Zur Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten
OLG Frankfurt a.M. v. 26.9.2023 - 6 UF 121/23
Der Sachverhalt:
Der Antragsgegner wendet sich gegen die gegen ihn erfolgte Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren (u.a.) mit dem Einwand des Bezugs von Leistungen nach SGB II.
Der Antragsgegner ist der Vater von zwei in den Jahren 2009 und 2011 geborenen Kindern. Beide Kinder erhielten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG). Der Antragsteller ist Träger der Unterhaltsvorschussleistungen. Er beantragte im Februar 2023 im vereinfachten Verfahren beim AG die Festsetzung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts abzgl. des Kindergeldes für ein erstes bzw. zweites Kind für den Zeitraum ab 1.6.2022.
Das AG setzte den Unterhalt antragsgemäß fest. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wies das OLG die Anträge zurück.
Die Gründe:
Der gerichtlichen Durchsetzung von nach § 7 UVG übergegangenen Ansprüchen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum steht vorliegend § 7a UVG entgegen. Die Norm untersagt die gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den Sozialleistungsträger in den Zeiträumen, in denen die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind. Aus § 7a UVG ergibt sich damit eine Rechtsverfolgungssperre, die bereits der Zulässigkeit jeglichen Gerichtsverfahrens und damit auch des vereinfachten Unterhaltsverfahrens entgegensteht.
§ 7a UVG ist auch im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen, wenn die Vorschrift erstinstanzlich nicht beachtet wurde. Dem steht § 256 Satz 2 FamFG nicht entgegen, weil es sich nicht um eine Einwendung nach § 252 FamFG Abs. 2 bis 4 FamFG handelt. Einwendungen i.S.d. § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG sind alle Einwendungen, die nach materiellem Recht gegen den Unterhaltsanspruch erhoben werden können. Sie betreffen damit das zivilrechtliche Verhältnis zwischen unterhaltsberechtigtem Kind und unterhaltsverpflichtetem Elternteil. § 7a UVG ist dagegen Teil des öffentlich-rechtlich konstruierten Beziehungsgeflechts des unterhaltsvorschussberechtigten Kindes und seiner unterhaltsverpflichteten Eltern zum staatlichen Träger dieser Sozialleistung.
Die Unzulässigkeit der Rechtsverfolgung nach § 7a UVG ist ein von Amts wegen von den Trägern der Unterhaltsvorschussleistungen zu berücksichtigendes rechtliches Verfolgungshindernis gegenüber dem zivilrechtlich wegen der gesteigerten Leistungspflicht (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) unterhaltsverpflichteten, aber Leistungen nach SGB II empfangenden Elternteil. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Praxis häufig die Antragsgegner erst darauf hinweisen, dass sie Leistungen nach dem SGB II empfangen. Denn es ist Aufgabe des Leistungsträgers zu überprüfen, ob § 7a UVG einer Rechtsverfolgung entgegensteht, ggf. durch Anfrage beim zuständigen Jobcenter.
Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum lagen und liegen vorliegend auch die Voraussetzungen des § 7a UVG vor. Der Antragsgegner bezog und bezieht durchgängig Leistungen nach SGB II. Er verfügte auch i.S.d. § 7a UVG durchgängig nicht über Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Denn dabei kann es sich notwendigerweise nur um Einkommen in einer Höhe handeln, die den Bezug von SGB-II-Leistungen nicht hindert. Der Antragsgegner hat nach dem vorgelegten Bescheid des Jobcenter zwar vorübergehend Einkommen aus Erwerbstätigkeit i.H.v. 120 € mtl. bezogen. Davon hat das Jobcenter nach Abzug des Freibetrags nach § 11b Abs. 3 SGB II 16 € angerechnet. Es fehlte zum einen jedoch mangels Titulierung ein Abzug für die vorliegend betroffenen gesetzlichen Unterhaltspflichten nach § 11b Abs. 1 Nr. 7 SGB II. Zum anderen hat das Einkommen den Bezug von SGB II Leistungen nicht gehindert.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
§ 7a UVG: Geltendmachung von übergegangenen Unterhaltsansprüchen bei Bezug von Grundsicherungsleistungen
BGH vom 31.05.2023 - XII ZB 190/22
FamRZ 2023, 1287
Rechtsprechung:
UVG: Keine Geltendmachung übergegangener Ansprüche bei SGB-II-Bezug des Unterhaltsschuldners
BGH vom 31.05.2023 - XII ZB 190/22
Heinrich Schürmann, FamRB 2023, 356
FAMRB0057227
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Der Antragsgegner wendet sich gegen die gegen ihn erfolgte Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren (u.a.) mit dem Einwand des Bezugs von Leistungen nach SGB II.
Der Antragsgegner ist der Vater von zwei in den Jahren 2009 und 2011 geborenen Kindern. Beide Kinder erhielten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG). Der Antragsteller ist Träger der Unterhaltsvorschussleistungen. Er beantragte im Februar 2023 im vereinfachten Verfahren beim AG die Festsetzung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts abzgl. des Kindergeldes für ein erstes bzw. zweites Kind für den Zeitraum ab 1.6.2022.
Das AG setzte den Unterhalt antragsgemäß fest. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wies das OLG die Anträge zurück.
Die Gründe:
Der gerichtlichen Durchsetzung von nach § 7 UVG übergegangenen Ansprüchen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum steht vorliegend § 7a UVG entgegen. Die Norm untersagt die gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den Sozialleistungsträger in den Zeiträumen, in denen die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind. Aus § 7a UVG ergibt sich damit eine Rechtsverfolgungssperre, die bereits der Zulässigkeit jeglichen Gerichtsverfahrens und damit auch des vereinfachten Unterhaltsverfahrens entgegensteht.
§ 7a UVG ist auch im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen, wenn die Vorschrift erstinstanzlich nicht beachtet wurde. Dem steht § 256 Satz 2 FamFG nicht entgegen, weil es sich nicht um eine Einwendung nach § 252 FamFG Abs. 2 bis 4 FamFG handelt. Einwendungen i.S.d. § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG sind alle Einwendungen, die nach materiellem Recht gegen den Unterhaltsanspruch erhoben werden können. Sie betreffen damit das zivilrechtliche Verhältnis zwischen unterhaltsberechtigtem Kind und unterhaltsverpflichtetem Elternteil. § 7a UVG ist dagegen Teil des öffentlich-rechtlich konstruierten Beziehungsgeflechts des unterhaltsvorschussberechtigten Kindes und seiner unterhaltsverpflichteten Eltern zum staatlichen Träger dieser Sozialleistung.
Die Unzulässigkeit der Rechtsverfolgung nach § 7a UVG ist ein von Amts wegen von den Trägern der Unterhaltsvorschussleistungen zu berücksichtigendes rechtliches Verfolgungshindernis gegenüber dem zivilrechtlich wegen der gesteigerten Leistungspflicht (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) unterhaltsverpflichteten, aber Leistungen nach SGB II empfangenden Elternteil. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Praxis häufig die Antragsgegner erst darauf hinweisen, dass sie Leistungen nach dem SGB II empfangen. Denn es ist Aufgabe des Leistungsträgers zu überprüfen, ob § 7a UVG einer Rechtsverfolgung entgegensteht, ggf. durch Anfrage beim zuständigen Jobcenter.
Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum lagen und liegen vorliegend auch die Voraussetzungen des § 7a UVG vor. Der Antragsgegner bezog und bezieht durchgängig Leistungen nach SGB II. Er verfügte auch i.S.d. § 7a UVG durchgängig nicht über Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Denn dabei kann es sich notwendigerweise nur um Einkommen in einer Höhe handeln, die den Bezug von SGB-II-Leistungen nicht hindert. Der Antragsgegner hat nach dem vorgelegten Bescheid des Jobcenter zwar vorübergehend Einkommen aus Erwerbstätigkeit i.H.v. 120 € mtl. bezogen. Davon hat das Jobcenter nach Abzug des Freibetrags nach § 11b Abs. 3 SGB II 16 € angerechnet. Es fehlte zum einen jedoch mangels Titulierung ein Abzug für die vorliegend betroffenen gesetzlichen Unterhaltspflichten nach § 11b Abs. 1 Nr. 7 SGB II. Zum anderen hat das Einkommen den Bezug von SGB II Leistungen nicht gehindert.
Rechtsprechung:
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BGH vom 31.05.2023 - XII ZB 190/22
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BGH vom 31.05.2023 - XII ZB 190/22
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