwerdeführer sie ordnungsgemäß in der ersten Instanz vor Verfügung des Festsetzungsbeschlusses erhoben hat. Somit war der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit zulässig. Der Antragsgegner hatte diesen Einwand nach §§ 252 Abs. 2 und 3 FamFG rechtzeitig und in zulässiger Weise vorgebracht. Dem stand nicht entgegen, dass er keinen konkreten Betrag benannt hatte. Der Antragsgegner kann auch die Erklärung abgeben, keinen Unterhalt zahlen zu wollen, etwa weil er insgesamt leistungsunfähig sei. Die Erklärung kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen und nach §§ 133, 157 BGB entsprechend ausgelegt werden, wenn sich aus dem Gesamtinhalt der Erklärung mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, in welchem Umfang der Antragsgegner die Unterhaltsforderung gegen sich gelten lassen will.
Die Berücksichtigungsfähigkeit seines Einwands fehlender Leistungsfähigkeit scheiterte auch nicht daran, dass der Antragsgegner keine "Kontennachweise" vorgelegt hatte. Für die Anordnung der Vorlage von Kontoauszügen fehlt eine gesetzliche Grundlage. Nach dem Gesetzeswortlaut besteht eine Belegpflicht nur hinsichtlich des Einkommens, nicht auch hinsichtlich des Vermögens oder berücksichtigungsfähiger Abzugsposten o.ä., weil insoweit auch keine Auskunftspflicht besteht. Das Einkommen hatte der Antragsgegner aber mittels der Bescheide über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt vollständig belegt. Die Vorlage weiterer Belege kann der Antragsteller nur im streitigen Verfahren erwirken.
Die Beschwerde war auch begründet und führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens an das AG zur Durchführung des Verfahrens nach § 254 FamFG. Damit beschränkte sich die vorliegend zu treffende Sachentscheidung auf die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens. Das Verfahren wird in den Stand zurückversetzt, in dem es sich bei erstinstanzlich zutreffender Berücksichtigung der zulässigen Einwendungen des Antragsgegners befunden hätte. Nach Eingang der Akten beim Familiengericht werden dort folglich die nach §§ 254, 255 Abs. 1 S. 2 FamFG vorgeschriebenen Hinweise zu erteilen sein.
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Landesrecht Brandenburg
Der Antragsteller zahlt für das Kind des Antragsgegners Unterhaltsvorschuss. Er nahm den Kindsvater aus übergegangenem Recht im vereinfachten Verfahren auf die Zahlung von Mindestunterhalt ab dem 20.7.2021 in Anspruch. Der Antragsgegner hat unter Vorlage des ausgefüllten und unterzeichneten "Datenblatt(s) für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" und des aktuellen Bescheides über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Leistungen nach dem SGB II) geltend gemacht, er sei zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig. Auf Aufforderung des Gerichts hat er einen weiteren Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für 2022 vorgelegt sowie eine Kündigungserklärung eines Arbeitgebers und eine Lohnsteuerbescheinigung für 2021.
Mit - formlos übersandter - Verfügung vom 5.9.2022 hat das AG den Antragsgegner unter Setzung einer Zweiwochenfrist aufgefordert, Einkommensnachweise für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2021 sowie "Kontennachweise" für den Zeitraum eines Jahres vom 10.6.2021 bis 9.6.2022 einzureichen. Hierauf hat der Antragsgegner nicht reagiert. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Antragsteller antragsgemäß verpflichtet und die erhobenen Einwendungen mit der Begründung unberücksichtigt gelassen, dass der Antragsgegner seine Einwendungen nicht in der geforderten Form erhoben und keine Angaben über eine mögliche Zahlungsbereitschaft gemacht habe.
Mit seiner Beschwerde erstrebte der Antragsteller die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Abweisung der Anträge der Antragsteller, weil er zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig sei. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG den Beschluss des AG aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zur Durchführung des Verfahrens nach § 254 FamFG zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, §§ 58 ff. FamFG. Die im vereinfachten Verfahren zu beachtenden besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 256 FamFG sind erfüllt.
Danach können mit der Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG nur geltend gemacht werden, wenn der Beschwerdeführer sie ordnungsgemäß in der ersten Instanz vor Verfügung des Festsetzungsbeschlusses erhoben hat. Somit war der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit zulässig. Der Antragsgegner hatte diesen Einwand nach §§ 252 Abs. 2 und 3 FamFG rechtzeitig und in zulässiger Weise vorgebracht. Dem stand nicht entgegen, dass er keinen konkreten Betrag benannt hatte. Der Antragsgegner kann auch die Erklärung abgeben, keinen Unterhalt zahlen zu wollen, etwa weil er insgesamt leistungsunfähig sei. Die Erklärung kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen und nach §§ 133, 157 BGB entsprechend ausgelegt werden, wenn sich aus dem Gesamtinhalt der Erklärung mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, in welchem Umfang der Antragsgegner die Unterhaltsforderung gegen sich gelten lassen will.
Die Berücksichtigungsfähigkeit seines Einwands fehlender Leistungsfähigkeit scheiterte auch nicht daran, dass der Antragsgegner keine "Kontennachweise" vorgelegt hatte. Für die Anordnung der Vorlage von Kontoauszügen fehlt eine gesetzliche Grundlage. Nach dem Gesetzeswortlaut besteht eine Belegpflicht nur hinsichtlich des Einkommens, nicht auch hinsichtlich des Vermögens oder berücksichtigungsfähiger Abzugsposten o.ä., weil insoweit auch keine Auskunftspflicht besteht. Das Einkommen hatte der Antragsgegner aber mittels der Bescheide über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt vollständig belegt. Die Vorlage weiterer Belege kann der Antragsteller nur im streitigen Verfahren erwirken.
Die Beschwerde war auch begründet und führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens an das AG zur Durchführung des Verfahrens nach § 254 FamFG. Damit beschränkte sich die vorliegend zu treffende Sachentscheidung auf die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens. Das Verfahren wird in den Stand zurückversetzt, in dem es sich bei erstinstanzlich zutreffender Berücksichtigung der zulässigen Einwendungen des Antragsgegners befunden hätte. Nach Eingang der Akten beim Familiengericht werden dort folglich die nach §§ 254, 255 Abs. 1 S. 2 FamFG vorgeschriebenen Hinweise zu erteilen sein.
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