Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer in einem sog. Dieselfall
BGH v. 27.7.2021 - VI ZR 698/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte April 2015 bei einem Autohändler einen gebrauchten Audi Q 3 mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 EU5 zum Kaufpreis von 41.580 € erworben, den er i.H.v. 5.000 € aus eigenen Mitteln zahlte und im Übrigen durch ein Darlehen bei der Volkswagen Bank finanzierte. In Motoren dieser Baureihe war eine Vorrichtung eingebaut, die die Abgasrückführung steuert. Das System erkannte, wenn das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus auf Schadstoffemissionen getestet wurde. In diesem Fall schaltete es in den Modus "1", der eine höhere Abgasrückführungsrate und damit verbunden einen geringeren Ausstoß an Stickoxiden bewirkte. Insbesondere im gewöhnlichen Straßenverkehr wurde das Fahrzeug in einem Modus "0" betrieben, in dem die Abgasrückführung geringer und der Stickoxidausstoß folglich höher ausfiel.
Das Kraftfahrtbundesamt wertete diese Steuerung als unzulässige Abschalteinrichtung und erließ mit Bescheiden vom 14. sowie 15.10.2015 Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung, um die Vorschriftsmäßigkeit der bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge zu gewährleisten. Die Beklagte rief die Fahrzeuge zurück, um sie durch Aufspielen einer geänderten Software technisch zu überarbeiten. Das Kraftfahrtbundesamt gab diese Nachrüstung frei. Beim Fahrzeug des Klägers wurde diese Nachrüstung durchgeführt.
Der Kläger nahm die Beklagte deswegen auf Schadensersatz in Anspruch. Das LG verurteilte die Beklagte, an den Kläger 9.555 € nebst Zinsen zu zahlen und den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus dem Darlehensverhältnis freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie Abtretung sämtlicher Rechte, die dem Kläger gegen den Darlehensgeber zustehen. Das OLG hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Revision des Klägers hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückgewiesen.
Gründe:
Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 826 BGB nicht abgelehnt werden.
Das vom Kläger vorgetragene Verhalten der Beklagten ist ihm gegenüber als objektiv sittenwidrig i.S.v. § 826 BGB anzusehen. Der Umstand, dass der Kläger das Fahrzeug als Gebrauchtwagen gekauft hatte, änderte daran nichts. Der von ihm geltend gemachte Schaden entfiele nicht wegen des durchgeführten Software-Updates.
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden fällt nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck des § 826 BGB. Auf den Schutzzweck der §§ 6, 27 Abs. 1 EG-FGV und der zur vollständigen Harmonisierung der technischen Anforderungen für Fahrzeuge erlassenen Rechtsakte der EU kommt es im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB nicht an.
BGH online
Der Kläger hatte April 2015 bei einem Autohändler einen gebrauchten Audi Q 3 mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 EU5 zum Kaufpreis von 41.580 € erworben, den er i.H.v. 5.000 € aus eigenen Mitteln zahlte und im Übrigen durch ein Darlehen bei der Volkswagen Bank finanzierte. In Motoren dieser Baureihe war eine Vorrichtung eingebaut, die die Abgasrückführung steuert. Das System erkannte, wenn das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus auf Schadstoffemissionen getestet wurde. In diesem Fall schaltete es in den Modus "1", der eine höhere Abgasrückführungsrate und damit verbunden einen geringeren Ausstoß an Stickoxiden bewirkte. Insbesondere im gewöhnlichen Straßenverkehr wurde das Fahrzeug in einem Modus "0" betrieben, in dem die Abgasrückführung geringer und der Stickoxidausstoß folglich höher ausfiel.
Das Kraftfahrtbundesamt wertete diese Steuerung als unzulässige Abschalteinrichtung und erließ mit Bescheiden vom 14. sowie 15.10.2015 Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung, um die Vorschriftsmäßigkeit der bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge zu gewährleisten. Die Beklagte rief die Fahrzeuge zurück, um sie durch Aufspielen einer geänderten Software technisch zu überarbeiten. Das Kraftfahrtbundesamt gab diese Nachrüstung frei. Beim Fahrzeug des Klägers wurde diese Nachrüstung durchgeführt.
Der Kläger nahm die Beklagte deswegen auf Schadensersatz in Anspruch. Das LG verurteilte die Beklagte, an den Kläger 9.555 € nebst Zinsen zu zahlen und den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten aus dem Darlehensverhältnis freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie Abtretung sämtlicher Rechte, die dem Kläger gegen den Darlehensgeber zustehen. Das OLG hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Revision des Klägers hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückgewiesen.
Gründe:
Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 826 BGB nicht abgelehnt werden.
Das vom Kläger vorgetragene Verhalten der Beklagten ist ihm gegenüber als objektiv sittenwidrig i.S.v. § 826 BGB anzusehen. Der Umstand, dass der Kläger das Fahrzeug als Gebrauchtwagen gekauft hatte, änderte daran nichts. Der von ihm geltend gemachte Schaden entfiele nicht wegen des durchgeführten Software-Updates.
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden fällt nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck des § 826 BGB. Auf den Schutzzweck der §§ 6, 27 Abs. 1 EG-FGV und der zur vollständigen Harmonisierung der technischen Anforderungen für Fahrzeuge erlassenen Rechtsakte der EU kommt es im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB nicht an.