Zur Haftungsverteilung bei einem tragischen Verkehrsunfall im Karneval
OLG Köln v. 6.3.2020 - 11 U 274/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger war in der Nacht nach Rosenmontag zu Fuß auf dem Weg nach Hause. Er trug ein in dunklem Braun gehaltenes Ganzkörperkostüm als Bär. Die Strecke führte ihn entlang einer Bundesstraße, an deren Seite sich ein Fuß- und Radweg befindet. Auf der unbeleuchteten Strecke war eine Geschwindigkeit von 70 km/h zulässig. Wann und wie der mit rd. 1,5 Promille alkoholisierte Kläger auf die Fahrbahn der Bundesstraße geriet, konnte nicht geklärt werden. Unklar blieb ebenfalls, ob er die Fahrbahn überqueren oder ein Auto anhalten und "trampen" wollte. Als er von einem Opel Corsa erfasst wurde, befand er sich nicht am Straßenrand, sondern auf der linken Hälfte der Fahrspur. Er wurde schwer verletzt.
Das LG entschied, dass der Kläger zu 75 % und die Beklagten - Fahrer und Haftpflichtversicherung - zu 25 % für die Schäden haften. Nach dem vorliegenden Hinweisbeschluss des OLG, dass die Haftungsquote der Beklagten mit 25 % nicht zu hoch angesetzt worden sei, nahmen die Beklagten die Berufung zurück. Die Anschlussberufung des Klägers hat damit ihre Wirkung verloren.
Die Gründe:
Dem Kläger fällt ein ganz erheblicher Sorgfaltspflichtverstoß zur Last. Er hat gegen § 25 Abs. 3 StVO verstoßen, als er sich nachts mitten auf der Fahrbahn befunden hat. Diese enorme Sorglosigkeit des Klägers ist als alkoholbedingte Ausfallerscheinung einzuordnen.
Obwohl der Kläger für die Entstehung des Schadens maßgebliche Ursachen damit grob fahrlässig selbst herbeigeführt hat, hat sich auch die mit einem Kfz verbundene sog. "Betriebsgefahr" in geradezu klassischer Weise verwirklicht. Auch gegenüber einem sich grob fahrlässig verhaltenden Fußgänger haftet ein Autofahrer, wenn er sich selbst nicht wie ein "Idealfahrer" verhält. Von diesem - von den Beklagten zu beweisenden - Umstand kann aber nicht ausgegangen werden.
Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei erst im letzten Moment vor das Auto getreten und der Unfall vom Fahrer unter keinen Umständen zu verhindern gewesen, ist nicht bewiesen worden. Es ist nicht mehr feststellbar, wann der Kläger die Fahrbahn betreten hat. Auch ein Sachverständiger hätte zur Klärung dieser Frage nichts beitragen können. Angesichts der Verkehrssituation, die bei Nacht und Feuchtigkeit besondere Aufmerksamkeit des Fahrers erforderte, ist eine Mithaftung in Höhe einer Betriebsgefahr von 25 % angemessen, zumal alkoholisierte Fußgänger an Karneval nicht gänzlich unwahrscheinlich seien.
Die Beklagten müssen neben einem Viertel der materiellen Schäden auch ein Schmerzensgeld bezahlen, dessen endgültige Höhe in diesem Verfahren noch nicht festgelegt werden musste.
OLG Köln PM vom 8.5.2020
Der Kläger war in der Nacht nach Rosenmontag zu Fuß auf dem Weg nach Hause. Er trug ein in dunklem Braun gehaltenes Ganzkörperkostüm als Bär. Die Strecke führte ihn entlang einer Bundesstraße, an deren Seite sich ein Fuß- und Radweg befindet. Auf der unbeleuchteten Strecke war eine Geschwindigkeit von 70 km/h zulässig. Wann und wie der mit rd. 1,5 Promille alkoholisierte Kläger auf die Fahrbahn der Bundesstraße geriet, konnte nicht geklärt werden. Unklar blieb ebenfalls, ob er die Fahrbahn überqueren oder ein Auto anhalten und "trampen" wollte. Als er von einem Opel Corsa erfasst wurde, befand er sich nicht am Straßenrand, sondern auf der linken Hälfte der Fahrspur. Er wurde schwer verletzt.
Das LG entschied, dass der Kläger zu 75 % und die Beklagten - Fahrer und Haftpflichtversicherung - zu 25 % für die Schäden haften. Nach dem vorliegenden Hinweisbeschluss des OLG, dass die Haftungsquote der Beklagten mit 25 % nicht zu hoch angesetzt worden sei, nahmen die Beklagten die Berufung zurück. Die Anschlussberufung des Klägers hat damit ihre Wirkung verloren.
Die Gründe:
Dem Kläger fällt ein ganz erheblicher Sorgfaltspflichtverstoß zur Last. Er hat gegen § 25 Abs. 3 StVO verstoßen, als er sich nachts mitten auf der Fahrbahn befunden hat. Diese enorme Sorglosigkeit des Klägers ist als alkoholbedingte Ausfallerscheinung einzuordnen.
Obwohl der Kläger für die Entstehung des Schadens maßgebliche Ursachen damit grob fahrlässig selbst herbeigeführt hat, hat sich auch die mit einem Kfz verbundene sog. "Betriebsgefahr" in geradezu klassischer Weise verwirklicht. Auch gegenüber einem sich grob fahrlässig verhaltenden Fußgänger haftet ein Autofahrer, wenn er sich selbst nicht wie ein "Idealfahrer" verhält. Von diesem - von den Beklagten zu beweisenden - Umstand kann aber nicht ausgegangen werden.
Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei erst im letzten Moment vor das Auto getreten und der Unfall vom Fahrer unter keinen Umständen zu verhindern gewesen, ist nicht bewiesen worden. Es ist nicht mehr feststellbar, wann der Kläger die Fahrbahn betreten hat. Auch ein Sachverständiger hätte zur Klärung dieser Frage nichts beitragen können. Angesichts der Verkehrssituation, die bei Nacht und Feuchtigkeit besondere Aufmerksamkeit des Fahrers erforderte, ist eine Mithaftung in Höhe einer Betriebsgefahr von 25 % angemessen, zumal alkoholisierte Fußgänger an Karneval nicht gänzlich unwahrscheinlich seien.
Die Beklagten müssen neben einem Viertel der materiellen Schäden auch ein Schmerzensgeld bezahlen, dessen endgültige Höhe in diesem Verfahren noch nicht festgelegt werden musste.