22.01.2024

Zur Löschung einer auf einem Grundbesitz im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftwerks bestellten Dienstbarkeit

Die Erlöschenstatbestände des § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 BGB knüpfen nicht an die Art der Tätigkeit des Berechtigten, sondern an dessen Eigenschaft als natürliche Person einerseits oder als juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft andererseits an. Die Regelung des § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 Satz 1 BGB ist nicht abdingbar. Die grundsätzliche Möglichkeit der Übertragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gem. § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB ändert nichts an deren Erlöschen nach § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 Satz 1 BGB, wenn vor dem Tod des Berechtigten keine Übertragung erfolgt ist.

OLG München v. 11.1.2024 - 34 Wx 1/24 e
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 2) wendet sich gegen die Löschung einer auf dem Grundbesitz des Beteiligten zu 1) im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftwerks bestellten Dienstbarkeit. Im Jahr 1961 wurde an dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz zugunsten der Energieversorgung O AG ein Hangrohrleitungsrecht und Unterhaltungsrecht sowie Betretungs-, Befahrungs- und Grabungsrecht für die Dauer des Kraftwerkbetriebs eingetragen. Am 21.11.1997 wurde die Abtretung des Rechts an A. M. vermerkt. Dieser verstarb am 15.1.2013. Im November 2022 bat der Beteiligte zu 1) unter Vorlage der Sterbeurkunde um Löschung der Dienstbarkeit.

Dem widersprachen die Beteiligte zu 2) und deren Geschäftsführer A. S. M. Die Energieversorgung O AG habe die Kraftwerksgruppe G. 1996 an A. M. als Unternehmer veräußert. Dieser habe die Kraftwerksgruppe 2012 an seinen Sohn A. S. M. und an dessen Unternehmen, die Beteiligte zu 2), übertragen. Der Beteiligte zu 1) gehe zu Unrecht davon aus, dass die Dienstbarkeit mit dem Tod des A. M. erloschen sei. Bei der Eintragung von A. M. sei für jeden erkennbar, dass es sich um den Einzelunternehmer, nicht um den Privatmann gehandelt habe.

Der Beteiligte zu 1) nahm seinen Antrag im Januar 2023 zunächst zurück. Nach weiterem Schriftwechsel beantragte er im September 2023 erneut die Löschung der Dienstbarkeit, die daraufhin erfolgte. Das Grundbuchamt teilte der Beteiligten zu 2) mit, die Dienstbarkeit sei spätestens mit dem Tod des A. M. erloschen. Die Dienstbarkeit sei nicht mehr übertragbar, da der Berechtigte keine juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft sei. §§ 1092 Abs. 2, Abs. 3, 1059a BGB gälten nicht für Einzelkaufleute.

Im Dezember 2023 legte die Beteiligte zu 2) gegen die Löschung Beschwerde ein mit dem Ziel, das Grundbuchamt anzuweisen, einen Amtswiderspruch gem. § 53 GBO einzutragen. Das Grundbuchamt half dem nicht ab. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Dienstbarkeit ist vorliegend materiell-rechtlich erloschen, weshalb das Grundbuchamt sie zu Recht auch im Grundbuch gelöscht hat.

Bei dem verfahrensgegenständlichen Recht handelt es sich um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit i.S.v. § 1090 Abs. 1 BGB. Gem. § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 Satz 1 BGB erlischt eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die zugunsten einer natürlichen Person bestellt ist, mit deren Tod. Der Erwerb einer Dienstbarkeit als Unternehmer führt demgegenüber nicht zur Anwendung von § 1061 Satz 2 BGB, wonach ein einer juristischen Person oder rechtsfähigen Personengesellschaft zustehendes Recht mit dieser erlischt. Denn gem. § 14 Abs. 1 BGB kann auch eine natürliche Person Unternehmer sein. Für die in § 1061 BGB vorgenommene Differenzierung ist dies also unergiebig. Ebensowenig relevant ist insoweit eine Einstufung als Kaufmann i.S.d. §§ 1 ff. HGB. § 1061 BGB knüpft nicht an die Art der Tätigkeit des Berechtigten, sondern an dessen Eigenschaft als natürliche Person einerseits oder als juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft andererseits an. Vorliegend unterfiel A. M. als natürliche Person § 1061 Satz 1 BGB, mit seinem Tod ist die Dienstbarkeit folglich erloschen.

Am Erlöschen ändert die Klausel "für die Dauer des Kraftwerkbetriebes" nichts. Damit wird nicht etwa die Rechtsfolge des § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 Satz 1 BGB ausgeschlossen; diese Bestimmungen beinhalten ein wesentliches Merkmal der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und sind deshalb ohnehin nicht abdingbar. Vielmehr wird über die Konstruktion einer auflösenden Bedingung i.S.v. § 158 Abs. 2 BGB die Berechtigung an den Kraftwerksbetrieb geknüpft. Ein persönliches Bedürfnis der Beteiligten zu 2) betreffend die Dienstbarkeit kann nur für die Bestimmung von deren Umfang nach § 1091 BGB eine Rolle spielen, wirkt aber nicht rechtsbegründend.

Die Dienstbarkeit war auch nicht aufgrund einer vor dem Tod des Berechtigten A. M. erfolgten Übertragung auf einen Dritten gem. § 1092 Abs. 2 i.V.m. § 1059a BGB oder § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB der Rechtsfolge des § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 Satz 1 BGB entzogen. Zwar hatte A. M. die Kraftwerksgruppe an die Beteiligte zu 2) und A. S. M. übergeben. Grundvoraussetzung für die Übertragung einer Dienstbarkeit nach den oben genannten Vorschriften ist aber jeweils, dass es sich bei dem Berechtigten um eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft handelt. Vorliegend war Berechtigter jedoch A. M. gewesen, also eine natürliche Person. Auch eine Einstufung als Kaufmann i.S.d. §§ 1 ff. HGB ändert hieran nichts. I.Ü. bedarf es zur Übertragung einer Dienstbarkeit nach § 1092 Abs. 2 i.V.m. § 1059a Abs. 1 Nr. 2 BGB wie auch nach § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB jedenfalls gem. § 873 Abs. 1 BGB der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch; diese ist vorliegend nicht erfolgt. Ein allgemeiner Grundsatz wiederum, dass ein Erlöschen gem. § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 BGB schon durch die grundsätzliche Übertragbarkeit nach § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB gehindert werde, ist der letztgenannten Vorschrift gerade nicht zu entnehmen. Vielmehr bedarf es, wie sich aus ihr in der Zusammenschau eben mit § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1061 BGB ergibt, hierzu einer vorab vollzogenen Übertragung, an der es hier aber fehlt.

Unergiebig ist schließlich der Verweis auf § 45 Abs. 1 Nr. 2 EnWG. Die Bestimmung sieht zwar die Möglichkeit einer Enteignung zur Durchführung eines Vorhabens zum Zwecke der Energieversorgung vor. Dies ist jedoch einem gesonderten öffentlich-rechtlichen Verfahren nach § 45 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 EnWG vorbehalten, das nicht durch Perpetuierung einer gemäß den Vorschriften des bürgerlichen Rechts bestellten und später erloschenen Dienstbarkeit umgangen werden kann.

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